Georg Philipp Telemann (1681-1767):
Entstehungszeit: | 1728 |
Uraufführung: | 26. Mai 1728 in Hamburg (Oper am Gänsemarkt) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 150 Minuten |
Verlag: | Kassel: Bärenreiter, 1999 |
Bemerkung: | Das Sujet, welches auf den Opernbesucher von heute machtvoll ausstrahlt, war zu Lebzeiten des Komponisten reales Tagesgeschehen. Der Stützvokal in der Mitte des Namens des Titelhelden „Miriways“ dient der besseren musiktechnischen Gesanglichkeit; umgangssprachlich ist „Mirwais“ geläufig. |
Opus: | TWV 21:24 |
CD: | [Details] |
Miriways (CPO, DDD, 2012) Georg Philipp Telemann (1681-1767) hr-online.de 02/2014: »Dass ausgerechnet diese Musik hier so lange unentdeckt blieb, ist wirklich untröstlich, vor allem weil sie so unglaublich außergewöhnlich und einfallsreich ist. Diese Aufnahme ist ein Schmuckstück, von Michi Gaigg und ihrem L'Orfeo Barockorchester aufs Herrlichste poliert!« |
Art: | Singspiel in 3 Akten |
Libretto: | Johann Samuel Müller |
Sprache: | deutsch |
Ort: | Persien |
Zeit: | 18. Jahrhundert |
Miriways: | Fürst von Kandahar, Protektor von Persien (Bariton) |
Sophi: | ein Sohn des alten abgesetzten Schahs, in Bemira verliebt (Sopran) |
Bemira: | vermeintliche Schwester der Nisibis, in Sophi verliebt (Sopran) |
Nisibis: | eine nach Isfahan geflüchtete Witwe, in Murzah verliebt (Sopran) |
Murzah: | ein tatarischer Fürst, Bruder der Samischa (Bariton) |
Samischa: | heimliche Gemahlin des Miriways, Mutter der Bemira (Mezzosopran) |
Zemir: | persischer Fürst, in Nisibis verliebt (Mezzosopran) |
Weitere: | ein Gesandter (Tenor), Geist des verstorbenen Schahs Abbas des Ersten (Bariton), Scandor (Bariton), Chor der Perser (Sopran, Tenor, Bass) |
Dem Stammesfürsten Miriways gelingt es, durch einen Aufstand die afghanische Provinz Kandahar von Persien zu befreien und sich in Isfahan heimisch niederzulassen. Seine Geliebte Samischa, die er auf Befehl des Großmoguls seinerzeit verließ, um eine indische Prinzessin zu heiraten, ist nun wieder bei ihm. Aus dieser Beziehung ging eine Tochter hervor, die er damals gezwungenermaßen zu Pflegeeltern geben musste.
„Wo aber ist jetzt unser Pfand
und auch das einzige von unserem keuschen Brand?
Die Tochter, die Du mir geboren?“
„Sobald ich dich, mein Miriways verloren,
gab ich, wie Dir bekannt,
sie in Arbuchans treue Hand.
An eine Perserin hat sie von ihm gekommen,
die ihrer sich als Mutter angenommen.
In Kirwan, wo sie sonst gewohnt war mein Bemüh'n
zwar groß von selbiger jetzt Nachricht einzuzieh'n.
Allein, ich habe nichts erfahren,
als dass die Furcht vor Kriegerscharen
von dort sie weggetrieben.“
Gegen den Sohn des abgesetzten persischen Schahs hegt Miriways väterliche Gefühle. Als neuer Machthaber stellt er ihm nach seinem Tode die persische Krone in Aussicht, knüpft aber daran die Bedingung, dass er ein Mädchen heiratet, welches er vorschlägt. Gedacht hat Miriways natürlich an seine Tochter, die angeblich verschollen sein soll. Sophi reagiert stocksauer:
„Vergiftetes Geschenk, verhasste Gütigkeit,
die mir zwar schmeichelt, doch zugleich auch droht.
Was kann das Zepter mir, was Reich und Krone nützen,
wenn die nicht mein sein soll,
um deretwillen ich allein
Reich, Kron', Zepter mir gewünscht zu besitzen.
Ach, Miriways, mein dankbegieriger Sinn
weiß wohl, was ich Dir schuldig bin.
Ein groß' Geschenk ist Reich und Thron,
doch das, was Du verlangst,
ein gar zu harter Lohn.“
Sophi denkt nicht daran, denn er hat bereits Liebesbande zu Bemira geknüpft und will lieber auf den Thron verzichten, als sein Mädchen zu verlassen. Diese bietet dem Geliebten an, ihretwegen den Anspruch auf die Krone nicht aufzugeben. Er weiß ihr Opfer zwar zu schätzen, ist aber nicht geneigt, Miriways Drohungen nachzugeben. Auch als der Geist seines Ururgroßvaters ihm erscheint, um ihn umzustimmen, nötigt ihm dies keinen Respekt ab:
„Des Schicksals starke Macht
hat Dir dies Reich, o Sophi, zugedacht.
Du sollst und wirst in Persien regieren.
Du sollst auch diese Dir vermählen,
die Miriways Dir wird erwählen.“
Samischas Bruder Murzah und der persische Fürst Zemir buhlen um die Gunst von Nisibis, einer nach Isfahan geflüchteten jungen Witwe. Dadurch wird der Kreis der in Liebeskummer verstrickten Paare um eine Etage erweitert.
Eigentlich fühlt sich Nisibis zu Murzah hingezogen, aber Fürst Zemir glaubt sie zur Dankbarkeit verpflichtet zu sein. Denn er war es, der sie angeblich aus einem brennenden Gartenhäuschen gerettet und einen Schmuckdieb gestellt hat. Zemir girrt:
„Die Dankbarkeit wird Dich verpflichten,
ein günstig Aug' auf mich zu richten,
Du schönes Kind.
Das Lieben bringt Dir keine Schande,
gib Dich nur willig in die Bande,
die Dir so rühmlich sind.“
Ein schönes Liebesgedicht komme auch von ihm. Samischa kann schließlich zwischen beiden Rivalen vermitteln, doch dann stellt sich heraus, dass Zemir ein böser Intrigant ist. Zemir ist entlarvt und das erste Liebespaar findet zusammen.
Nisibis schwärmt von Murzah:
„Sein edles Herz und bescheid'nes Wesen,
sein sittsames und männlich schönes Gesicht
gefällt mir wohl, ich leugn' es nicht.
Doch jenen, den ich nicht kann lieben,
durch Unerkenntlichkeit betrüben,
ist gleichfalls wider meine Pflicht.“
Der Dialog Zwischen Samischa und Nisibis ergibt, dass Bemira im Haushalt der letzteren aufgewachsen und die verschollene Tochter von Miriways ist. Zufälle gibt es! Niemand wusste, dass Bemira die Geliebte von Sophi ist. Miriways bestätigt Bemira seine Vaterschaft und nun sind alle Bedenken ausgeräumt. Das zweite Liebespaar ist auch gefunden. Liebe und Macht schließen einander nicht aus.
Der Opernchor hat das letzte Wort:
„Die Sonne des Glücks verdoppelt die Strahlen
nach langem Gewölk beschwerlicher Qualen
und gönnt uns nachträglich beständigen Schein.
Wer nie kein Ungemach empfunden,
der ist nicht wert, dass ihn die Stunden
mit Wohlergehn und Lust erfreun.“
Letzte Änderung am 12.10.2014
Beitrag von Engelbert Hellen