Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow (1844-1908):
Mlada / Mlada / Mlada
Entstehungszeit: | 1889-90 |
Uraufführung: | 1. November 1892 in Sankt Petersburg (Mariinski-Theater) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 160 Minuten |
Erstdruck: | Leipzig: M. P. Belaieff, 1891 |
Verlag: | Melville, N.Y.: Belwin Mills, 1983 |
Bemerkung: | Mlada wirkt nicht wie eine Oper im eigentlichen Sinne, sondern stellt eine Mischform des Chorballetts vor. Inhaltlich setzt sie die faszinierende Glaubenswelt der alten slawischen Götter dem Christentum entgegen und findet natürlich in Nikolai Rimski-Korsakow den geeigneten Interpreten. „Eine Nacht auf dem kahlen Berge“ hatte Modest Mussorgski schon angerissen und Igor Strawinski wartete danach mit dem „Frühlingsopfer“ auf. „Mlada“ wirkt auf den Betrachter befremdend, doch schließt sie sich in den bunten Reigen von Rimski-Korsakows bekanntesten Opern nahtlos ein. Den „Sabbat der höllischen Geister“ auf dem Berg Triglaw wird der Zuschauer so leicht nicht vergessen und Kleopatras verführerische Tanzkünste auch nicht. „Auf der grünen Wiese versammeln sich die Mädchen“ freut sich Jaromir im zweiten Akt und im Finale flucht mit ihrer weit ausladenden Altstimme Morena, die Göttin der Rache. |
Art: | Zauberoper in vier Akten |
Libretto: | Stepan Gedeonow und Victor Krylow |
Sprache: | russisch |
Ort: | Böhmen und auf dem Berg Triglaw in Slowenien |
Zeit: | 9. und 10. Jahrhundert |
Mstiwoi: | Fürst von Ratarski (Bass) |
Woislawa: | seine Tochter (Sopran) |
Jaromir: | Fürst von Arkonsi (Tenor) |
Morena: | Göttin der Unterwelt (Alt) |
Lumir: | ein tschechischer Barde (Mezzosopran) |
Weitere: | Oberpriester des Gottes Radegast (Bariton) Schatten der Fürstin Mlada (stumme Rolle) Schatten der Königin Kleopatra (stumme Rolle) Tschernobog, der Fürst der Finsternis (stumme Rolle) Kaschtschej, sein Gefolgsmann (stumme Rolle) und weitere |
Wer hat Mlada umgebracht? Woislawa konnte nicht länger ihre beste Freundin sein, denn sie liebte das gleiche Idol. Der junge Fürst Jaromir hatte es ihr angetan - eine verhängnisvolle Leidenschaft, in der sie durch ihren eigennützigen Vater noch bestärkt wurde. Die Eifersucht forderte ihren Tribut und Mlada kostete ein vergifteter Fingerring das Leben, den ihre beste Freundin ihr schenkte.
Nicht alle slawischen Völker waren bereits zum Christentum bekehrt und huldigten den neuen Bräuchen. Zum bevorstehenden Johannisfest in der großen Halle des Fürsten Mstiwoi ist auch Jaromir eingeladen. Doch die Lichtgottheiten, zuständig für den korrekten Ablauf der Weltgeschichte, verübeln Woislawa ihre Missetat und sind ihr nicht gewogen. In Opposition verspricht Morena, die Göttin der Finsternis, der Prinzessin um den Preis ihrer Gefolgschaft Unterstützung und Steuerung des Geschicks, damit Jaromir ihr seine Liebe zuwendet. Ihre Gewissensbisse trüben zwar Woislawas Stimmung, aber von der Zauberkraft Morenas verspricht sie sich die gewünschte Euphorie.
Schmetternde Fanfaren melden die Ankunft des begehrten Mannes. Doch die Annäherung an seine Gefühle will nicht funktionieren, denn die Lichtgötter mischten mit und ließen rückwirkend in einer Traumvision den Jüngling den Tathergang um den Tod Mladas miterleben. Zu Tode erschrocken nimmt der schockierte Prinz das Verbrechen zur Kenntnis und lässt die geplante Beziehung mit Woislawa scheitern.
Händler aus Nowgorod und Litauen bieten ihre Waren feil. Der Barde Lumir erschreckt das lauschende Marktvolk von dem gewaltsamen Einbruch der christlicher Bekehrer. Die Fürsten Mstiwoi und Jaromir erscheinen mit großem Gefolge. Rituelle Gebete und Weissagungen der Priester rahmen eine große Chor-Ballettszene ein.
Woislawa und Jaromir führen den Johannisreigen an, der sich zum Höhepunkt der Veranstaltung steigern soll. Es gehört zum Brauch, dass sich das favorisierte Paar nach jeder Strophe küsst. Doch Mlada hat gut aufgepasst. Ihr Schatten schwebt herbei und verhindert, dass die Paare sich näher kommen, um sich einen Schmatz geben. Die raffinierte Blenderin lockt den Geliebten in verbotene Gefilde, damit er dort auf andere Gedanken kommt. Auf dem Berg Triglaw, der in Slowenien liegt, wird Hexensabbat gefeiert. Ist das nicht wesentlich spannender, als Woislawa zu küssen?
Es ist der Ort der seligen Geister. Nicht alle sind über ihren Zustand selig und benehmen sich ausgelassen wie bei einer Demonstration. Je mehr Seelenschatten angeflogen kommen, um so heller wird die Beleuchtung im Faltengebirge. So illustre Gäste wie Tschernobog und Kaschtschej nehmen am Hexensabbat selbstverständlich teil. Mlada und Jaromir haben sich die aufsteigende Mondscheibe als Hintergrundillustration ausgesucht. Mit der Verständigung haben die Liebenden bei dem ohrenbetäubenden Spektakel, den Hexen und Trollköpfe verursachen, allerdings Probleme.
Jaromir will ihrem qualvollen Tod auch nicht zum wiederholten Mal lauschen, doch Morena versucht, sich einzubringen und bietet Woislawa zum Tausch mit Mlada immer wieder an. Doch sie verschwendet zu viel Zeit mit ihrem Subunternehmer Tschernobog, den das Thema von Woislawas Seelenschmerz überhaupt nicht interessiert.
Kleopatra von Ägypten versucht, die Aufmerksamkeit des kurzfristig entflammten Jaromir auf sich zu ziehen und tanzt aufreizend kostümiert verwegene Schritte, ohne sein Empfinden besonders zu beeinträchtigen. Seine Figur zieht sich visuell nach oben in die Länge, aber die Aufmerksamkeit entspricht kaum noch menschlicher Beständigkeit. Kommunikation zwischen Geister- und Menschenwelt äußert sich nur degeneriert und zielt nicht auf einen Dauerzustand.
Schon ertönt der erste Hahnenschrei, der alle übersinnlichen Aktivitäten auf dem Berg Triglaw spontan zu Ende gehen lässt. „Die Nacht auf dem kahlen Berge ist vorbei.“ Ein taufrischer Morgen zieht herauf und Jaromir befindet sich mit seinem Pferd auf einer Waldwiese.
Die Sonnenpriester des Radegast werden ihm nun erklären müssen, was er erlebt hat.
Der Oberpriester kann kann mit der nächtlichen Vision nicht viel anfangen. Jaromir rät er, die Antwort seiner Ahnen abzuwarten. Diese sagen ihm, dass er hart durchgreifen möge. Sie rufen ihm dreimal zu, dass er den Giftmord rächen soll. Woislawa hört ihm zu und legt dann das unvermeidliche Geständnis ab. Jaromir, der die blaue Flamme Morenas über ihrem Haupt wahrnimmt, ist sich unschlüssig, ob er für Woislawa Hass oder Liebe empfinden soll. Doch die Ahnen erzwingen die Blutrache!
Der Tempel Radegasts wird durch Morena unter radikaler Gewalteinwirkung zerstört – ein Ausdruck sinnloser Wut, weil die Göttin der Finsternis das gewünschte Resultat nicht erreichen konnte. Dem Zeitlichen entrückt, erscheinen in verklärtem Zustand Mlada und Jaromir in der Morgensonne in der Absicht, zukünftige Zeiten gemeinsam zu überdauern.
Letzte Änderung am 30.12.2016
Beitrag von Engelbert Hellen