Karol Szymanowski (1882-1937):
Widmung: | Prinz Władysław Lubomirski |
Entstehungszeit: | 1912/13 |
Uraufführung: | 13. Mai 1922 in Warschau |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Erstdruck: | Wien: Universal Edition, 1920 |
Verlag: | Wien: Universal Edition, 1981 |
Bemerkung: | Karol Szymanowksi versucht in seinem Einakter zwischen den biblischen Ereignissen um König Davids letzte Lebenszeit und seinem eigenen Entwurf eine Parallele zu ziehen. Es kommt aber nur zu einer Variation, weil die Chronisten der Bibel präzise formulieren und ihre Akzente völlig anders setzen. Zum Zwecke des Austauschs biologischer Wärme mit dem alten König wird Abisag aus religiösen und patriotischen Erwägungen freiwillig die Bettgenossin des Königs. Es heißt im Alten Testament ausdrücklich: „Der König erkannte sie nicht!“ Die Liebe Adonijas, des viertältesten Sohns von König David, hatte die Sunamitin zurückgewiesen. Die Mutter des erwachsenen Königssohns war Haggit, eine der acht Hauptfrauen des alten Königs. Die Idee, durch den Austausch frischen Bluts die Lebenskraft wieder aufzufrischen, beschäftigte auch einige Renaissance-Päpste. Aber auch hier versagte die ärztliche Kunst. Die Knaben, welche angezapft wurden, um ihr Leben für den Heiligen Vater zu lassen, hatten die falsche Blutgruppe. Abgesehen von der historischen Unstimmigkeit ist dem polnischen Wegbereiter der Klassischen Moderne ein großartiger Wurf gelungen. Die Charakterzeichnungen der Hauptpersonen sind messerscharf und in atemberaubender Spannung drängt die Handlung vorwärts - unterstützt von der Dynamik einer expressiven Musik. |
Opus: | op. 25 |
Art: | Oper in einem Akt |
Libretto: | Felix Dörmann in Zusammenarbeit mit dem Komponisten |
Sprache: | deutsch |
Hagith | |
Der alte König | |
Der junge König | |
Der Hohepriester | |
Der Leibarzt | |
Weitere: | Untertanen |
Das historische Umfeld der Handlung wird nicht exakt lokalisiert, lässt aber einen Schauplatz in Nahost zu vorchristlicher Zeit vermuten. Die Lebensuhr des Königs ist fast abgelaufen. Bedauerlicherweise wohnt im alten Körper aber noch ein junger Geist, der große Taten vollbringen möchte und nicht wahrhaben will, dass das Leben zu Ende gehen wird. Obwohl dem Kronprinzen bereits als König gehuldigt wird und er sich probeweise die Krone auf das Haupt gesetzt hat, ist der Alte nicht geneigt, das Zepter unter der Bettdecke hervorzuholen und aus der Hand zu geben.
Der Leibarzt hat mangels fundierter medizinischer Kenntnisse eine glorreiche Idee, die vom Hohepriester mit patriarchischer Gewalt durchgesetzt wird. Eine Jungfrau soll dem König seine Unschuld opfern, damit ihre mystische Kraft den Prozess der Gesundung in die Wege leitet und der alte Kräftezustand wieder hergestellt wird. Ein unbescholtenes Mädchen ist bald gefunden, steht aber der ihr zugedachten Aufgabe abweisend gegenüber. Hagith erweist sich als widerborstig und will sich den emotionalen und sexuellen Wünschen des Königs nicht fügen, obwohl die Androhung massiver Bestrafung ihr Angst macht.
Ihre Weigerung hat neben physischem Unbehagen noch einen weiteren Grund. Dem jungen König ist sie im Palast zufällig wieder begegnet. Der Funke der Leidenschaft schießt empor und die beiden jungen Leute bekunden in ihrem Liebesduett, dass sie füreinander geschaffen sind.
Hagith lockt den König zu einem Ausflug ins Gebirge, um ihm dort das Versprechen zu entlocken, dem Thronfolger schon jetzt die Königswürde zu bestätigen und ihm die Regierungsvollmacht zu übertragen. Der Dank des Mädchens bleibt aus und die Situation eskaliert, denn der alte König akzeptiert die emotionale und erotische Zurückweisung nicht und erliegt einem Kreislaufkollaps, ohne dass es zu einer körperlichen Annäherung gekommen wäre. Das Mädchen sieht sich zunächst von seiner unappetitlichen Aufgabe erlöst und macht dem Volk freudig Mitteilung vom jähen Ableben des Herrschers. Es hat allerdings die Rechnung ohne ihren diabolischen Dämon gemacht. Der Hohepriester sieht seine Autorität untergraben und ist nicht an das Ziel seiner machtgierigen Wünsche gelangt. Hasserfüllt informiert er das Volk über das Verweilen des Mädchens zum Zeitpunkt des tödlichen Geschehens in der unmittelbaren Nähe des Königs. Königsmord unterstellt er und der Verleumder überzeugt die Massen. Die unschuldig Verdächtigte wird gesteinigt. Der Versuch des Prinzen, sie aus den Fängen des Pöbels zu retten, kommt zu spät.
Letzte Änderung am 3.9.2010
Beitrag von Engelbert Hellen