Gioacchino Rossini (1792-1868):
Mohammed der Zweite / Maometto II / Mahomet II
Entstehungszeit: | 1820 |
Uraufführung: | 3. Dezember 1820 in Neapel (Teatro San Carlo) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 185 Minuten |
Bemerkung: | Dies ist Rossinis vorletzte neapolitanische Oper. Eine Revision dieser Oper wurde als "Le siège de Corinthe" an der Pariser Opéra 1826 aufgeführt. |
Art: | Dramma per musica in zwei Akten |
Libretto: | Cesare della Valle (Duca di Ventignano) |
Sprache: | italienisch |
Ort: | Negroponte, eine venezianische Kolonie in Griechenland |
Zeit: | Mitte des 15. Jahrhunderts |
Paolo Erisso : | Statthalter von Negroponte (Tenor) |
Anna Erisso : | seine Tochter (Sopran) |
Calbo : | venezianischer General (Mezzosopran) |
Condulmiero : | junger venezianischer General (Tenor) |
Maometto : | Mohammed, türkischer Sultan (Bass) |
Selimo : | der Wesir Mohammeds (Tenor) |
Die Handlung spielt um die Mitte des fünfzehnten Jahrhunderts in Negroponte, einer venezianischen Kolonie in Griechenland. Zu Beginn des 1. Akts tagt ein Kriegsrat im Palast des Statthalters Paolo Erisso. Negroponte wird von der türkischen Armee, die bereits Konstantinopel genommen hat, belagert. Der Sultan Mohammed hat die Öffnung der Stadttore am nächsten Tag gefordert. General Condulmiero empfiehlt die Ubergabe, aber der junge General Calbo tritt für den Kampf bis zum Ende ein. Die übrigen stehen auf Calbos Seite und schwören ihm auf Frissos Schwert Gefolgschaft. Währenddessen ist Erissos Tochter Anna allein und beklagt die Gefahr für ihren Vater. Ihr Vater erscheint mit Calbo, und um ihr einen weiteren Beschützer zu verschaffen, schlägt er vor, sie solle Calbo in der Kirche, in der ihre Mutter begraben liegt, heiraten. Anna kann jedoch ihre geheime Zuneigung zu einem jungen Mann namens Uberto, dem Herrn von Mytilene, nicht verbergen; sie behauptet, ihm während ihres Vaters Abwesenheit in Venedig in Korinth begegnet zu sein. Erisso ist erstaunt, denn der wirkliche Uberto war mit ihm an Bord des Schiffes nach Venedig, und Anna ist bestürzt, sich von einem Hochstapler betrogen zu sehen. Geschützfeuer unterbricht sie; die beiden Männer machen sich auf zur Schlacht, und Anna eilt in die Kirche, um zu beten. Auf dem Kirchplatz erfährt sie von den verängstigten Frauen Negropontes, daß ein Verräter den Türken die Tore geöffnet hat. Alle vereinen sich zu einem kurzen Gebet. Mit Schwertern bewaffnet erscheinen Erisso und Calbo und berichten, Mohammed habe die Mauern erstürmt, sich aber aus Furcht vor einem Hinterhalt entschlossen, nicht vor Tagesanbruch weiter vorzurücken. Erisso schickt seine Truppen zur Zitadelle und verabschiedet sich von Anna: diese bietet an, wie die anderen Frauen ihren Beitrag zur Verteidigung der Stadt zu leisten. Erisso lehnt ab und gibt seiner Tochter einen Dolch, damit sie sich töten könne, sollte sie in die Hände der Türken geraten. Die Soldaten nehmen Abschied, Anna und die Frauen suchen Zuflucht in der Kirche.
Nach Sonnenaufgang erscheint eine Gruppe türkischer Reiter und Soldaten und droht mit Brand und Gemetzel. Dann tritt Mohammed selbst an der Spitze seiner Truppen auf; er versichert sich des Gehorsams seiner Krieger. Mit seinem Wesir Selim plant er den Überfall auf die Zitadelle und schickt seine Männer aus. Seine Anweisungen beweisen genaue Kenntnis der Stadt, was Selims Neugier erregt. Er erklärt, daß er als Spion im Dienst seines Vaters durch Griechenland gereist sei - nach Argo, Negroponte und (seufzend erinnert er sich) nach Korinth. Krieger unterbrechen sie mit der Meldung, man habe venezianische Flüchtlinge außerhalb der Zitadelle aufgebracht und ihren Anführer gefangengenommen. Calbo und Erisso werden in Ketten hereingeführt. Als Erisso seine Identität offenbart, ist Mohammed einen Augenblick lang verwirrt. Er fragt, ob Erisso der ehemalige Statthalter von Korinth und Vater sei. Frisso bestätigt dies, und Mohammed erklärt sich bereit, das Leben der Gefangenen zu schonen, falls Erisso seine Männer dazu überrede, die Tore der Zitadelle zu öffnen. Er fügt an, Erisso könne dann in die Arme seiner Kinder zurückkehren. Derart in Versuchung geführt, wendet sich Erisso in seiner Not an Calbo. Beide bleiben standhaft und lehnen diese Bedingung ab; wütend und enttäuscht befiehlt Mohammed, sie wegzuschaffen und zu foltern. Anna sieht sie den Schauplatz verlassen und stürzt aus der Kirche. Mohammed erkennt sie und sie ihn als den angeblichen Uberto. Sie tritt auf ihn zu, zieht den Dolch ihres Vaters und droht, sich zu töten, wenn er nicht ihren Vater und Calbo (um ihn zu retten, nennt sie ihn "Bruder") freiläßt. Mohammed gibt nach und schenkt beiden die Freiheit; dabei verspricht er Anna ein luxuriöses Leben an seiner Seite, wenn sie ihm noch treu sei. Calbo ist von Annas Sorge um ihn bewegt, aber ihr Vater verstößt sie voller Verachtung.
Der II. Akt beginnt in Mohammeds Zelt. Anna ist von Luxus umgeben, aber immer noch von Kummer überwältigt. Die moslemischen Mädchen um sie herum wollen ihr einreden, daß die Tugend Grenzen habe und sie die Liebe genießen solle, solange sie noch jung sei. Anna protestiert verärgert. Mohammed tritt ein; er gesteht ihr seine Liebe und seinen Wunsch, sie zu seiner Königin zu machen. Anna weist sein Angebot zurück und beginnt zu weinen. Mohammed betrachtet ihre Tränen nicht als Zeichen des Hasses, sondern des Kummers oder der Liebe. Als Anna darüber entrüstet ist und Mohammed sie verzweifelt bedroht, läßt er die Vorhänge im Hintergrund des Zelts aufziehen. Der Stadtplatz wird sichtbar, auf dem türkische Krieger willkürliche Rache üben. Der Sultan ruft sie zur Ordnung für einen neuerlichen Angriff auf die Zitadelle unter seiner persönlichen Führung. Anna, die um ihre Sicherheit während seiner Abwesenheit bangt, erbittet ein Zeichen des Schutzes und erhält von ihm das Reichssiegel eine Geste, die Mohammed als letztes Zeichen seiner Liebe bezeichnet. Als seine Streitmacht aufgezogen ist, ermahnt er sie zu neuer Anstrengung, ergreift selbst die Standarte und übernimmt die Führung. Beim Abmarsch der Armee ist Anna vom Gedanken an eine Art "Ehrenpflicht" erfüllt.
Die Szene wechselt zur Gruft der Kirche, wohin Erisso und Calbo Zuflucht genommen haben. Frisso beklagt die Treulosigkeit seiner Tochter, aber Calbo nimmt sie in Schutz. Seine Worte bewirken wenig, und als Anna plötzlich erscheint, stößt Erisso sie zurück, bis sie ihm auf dem Grab der Mutter Treue schwört. Versöhnt erhält er von ihr Mohammeds Siegel, das ihrer aller Schicksal wenden kann. Doch als sie fliehen wollen, sagt Anna, sie könne nicht mit ihnen kommen. Sie bittet ihren Vater, sie am Familiengrab mit Calbo zu vermählen - so wie er es ursprünglich wollte. Er stimmt zu, und die drei äußern ihren Schmerz, als der Vater und der Gatte von Anna Abschied nehmen und sie dem fast sicheren Tod überantworten.
Allein mit den Gräbern hört Anna die Frauen in der Kirche beten. Plötzlich erscheinen einige von ihnen, um sie zu suchen; sie berichten ihr, daß die Venezianer, vom Auftauchen Erissos und Calbos bei der Zitadelle begeistert, den Sultan und seine Armee in die Flucht geschlagen haben. Sie warnen Anna, daß die Türken nach ihr suchten, um Rache wegen des Verrats zu nehmen. Überglücklich weigert sich Anna, mit ihnen zu fliehen und macht sich bereit, ihrem Schicksal zu begegnen. Die Türken betreten die Kirche, finden sie in der Gruft und stürzen mit gezogenen Schwertern auf sie zu. Annas ruhiges Verhalten aber (sie bietet sich ihren Streichen dar) läßt sie innehalten. Darauf nähert sich der rasende Mohammed und fordert sein Siegel. Indem Anna den Dolch zieht, gesteht sie, daß sie es an ihren Vater und Calbo, den sie nun offen ihren Gatten und nicht mehr "Bruder" nennt, weitergegeben hat. Vor den Augen des verblüfften Sultans ersticht sie sich und fällt sterbend auf das Grab ihrer Mutter.
Letzte Änderung am 14.9.2012