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- Ernest Reyer (1823-1909)
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- Sigurd
Ernest Reyer (1823-1909):
Sigurd
Allgemeine Angaben zur Oper
Entstehungszeit: |
1883/84 |
Uraufführung: |
7. Januar 1884 in Brüssel (Théâtre de la Monaie) |
Besetzung: |
Soli, Chor und Orchester |
Erstdruck: |
Paris: Heugel, 1884 ? |
Verlag: |
Paris: Heugel, ca. 1895 |
Zur Oper
Art: |
Oper in vier Akten und neun Szenen |
Libretto: |
Camille du Locle und Alfred Blau nach Motiven des Nibelungenlieds und der altnordischen Edda |
Sprache: |
französisch |
Ort: |
in Worms und auf Island |
Personen der Handlung
Sigurd: |
ein Abenteurer (Tenor) |
Brunehild: |
eine Walküre (Sopran) |
Gunther: |
König der Burgunden (Bariton) |
Hagen: |
sein Waffengefährte (Bass) |
Hilda: |
Gunthers Schwester (Sopran) |
Uta: |
ihre Amme (Mezzosopran) |
Hoherpriester des Odin: |
(Bariton) |
Weitere: |
Ritter, ein Barde, Krieger, Volk und Priester |
Handlung
Sigurd, der fränkische Held vom Niederrhein mit dem nordischen Namen, erzählt gern von seinen Heldentaten und reist an den Hof von Burgund.
Es war eine Zeit der Reiselust, in der ganze Völkerschaften die Plätze wechselten. Die Burgunden, von Westen kommend, hatten Worms zu ihrer Residenz gemacht, in welcher König Gunther hofhielt. Im Osten hatte der Hunnenkönig Attila sich im Donauknie breit gemacht - ein beachtlicher Gegner, mit dem man sich am besten verschwägert, anstatt gegen ihn Krieg zu führen. Im Umgang mit Pfeil und Bogen gewandt, ritten die Schlitzaugen auf flinken Pferden durch die Gegend, mordeten Jungfrauen und brandschatzten, weil es Spaß machte.
Helden waren überall willkommen. Ein solcher war Sigurd in der Tat, denn ihm eilte der Ruf voraus, ein Drachentöter zu sein. Drachen sind schuppige Geschöpfe aus einem anderen Zeitalter, die das Wegtreten von der Erdgeschichte in einer Höhle verschlafen haben. Man unterscheidet zwei Kategorien: Eigentliche Drachen, die fliegen können, und Lindwürmer, die in Höhlen leben, um dort Edelmetall und Kunstschätze zu sammeln.
Hilda, die jüngere Schwester des Burgundenkönigs will keine Nachkommen mit Mandelaugen. Ungeachtet, dass Gunther sie dem Etzel, wie Attila auch genannt wird, als Braut versprochen hat, richtet sie ihre schönen Augen auf den Drachentöter. Damit Liebe sich anbahnt und zügig abläuft, spendet Uta, ihre Amme, aus alten Beständen magische Tropfen als Zaubertrank, die Hilda dem lustigen Rheinländer unbemerkt in den Burgunder kippen soll. Der Liebeslust gefügig gemacht, überlegen Gunther und sein Waffenbruder Hagen, zu welchen Aufgaben der Held herangezogen werden kann.
König Gunther ist noch unbeweibt, kennt das Objekt seiner Begierde vom Hörensagen genau, kann zurzeit davon aber nur träumen. Die holde Maid - Brunehild ist ihr Name - liegt schlafend auf einem hohen Felsen. Sie ist von einem Flammenkreis eingeschlossen und um sie verstreut liegen außerordentliche Requisiten. Brunehildes Wohnsitz sei Island - sagt man - aber kann es nicht auch Helgoland gewesen sein? Ist die „Lange Anna“ vielleicht als Walkürenfelsen anzusehen? Island liegt ein bisschen weit entfernt und man kann den Burgunden Kenntnis in Navigation nicht nachsagen. Von Intelligenz ist bei Siegfried nicht die Rede, er stellt diese Eigenschaft aber auch nicht zur Schau.
Also, wenn der verliebte Sigurd Hilda seinen Eltern als zukünftiges Eheweib vorstellen will, muss er das Privileg erst erwirtschaften. Unter Einsatz seiner Zauberkappe soll er sich nach Island - oder wie die Insel heißt - auf den Weg machen, Brunehild ins Boot laden und nach Worms bringen. Unter der Tarnkappe hat leider nur eine Person Platz und das Geheimnis darf er nicht lüften, damit Brunehild den Betrug nicht spitzkriegt. Die Maid hat im Weitsprung zwar olympische Qualitäten, aber in drei Sätzen ist man nicht in Worms. Es wird also ein Weilchen dauern, bis der Eroberer mit Brunehild und ihrer Belegschaft zurück ist.
Der Trick funktioniert, Siegfried hält seine Visage unter der Tarnkappe versteckt und Brunehild denkt in ihrer Einfalt, dass es Gunther war, dem sie ihr mädchenhaftes Vertrauen zukommen ließ. Ihre Freude ist riesengroß und in überschwänglichem Jubel stimmt sie die schönste Arie der Oper an. Mit den Worten: „Salut, splendeur du jour“ begrüßt sie die goldene Morgensonne und das Blau des Himmels. Odins Hoherpriester bestätigt, dass Freia die Liebe für den Fremdling nur ungern akzeptiert, weil auf dem Kontinent das Christentum die Oberhand gewonnen hat und ihr Einfluss ohnehin geschwunden ist.
Doch in Worms erwartet Brunehild Verdruss. Noch ist die Ahnungslose im Glauben, dass Gunther es war, der sie befreite und eroberte, doch dann verplappert sich Hilda und verrät den Dreh mit der Tarnkappe. Hilda ärgert sich, denn die Wirkung des Liebestranks hat bei Sigurd nachgelassen. Wie alle Arzneimittel muss man Aphrodisiaka regelmäßig einnehmen, sonst gehen die Erwartungen ins Leere. Brunehild bekommt spitz, dass Sigurd die Tochter des Burgundenkönigs nur deshalb liebte, weil sie ihm ein Mittelchen eingeflößt hatte. Jetzt hat Sigurd seine Leidenschaft für Brunehild entdeckt und denkt nicht daran, sie an seinen Lehnsherrn abzutreten, so wie es vereinbart war. Die Liebenden singen ein leidenschaftliches Duett miteinander und damit ist die Situation zwischen Sigurd und Brunehild geklärt.
Verzicht üben möchten aber weder Gunther noch Hilda, und der Geprellte beschwert sich bei seinem Waffenbruder Hagen. Den Verräter umzulegen, wird im Komplott beschlossen. Doch Hagen lehnt es ab, die Bluttat auszuführen. Er ist nicht der Nutznießer der Absprache und überhaupt hätte der Burgunde von Anfang an einkalkulieren müssen, dass der Kuhhandel ein schlimmes Ende nehmen könnte. Gunther ist der Angeschmierte und muss nun sehen, wie er als abgeschobener Gatte sich des Rivalen entledigt. Hilda sieht ebenfalls keine Möglichkeit, ihren Liebsten zurückzugewinnen und ihr Herz ist voller Traurigkeit, denn die alten Götter haben Sigurd und die Walküre zusammengeführt.
Am nächsten Tag soll eine Wildschweinjagd abgehalten und die Gelegenheit genutzt werden, auch Sigurd abzuschlachten. Als der Durstige sich niederbeugt, um sich an einer sprudelnden Quelle zu erquicken, stößt Gunther dem Arglosen den Speer in den Rücken. Der tote Körper wird feierlich zum Palast geleitet, aber Brunehild nimmt den Begleitenden ihre Lügengeschichte nicht ab. Gemeinsam mit dem Gemahl wird sie untergehen und auf ihrem Pferd reitet sie in die Flammen, die seinen Leichnam verzehren. Ernest Reyer sieht vor, dass die Liebenden gemeinsam in den germanischen Götterhimmel auffahren und in verklärtem Zustand nach unten schauen.
Etzel ist indes am Oberrhein eingetroffen, um nach seiner Braut Hilda Ausschau zu halten. Die Missverständnisse häufen sich und man fällt mit Waffengewalt übereinander her.
Letzte Änderung am 1.6.2012
Beitrag von Engelbert Hellen