Gioacchino Rossini (1792-1868):
Tancred / Tancrède
Entstehungszeit: | 1813 |
Uraufführung: | 6. Februar 1813 im Teatro La Fenice in Venedig |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 145 Minuten |
CD: | [Details] |
Tancredi (Rossini Opera Festival, DDD/LA, 1999) Gioacchino Rossini (1792-1868) |
Art: | Heroisches Melodram in zwei Akten |
Libretto: | Gaetano Rossi nach Voltaires Tragödie „Tancrède“ |
Sprache: | italienisch |
Ort: | Syrakus |
Zeit: | 11. Jahrhundert |
Argirio: | Herrscher von Syrakus |
Orbazzano: | Führer der Opposition |
Tancredi: | Normannischer Königssohn aus Syrakus |
Amenaide: | seine Geliebte, Tocher Argirios |
Isaura: | ihre Freundin |
Roggiero: | Freund Tancredis |
Weitere: | Volk von Syrakus |
Nr. 1
Die Sarazenen beherrschen das Mittelmeer und bedrohen Syrakus. Argirio bemüht sich um eine schlagkräftige Gegenwehr und versucht, die Opposition unter der Führung von Orbazzano auf seine Seite zu bringen. Friede, Ehre, Treue und Liebe sollen in die Herzen einziehen, damit der Bürgerkrieg beendet werden und Syrakus wieder jubeln kann. Der freche Maure soll erzittern und dem Herrscher von Syrakus zu Füßen fallen.
Orbazzano möchte gern für sein geliebtes Syrakus in wildem Kampf sein Blut vergießen, aber wie kann er sich vor schändlichem geheimen Hochverrat schützen? Es ist nicht nur Solamir, sondern auch Tancred, der im Exil lebt und nach der Macht trachtet.
Tancred wurde als Königssohn normannischer Abkunft in Syrakus geboren und musste der Macht des Stärkeren weichen. Der Prinz des gestürzten Königs liebt Amenais, die Tochter Argirios, deren Bekanntschaft er in Byzanz gemacht hat. Mit Zustimmung des Senats hat dieser sein Kind als süßen Lohn für Kooperation und Treue dem Argirio als Siegel seiner Freundschaft versprochen. Amenais soll herkommen, damit sie erfährt, was der Vater mit ihr im Sinn hat und Orbazzano endlich glücklich sein darf. Nach so viel Streit wird der Himmel das glückliche Geschehen endlich segnen. Isaura sieht schwarz für die Verbindung ihrer Freundin mit Trancred, der zur Zeit in Byzanz, fern der Heimat, weilt.
Nr. 2
Der Chor jubelt, weil die Lüfte sanfter und süßer wehen als sonst und Eintracht und Liebe zu triumphieren scheinen. Die lieblichen Mädchen sollen ihr freudiges Lächeln hinzufügen. Endlich sind die heißen Gebete vom Himmel erhört worden, damit die Hoffnung der Väter sich erfüllen kann. Das Glück von Amenais wird allerdings erst dann erstrahlen, wenn der Liebste zurück ist. Sollte er jedoch nicht wiederkommen, kann ihr Herz auch keine Ruhe finden.
Amenais wird vom Vater mit der harten Wirklichkeit konfrontiert. Ihre Hand und ihr Treuegelöbnis hat sie gemäß seinen Wünschen dem Orbazzano zu schenken. Das allgemeine Wohl will es so. Isaura rät der Freundin, ihre Bestürzung zu verbergen. Der Sklave mit ihrer Botschaft hat sich auf den Weg nach Byzanz gemacht.
Orbazzano nähert sich mit schiefem Lächeln. Ihr großer Vater hat ihn stolz auf sein Glück gemacht. Ihre Hand und ihre Treue gehören jetzt ihm. Geliebt hat er sie schon immer. Darf er hoffen, dass es sich umgekehrt genauso verhält? Argirio bekräftigt, Adel, Rang und Reichtum seien vorhanden, und Amenais hat es der Vaterliebe zu verdanken, dass sie nun alles mit Orbazzano teilen darf.
Aber der Vater kennt doch ihr Herz! Natürlich kennt er es, und er weiß auch, dass es von der Pflicht geleitet wird. Amenais zeigt sich nicht glücklich und fleht den Vater an, ihre Gefühle zu schonen.
Muss Orbazzano jetzt besorgt sein, dass sein Glück davon schwimmen könnte? Amenais lässt vernehmen, dass sie ihrer Pflicht genügen wird. Die mitfühlende Isaura kann den Schmerz der Freundin nachempfinden. Im herrlichen Byzanz gab es keine heißere Liebe als die zwischen Amenais und Tancred. Ihm hat sie die Treue geschworen und einzig ihm gehört sie. Schwarze Wolken des Leidens und des Unglücks sieht Isaura sich ballen.
Nr. 3
Tancred ist heimlich aus dem Exil zurückgekehrt und begrüßt leidenschaftlich die Gestade des undankbaren Vaterlandes. Es ist für ihn ein glückerfüllter Tag, denn er wird die teure Amenais wiedersehen. Gemeinsam mit ihr will er den bösen Orbazzano stürzen. Noch ist es nicht so weit, Tancred muss sich einstweilen noch verstecken. Er schickt seinen Freund Roggiero, der Amenais berichten soll, dass ein weitgereister Fremdling insgeheim mit ihr reden möchte. Inzwischen sollen die Knappen auf dem Marktplatz verbreiten, dass ein unbekannter Ritter seine Freundschaft anbietet – als Verteidiger von Syrakus.
Amenais hadert mit ihrem Vater. Umsonst sind ihre Worte und Gebete. Sie soll es nicht wagen, das Volk und den Vater zu erzürnen. Ihr sanftes Fühlen hat sie nur dem zukünftigen Gatten zu gewähren. Bis morgen kann mit der Hochzeit nicht gewartet werden. Neue Gefahren fordern neue Strategien. Der stolze Solamir, dieser freche Mohr, gönnt Syrakus keinen Tag des Friedens. Er ist ganz versessen darauf, Amenais in seinem Harem eine dauerhafte Bleibe anzubieten.
Argirio hat gehört, dass Tancred in Messina gelandet sein soll. Aber er wird es nicht wagen, seinen Fuß hierher zu setzen. Denn sobald er sich bemerkbar macht, wird der Verräter des Todes sein.
Nr. 4 und 5
Amenais bedauert nun, den Brief auf den Weg gebracht zu haben, der den Geliebten in ihre Nähe bringen sollte. Sie hatte keine Ahnung, wie gefährlich es für ihn werden könnte. Der Himmel soll ihn jetzt retten und ihm Schutz gewähren. Zu spät – Tancred hat sich über den Balkon geschwungen und sich im Palast des Vaters eingefunden. Einen völlig unpassenden Zeitpunkt hat er gewählt, kurz vor ihrer ungewollten Hochzeit. Den Feinden wird er trotzen. Für ihn gibt es nur eine Wahl, entweder Amenais oder den Tod. Ein schreckliches Unglück lauert auf ihn. Unsinn, über ein grausames Geschick wird die Liebe triumphieren. Aber die Pflicht fordert ihren Preis. Nein, sie kann es nicht erklären, es würde Zeit beanspruchen und ihm das Herz brechen. Um der süßen Liebe Willen soll er jetzt das Weite suchen.
Roggiero findet den Vorschlag im Prinzip gut, denn er hat in Erfahrung gebracht, dass Amenais auf Geheiß des Vaters - politisch motiviert - den Orbazzano heiraten soll. Den Schmerz und den Zorn des Freundes kann er sich vorstellen. Amenais Liebe, der er sich sicher war, wurde ihm geraubt. Sein eigenes Volk hat ihn zum Tod verdammt.
Frei atmen kann er nur, wenn er die Ufer wechselt. Aber wird Tancred zu überreden sein?
Nr. 6
Zur Hochzeit von Amenais und Orbazzano sind das Volk und edle Gäste vor der festlich geschmückten Kathedrale versammelt. Der Soldatenchor hofft, dass Orbazzano brennend vor Kampfesmut dem Schrecken der ungläubigen Feinde bald ein Ende setzen wird. Auf der Liebe Myrten darf er danach siegreich rasten und sein Herz den süßen Freuden zärtlicher Zuneigung hingeben.
Tancred befindet sich in der Menge, und Roggiero hat alle Mühe, die Schmach, die Pein, den Zorn und das gebrochene Herz seines Freundes unter Kontrolle zu halten. Er soll die Ungetreue jetzt endlich verschmähen. Furchtbare Vergeltung an dem Schurken Orbazzano soll er sich für später aufheben. Er riskiert, erkannt zu werden, wenn er sich auffällig verhält. Tancred ist mit seiner Selbstbeherrschung am Ende, tritt vor Argirio und bietet an, zum Schutz von Syrakus kämpfen zu wollen. Das Angebot wird dankend angenommen.
Giftig flüstert er Amenais zu, die Verräterin solle doch zu Orbazzano gehen und ihm Liebe und Treue schwören. Sein Verzicht falle ihm nicht schwer. Ist das nicht schrecklich? Er hält sie für untreu. Wen wundert es?
Amenais nimmt beim Vater einen neuen Anlauf. Wenn ihm seine Tochter noch teuer ist, soll er davon Abstand nehmen, ihr Unglück zu bereiten. Den Gatten, den er für sie ausgesucht hat, kann sie leider nicht lieben. Ihr Eid wäre ein Frevel, denn ein anderer hat von ihrem Herzen bereits Besitz ergriffen.
In Tancred keimt neue Hoffnung auf, und Orbazzano reagiert auf das Widerstreben seiner Beute in wildem Zorn. Schändlichen Tod soll die Verräterin erleiden!
Nr. 7
Was hat sie getan? Durch wen soll sie sterben? Eine Höllentat wurde angezettelt und rechtzeitig aufgedeckt. Aus seinem Wams holt Orbazzano ein Briefchen hervor und verkündet den Inhalt: „Eile! Syrakus harrt Deiner. Ruhm und Liebe rufen dich. Triumph über deine Feinde! Komm, mein Herz, beherrsche uns alle! Liebe Grüße von Amenais.“
Die Anschrift fehlt! An wen ist die Botschaft gerichtet? Natürlich an den bösen Schurken Solamir, an wen sonst. Bedauerlicherweise hat die Information den Empfänger nicht erreicht. Der Sklave wurde abgefangen und massakriert.
Wer hätte Amenais eine solche grauenvolle Tat zugetraut? Da gibt es nichts zu beschönigen. Die törichte Handlungsweise von Amenais ist tatsächlich unentschuldbar. Den Vater erfasst das Grauen. Himmel, was muss er hören? Tancred erzittert! Tot umfallen sollte die Verworfene vor Schmach und Schande. Amenais gibt sich verloren. Wie grausam ist ihr Los!
Im Finale des ersten Aktes offenbaren die Darsteller ausgiebig ihre seelischen Empfindungen zwischen Abscheu und Entrüstung, von Niedergeschlagenheit und Bedürfnis nach restloser Aufklärung. Doch keiner hört dem anderen zu und Rossini genießt es, das emotionale Chaos musikalisch wirkungsvoll auszuschlachten. Temperamentvolle Aktschlüsse werden das Publikum rasend machen und immer des Komponisten Stärke sein.
Nr. 8
Als Liebsten, als Gatten und als Streiter hat Amenais ihn abgewiesen und einem Sarazenen, dem ärgsten Feind des Vaterlandes, den Vorzug gegeben. Mit Verachtung und mit Vernichtung wird Orbazzano diese Schmach abgelten. Der Senat hat sie als Verräterin verurteilt, und vom Vater wurde sie verstoßen. Isaura versucht zu beschwichtigen, aber drei Herren wurden zutiefst gekränkt. Der Vater unterschreibt als oberster Richter von Syrakus das in Eile vorbereitete Urteil.
Argirio fällt der Entschluss nicht leicht. Eiskalter Schreck erfasst sein Herz, nachdem er darüber nachdenkt, dass sein Kind nun dem Henker ausgeliefert ist. Isaura hört nicht auf zu flehen. Die eigene Tochter hat der Unbarmherzige soeben einem endgültigen Schicksal überantwortet. Der Opernchor muss den Verzweifelten beruhigen. In dem Zerknirschten findet das Vaterland immer seinen Glanz. Er versichert ihn seines Ruhmes und seiner Tugend. Isaura legt sich mit Orbazzano an und verkündet ihm die Strafe des Himmels.
Nr. 9 und 10
Amenais hat man ins Gefängnis gesteckt und angekettet. Alle glauben, dass sie das Vaterland an den bösen Solamir verraten habe. Das Vaterherz will nichts mehr von ihr wissen. Auch Tancred ist von ihrer Unschuld nicht überzeugt. Alle Aufregung nur wegen eines dummen albernen Briefchens! In Ketten, von Missetätern umgeben, erwartet die Verurteilte nun der Tod. Erst wenn es zu spät ist, wird der Geliebte dahinterkommen, welches Unrecht er ihr angetan und unter Tränen, die über sein Gesicht rollen, wird ein schwerer Seufzer sich seiner Brust entringen.
Eine Chance hat Amenais noch. Sollte ein Ritter sich bereit erklären, für die von ihr beteuerte Unschuld einen Zweikampf zu riskieren, kann sie ihr Leben unter Umständen retten. Allerdings muss der Streiter von kräftiger Statur sein und gewinnen. Immerhin fand die zum Tode Verurteilte nachträglich so viel Gehör, die Lage der Dinge aus ihrer Sicht darzustellen. Das Gericht hatte nicht ordnungsgemäß funktioniert. Zuerst das Todesurteil und anschließend eine fundierte Beweisaufnahme mit Anhörung des Täters verdreht die Reihenfolge der Prozessordnung.
Orbazzano ist sich sicher, dass kein Ritter, der noch ein bisschen bei Verstand ist, den Zweikampf gegen ihn wagen wird. Doch er irrt sich: Tancred traut sich. Auch sündige Damen haben einen Anspruch auf ihren Lohengrin! Zusätzlich bietet sich Gelegenheit, im Kampf vor aller Augen zu brillieren. Jeder der Kontrahenten vertraut auf den Himmel und seine große Klappe. Amenais tönt, dass der Sieg Tancred gehören wird, denn er verteidige ihre Unschuld. Orbazzano ist zuversichtlich denn die Stärke seines Armes wird gewaltig sein. Tancred sieht sich in erster Linie als bestrafende Instanz. Der helle Schein seines Schwertes wird den Vermessenen erschrecken.
Nr. 11-12
Die Trompeten rufen zum Zweikampf. Amenais darf nicht zuschauen. Ganz nach Belieben kann sie nun hoffen oder fürchten! Wie tobt das Herz in ihrer Brust. Aufklärung über das Kampfresultat erteilt ihr der Opernchor. Sie darf frohlocken. Tancred hat in der ersten Runde gesiegt und Orbazzano ist tödlich getroffen in den Staub gesunken. Nun beginnt der Puls der Geretteten sich zu beruhigen und Isaura stellt befriedigt fest, wie das launenhafte Schicksal sich an einem einzigen Tag wandeln kann.
SZENENWECHSEL
Nr. 13-15
Triumphaler Aufzug auf dem großen Platz von Syrakus. Tancred hat dem Orbazzano die schöne Rüstung ausziehen lassen, die nun seinem Streitwagen von Kappen vorangetragen wird. Geschmacklosigkeit geht vor Edelmut! Die Lieder des Ruhmes Sind süß, die Ehre des Sieges ist teuer, aber das trostlose Herz findet keinen Frieden. Er will nicht in Syrakus bleiben. Er will sterben, weit weg von diesem verfluchten Lande. Der Opernchor versteht seine Haltung nicht, Amenais noch viel weniger.
Großmütig hat er ihr Leben gerettet, aber wie steht es mit seinem Herzen. Tancred wird richtig böse: Ihren süßen Blick soll sie für den nächsten Liebsten aufheben. Er war es doch, den sie immer zärtlich liebte, weshalb ist das so schwer zu begreifen. Sie hält ihm den Busen hin, damit er ihn mit dem blanken Schwert durchbohren möge.
Im Verbund mit Roggiero versucht die treue Isaura alles, um den wahren Sachverhalt darzustellen. Es gelingt ihr zumindest durch ihren Schwur, den labilen Tancred von der Redlichkeit der Geliebten einen Schimmer zu vermitteln. Hoffnung keimt auf, aber überzeugt ist Tancred nicht. Der Stachel der Eifersucht steckt zu tief in seinem Fleisch.
FINALE
Ob die Sache gut ausgeht oder ein schlimmes Ende findet, hängt vom Willen des Regisseurs ab. Wenn er das Ferrara-Finale wählt und dem Vorsatz Voltairs folgt, gibt es für die Liebenden keine Zukunft. Sollte der Theatergewaltige sich jedoch für den venezianischen Schluss entscheiden, darf das Operpublikum sich mit den Liebenden freuen.
DER HANDLUNGSFADEN SPINNT SICH FOLGENDERMASSEN WEITER:
Tancred hat sich eine malerische Gebirgslandschaft mit einer Schlucht und einem Wasserfall ausgesucht, um seinem Seelenschmerz zu frönen. Er kann Amenais nicht vergessen. Sie betrog ihn, aber er betet sie immer noch an. Verzweiflung ist sein Los.
Plötzlich tauchen sarazenische Soldaten auf und jubilieren, weil die Stadt erfolgreich angegriffen wurde. Tancred kommt zur Besinnung. Der Rivale hat seine Heimatstadt verwüstet. Da er beschlossen hat zu sterben, soll es auf dem Schlachtfeld sein. Argirio und Amenais haben gesucht und den Verschollenen nun in diesem Moment gefunden.
Gewiss ist Amenais auf dem Weg in Solamirs Lager. Der Vater erklärt das Gegenteil und berichtet: Der verhängnisvolle Brief war nicht an den bösen Solamir, sondern an ihn gerichtet, ihren Geliebten. Amenais hasst den Mohren sogar.
Sarazenische Soldaten kommen und tragen einen Olivenzweig und eine Krone. Die Krone ist für Amenais gedacht. Nur sie kann den Frieden retten, wenn sie der Verbindung mit dem Maurenfürsten zustimmt. Sollte Syrakus sich allerdings weigern, wird Hass und Zerstörung die Folge sein.
Der Opernchor ist der Ansicht, dass man das Angebot des Gegners annehmen sollte, weil es den Regeln der Vernunft entspricht.
Das Eifersuchtsdrama beginnt von vorn. Kann Amenais wirklich so schändlich sein und sich zu Solamir begeben? Ist das die Treue, die sie ihm versprochen hat? Dem Chor reißt die Geduld: Tancred soll das Jammern lassen, in die Schlacht ziehen und es dem bösen Solamir einmal so richtig zeigen.
Nach kurzem Getöse ist die Rauferei beendet. Der Exot wurde tödlich getroffen und schwimmt in seinem Blut. Mit seinem letzten Atemzug hat der Sterbende die Unschuld von Amenais bestätigt. Nein, sie hatten nichts miteinander, absolut nichts.
Jetzt weiß Tancred endlich um die Treue seiner Amenais. So wie sich das gehört und es guter Sitte entspricht, entschuldigt sich der Irrende für seinen Jähzorn und seine unangebrachte Eifersucht.
Nun darf Tancred in ihrem Herzen herrschen. Wie lange wird es dauern?
Rossini war 21 Jahre alt, als er seine erste tragische Oper von Bedeutung komponierte. Tancred begründete den Weltruhm, obwohl es bei der Uraufführung in Venedig Probleme gab. Der zweite Akt konnte wegen Unwohlsein der Sängerin des Tancred nicht zuende geführt werden. Der überwältigende Erfolg stellte sich erst beim zweiten Anlauf ein. Abweichend von der Tragödie Voltaires, in dem der Held auf dem Schlachtfeld stirbt, ohne dass Amenais sich rehabilitieren konnte, ist in der Uraufführung eine Wiedervereinigung der Liebenden vorgesehen.
In den Aufführungen der neueren Zeit hat man sich allerdings wieder der Ferrara-Version zugewandt. Für ihre mutmaßliche Verräterei wird Amenais vom Opernhelden ausgiebig beschimpft, der anschließend den Tod auf dem Schlachtfeld sucht und findet. Das Finale ist für den Opernbesucher unbefriedigend, zumindest halbwegs nachvollziehbar.
Wie bei vielen Belcanto-Opern muss man über ein schwaches Libretto hinwegsehen, um die hinreißende Musik in vollen Zügen genießen zu können.
Letzte Änderung am 14.9.2012
Beitrag von Engelbert Hellen