Peter Iljitsch Tschaikowski (1840-1893):

Orleanskaja dewa [Орлеанская дева]

deutsch Die Jungfrau von Orleans / englisch The Maid of Orleans / französisch La Pucelle d'Orléans

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1878-79
Uraufführung: 25. Februar 1881 (13. Februar 1881) in St. Petersburg (Mariinskij-Theater)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 150 Minuten
Verlag: St. Petersburg: Muzyka, 1899
New York: Kalmus, ca. 1970
Leningrad: Muzyka, 1979
Heilbronn: L. Galland, 1999
München: mph, 2009

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[Details]
Die Jungfrau von Orleans (Andromeda, ADD/m, 1946)
Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893)

Zur Oper

Art: Oper in vier Akten und sechs Bildern
Libretto: Peter Tschaikowski nach der Tragödie von Friedrich Schiller in der russischen Übersetzung von Wassili Schukowski
Sprache: russisch
Ort: Frankreich
Zeit: zu Beginn des 15. Jahrhunderts

Personen der Handlung

Johanna: ein Bauernmädchen (Sopran)
Karl VII.: König von Frankreich (Tenor)
Agnes Sorel: Mätresse des Königs (Sopran)
Der Erzbischof von Reims: (Bass)
Lionel: ein englischer Überläufer (Bariton)
Dunois: Heerführer des Königs (Bariton)
Thibaut: Johannas Vaters (Bass)
Raymond: Jugendfreund Johannas (Tenor)
Bertrand: ein alter Bauer (Bass)
Weitere: Engelsstimmen, französische, englische und burgundische Soldaten, Hofstaat des Königs, Leute aus Domrémy, Volk

Handlung

1. Akt:

1. Bild: EIN WALD BEI DOMRÉMY

Um der Tochter, welche seine Schafe hütet, in kriegerischen Zeiten Schutz zu geben, möchte der Vater ihr einen Ehemann verpassen und hat ihren hartnäckigen Jugendfreund Raymond dazu erkoren. Das Mädchen Johanna hat die Vorstellung, dass der Wille Gottes etwas Höheres als Heiraten mit ihr im Sinn hat und verweigert dem Vater den schuldigen Gehorsam. Der Abergläubische ist verärgert und denkt, dass wohl der Teufel seine Hände im Spiel habe müsse. Raymond zieht bedrückt ab.

Ein Landwirt taucht auf und berichtet, dass die Engländer ins Land eingefallen sind. Die Dörfler fürchten sich, aber Johanna strengt ihre seherischen Fähigkeiten an, bleibt gelassen und sagt die Niederlage der englischen Truppen voraus. Salisbury, der Führer der Engländer, sei bereits gefallen. Johanna beruhigt ihre Landsleute und man betet gemeinsam für den französischen Sieg. Sie besinnt sich auf ihre Führungsqualitäten und spürt, dass ihre Zeit gekommen ist, das Dorf zu verlassen, um an der Seite des Königs den Sieg zu erkämpfen. Engelschöre bestärken sie in ihrem Entschluss und versprechen bevorstehenden Triumph.

2. Akt:

2. Bild: DIE FESTUNG CHINON

Karl VII. und seine Mätresse Agnes Sorel haben die Festung Chinon als Liebesnest ausgewählt und halten dort Hof. Der König verschließt sich vor der drohenden Kriegsgefahr, während sein Minister alle Überredungskunst aufbietet, den Widerstrebenden an die Spitze seiner Truppen zu stellen. Hierzu hat Karl überhaupt keine Lust und die schöne Agnes bietet die ganze Intensität ihre Liebe auf, um dem mutlosen König, der sich am liebsten nur als Schmusekater betätigen möchte, fest an sich zu binden.

Der Himmel hat ein Einsehen und Erzbischof und Heerführer berichten, dass die Engländer vernichtet und besiegt wurden. Eine Jungfrau habe sich überraschend eingefunden und der Himmel ihr die Kraft verliehen, das Wunderwerk zu vollbringen, die Eindringlinge zu vertreiben.

Johanna lässt nicht lange auf sich warten, um bei Hofe vorstellig zu werden. Die Jungfrau, die von Gott gesandt wurde, lässt sich nichts vormachen, und begrüßt den König, der sich hinter seinem Thron versteckt hat. Dunois hatte den Platz auf dem königlichen Sitz eingenommen, um das Bauernmädchen zu prüfen. Vom Feuer der Leidenschaft getrieben, wird die Mutige nun vom Erzbischof gesegnet, damit sie doppelt gestärkt dem Kriegshandwerk huldigen kann. Zwischen ihr und Agnes entwickelt sich keine Rivalität, weil die Letztgenannte die Nützlichkeit des Mädchens begreift. Jede der beiden Frauen spürt, dass ein Interessenkonflikt nicht ansteht. Agnes ist sich ihrer Unwiderstehlichkeit auf der amourösen Ebene sicher und Johanna hat einzig ihren Patriotismus und ihren militärischen Erfolg im Auge. Der Erzbischof weiß es ganz genau: Er verkündet, dass das Mädchen gesegnet und die Heilige Dreifaltigkeit mit ihr sei.

3. Akt:

3. Bild: AUSSERHALB REIMS

Der Tumult des Krieges wird durch ein kurzes Ballett angedeutet. Das englische Feldlager befindet sich in unmittelbarer Nähe und die Glut des Lagerfeuers erleuchtet die Szene. Burgund und England halten zusammen und kämpfen gemeinsam gegen die Franzosen, welche die Erbansprüche der englischen Krone nicht anerkennen wollen. Die wehrhafte Johanna hat Ritterrüstung angelegt und schwingt ihre Waffe, um einem Engländer mutig den Schädel zu spalten. Doch als sie sein hübsches Gesicht sieht, wird sie von Liebe durchglüht, lässt von ihm ab und fordert den Jüngling auf, zu fliehen. Der Engländer ist zu stolz, um sich Wohltaten bieten zu lassen und äußert sich in einem Wutanfall. Langsam lässt der Ingrimm nach und die Flamme der Liebe durchflutet beider Herzen. Wie unpraktisch! Johanna hat im Kampf Blessuren davongetragen und das Übermaß der Wunden lässt sie zu Boden gleiten. Lionel möchte bei ihr bleiben und erklärt dem hinzukommenden Dunois, dass er das Lager wechseln und unter der Flagge der Franzosen weiterkämpfen möchte. Der gute Stern, unter dem die Sache bisher stand, weicht von der Jungfrau!

4. Bild: VOR DER KATHEDRALE VON REIMS

Ein festlicher Marsch kündigt die Krönungsfeierlichkeiten an. Der Chor singt das Lob des Königs und seiner Wegbereiterin. Thibaut und Raymond, die sich aus ihrem Dorf kommend eingefunden haben, akzeptieren den triumphalen Aufstieg des Mädchens nicht und der Vater führt Böses im Schilde. Er ist über das Auftreten der Tochter bestürzt und fest entschlossen, sie unter Ausübung patriarchalischer Gewalt zum Status von Demut und Ergebenheit zurückzubringen. Raymond, ihr Jugendfreund, begreift jedoch, dass sie nie nach Domrémy zurückkehren wird, um mit ihm ein einfaches Leben zu führen.

Orgelmusik ertönt und aus der Kathedrale kommen der frisch gekrönte Karl mit Johanna an seiner Seite. Er begrüßt seine Untertanen und stellt Johanna als Retterin des Volkes vor. Ein Altar soll ihr zu Ehren errichtet werden. Doch nun tritt Thibaut vor, stellt ihre Verdienste um das Vaterland in Frage, macht seine väterliche Autorität geltend und beschuldigt Johanna der Hexerei. Seine Anklage ist so heftig, dass der Erzbischof von Johanna eine Antwort auf die Anschuldigungen erwartet, doch die Angegriffene hüllt sich in Schweigen.

Dunois, der Johanna ebenfalls liebt und sie verteidigt, ist betroffen von der Wucht der Anklage. Undankbar, feige und unverständlich ist das Verhalten des Königs, der sich mit Unterstützung seiner Geliebten auf die Seite des Erzbischofs schlägt. Das Volk ist unschlüssig, aber die Suggestion Thibauts hat eingeschlagen und Johanna wird vom Pöbel verdammt. Lionel fleht Johanna an, mit ihm zu fliehen. Sie verhält sich ablehnend und versucht, ihm für das Misslingen ihrer Mission die Schuld zu geben, weil er sie mit seiner Liebe durcheinander gebracht habe und der Himmel ihr nun den Schutz verweigere. Doch sie weiß auch, dass sie ohne seine Liebe nicht leben kann und schließt ihn in die Arme.

4. Akt:

5. Bild: EIN DUNKLER FORST

Eine leidenschaftliche orchestrale Einführung beschreibt Johannas innere Tortur. Dramaturgisch nicht ausgereift wird hier die Vermählung von Johanna und Lionel in einen unglaubwürdigen Rahmen gestellt. Die Liebenden sind wie Brautleute gekleidet und gestehen sich in einem Duett ihre Liebe.

Der Engelschor schaltet sich störend ein und erklärt, dass Johanna ihre Aufgabe nicht ordnungsgemäß wahrgenommen und die himmlische Sache verraten habe. Deshalb sei ihr auf Erden Qual und grausamer Tod beschieden, doch im Jenseits werde sie ein würdiger Platz erwarten. Während die Engel gesungen haben, ist das Waldstück von Engländern umstellt worden. Johanna reißt sich aus den Armen Lionels los und gibt sich gefangen. Lionel tötet sich selbst, um einer Bestrafung wegen Fahnenflucht zu entgehen.

6. Bild: Ein Platz in Rouen

Die Menge spottet Johannas, die als Verurteilte an einen Pfahl gebunden auf dem Marktplatz von Rouen den Feuertod als Hexe erwartet. Von oben ruft ein Engel nach Johanna, dass sie sich erheben und in den Himmel kommen soll.

Es ist eine Frage der Inszenierung und der List des Regisseurs überlassen, in welcher Form er der Aufforderung des Engels Folge leisten wird. Das Bolschoi-Theater hat eine Lösung gefunden, die ob ihres Aufwands bewunderungswürdig ist. Johannas Handgelenke sind in ein Brett geklemmt. Sie selbst steht auf einem Podest, welches einer kleinen Tanzfläche nicht unähnlich ist. Von oben lösen sich schwere Ketten, die sich an den vier Ecken der Plattform einklinken. Die Plattform wird angehoben und unter ihr dringt ein gewaltiges Feuermeer hervor. Von Qualm und Feuer unbelästigt fährt Johanna in den Himmel auf, während die Statisten husten.


Letzte Änderung am 26.12.2016
Beitrag von Engelbert Hellen