Die Bohème / The Bohemians
Entstehungszeit: | 1893-95 |
Uraufführung: | 1. Februar 1896 in Turin (Teatro Regio) 13. Juni 1898 in Paris (endgültige Version) |
Besetzung: | Soli, Chor (SSTTBB), Kinderchor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 100 Minuten |
Erstdruck: | Mailand: Ricordi, 1896 |
Verlag: | Mailand: Ricordi, 1952 |
Bemerkung: | Puccinis "La Bohème" stellt etwas Neuartiges in der Opernliteratur dar. Der Mensch wird als Privatperson präsentiert. Die Oper wendet sich völlig dem alltäglichen Leben zu und die Katastrophe resultiert nicht aus menschlichen oder gar staatspolitischen Konflikten, sondern ereignet sich von innen heraus, als tödliche Krankheit. Puccinis Frauengestalten wie Mimi sind nicht mehr Heroinen von ehedem, vielmehr zeigen sie sich als passive schwache und allenfalls triebhafte, leidende und erduldende Geschöpfe, deren Denken und Fühlen auf das Naheliegende, die kleinen Dinge des Lebens gerichtet ist. |
Opus: | SC 67 |
CD: | [Details] |
La Boheme (Naxos, ADD/m, 1956) Giacomo Puccini (1858-1924) FonoForum 01/10: "Dennoch gehört ihre Interpretation zuden besten, die der Rolle widerfahren sind. Was ihrerStimme an Freni-gleichem Mädchencharme fehlt, macht siemit einer überbordenden Palette an Zwischentönen mehr alswett. Und auch das beseelte Spiel der Spanierin de losAngeles vermag sie in der Sterbeszene, die zu deneindrücklichsten Momenten dieser CD gehört, ohne Mühen zuübertreffen, indem ihre Stimme zum Spiegel der SeeleMimis und des Zuhörers wird." |
Art: | Scene liriche in vier Bildern |
Libretto: | Giuseppe Giacosa und Luigi Illica nach 'Scènes de la vie de Bohème' von Henry Mürger |
Sprache: | italienisch |
Ort: | Paris |
Zeit: | Mitte des 19. Jahrhunderts |
Rodolfo: | ein Dichter (Tenor) |
Mimi: | eine Näherin (Sopran) |
Marcello: | ein Maler (Bariton) |
Musetta: | frühere Geliebte Marcellos (Sopran) |
Colline: | ein Philosoph (Bass) |
Schaunard: | ein Musiker (Bariton) |
Benoit: | Hausherr (Bass) |
Alcindoro: | Staatsrat (Bass) |
Parpignol: | ein Spielzeughändler (Tenor) |
Weitere: | ein Zöllner, ein Sergeant bei der Zollwache, ein Junge, Studenten, Arbeiterinnen, Bürger, Händler, Jungen und Mädchen, Straßenkehrer, Fuhrleute, Milchfrauen, Bäuerinnen |
In einem Dachatelier am Heiligabend. In eisiger Kälte versuchen Rodolfo, der Schriftsteller, und Marcello, der Maler, zu arbeiten. Sie hungern und haben nichts, den Ofen zu heizen. Das Manuskript eines unaufgeführten Dramas, das Rodolfo opfert, spendet nur kurz Wärme. Auch Colline, der sich Philosoph nennt, und der Bücher und andere Gegenstände zum Leihhaus bringen sollte, kehrt unverrichteter Dinge zurück. Erst der Musiker Schaunard, der vierte im Bunde der Bohèmiens, bringt Esswaren, Brennholz, Zigarren, vor allem aber Geld. Seinem Bericht, wie er es mit List bei einem englischen Lord verdient hat, hören die Freunde, sich ihr Fest bereitend, nicht zu. Einen Schock bedeutet das Erscheinen des Hauswirts, der die längst fällige Miete vor Jahresschluss kassieren will. Marcello spielt va banque. Er legt das Geld hin, verstrickt aber dann Monsieur Benoit in ein vom Wein animiertes zweideutiges Gespräch, bis die Freunde in gespielter moralischer Entrüstung ihn unbezahlt hinauswerfen können. Schaunard drängt zum Aufbruch ins Café Momus, aber Rodolfo bittet für sich um Aufschub: Ihm scheint, er könne jetzt endlich etwas zu Papier bringen. Die Freunde gehen voraus. Rodolfo wird gestört von einer Nachbarin, die um Licht bittet. Sie erleidet, als Rodolfo sie ins Atelier einlädt, einen Schwächeanfall und verliert den Wohnungsschlüssel. In der Aufregung erlischt auch Rodolfos Kerze. Er nutzt die Dunkelheit, dem Mädchen näher zu kommen. Sie stellt sich als Stickerin vor, die in ihrem kleinen Zimmer Aufträge erfüllt. Ihr Kosename sei Mimi. Schnell verliebt ineinander, beschließen beide, auf den Weihnachtsmarkt zu gehen. Den verlorenen Schlüssel hatte Rodolfo längst gefunden und eingesteckt.
Eine Passage am Café Momus, kurze Zeit später. Die Freunde verschleudern das Geld, das Schaunard unter alle aufgeteilt hatte. Rodolfo hat eine hübsche Haube für Mimi gekauft und stellt das Mädchen seinen Freunden vor, die sie als Muse des Poeten in ihren Kreis aufnehmen. Kaum haben sie ihren Weihnachtsschmaus begonnen, erscheint Musetta, lange Zeit die Geliebte Marcellos, nun an der Seite eines gesetzten älteren Herrn. Marcello tut, als bemerke er sie nicht. Aber mit allerlei Tricks und vor allem mit einem verführerischen Chanson gelingt es ihr, ihn zu provozieren und die Leidenschaft aufflammen zu lassen. Unter dem Vorwand, sie brauche dringend einen neuen Schuh, schickt sie ihren Begleiter weg und stürzt sich in die Arme Marcellos. Sie weist den Kellner an, die Rechnung der Freunde, die sie nicht bezahlen können, auf das Konto ihres Begleiters zu setzen. Den Trubel der aufziehenden Wachen benutzt sie mit den Bohémiens, sich aus dem Staub zu machen. Der zurückkehrende Alcindor soll die ganze Zeche bezahlen.
Zwei Monate später, an einem frühen Morgen am Rande der Stadt Marcello und Musetta leben in einem armseligen Wirtshaus, wo Marcello die Wände bemalt und Musetta Gästen das Singen beibringt. Mimi erscheint und sucht Rat bei Marcello. Rodolfo hat sie eben verlassen. Aber Marcello, in eifersüchtiger Sorge um Musetta, weiß keine Hilfe und schickt Mimi zurück nach Hause. Rodolfo, ruhelos aus dem Wirtshaus stürzend, eröffnet Marcello, dass Mimi unheilbar an Tuberkulose erkrankt ist und sicher bald sterben wird, wenn ihre Lebensumstände nicht verbessert werden. Er kann ohne Geld nichts für Mimis Genesung tun. Mimi, die unbemerkt zurückgekehrt ist, hört die entsetzliche Diagnose. Sie wankt in Rodolfos Arme und will sich von ihm für immer verabschieden. Hilflos in ihrer Liebe und verzweifelt gegenüber den Umständen, beschließen beide, wenigstens bis zum Anbrechen des Sommers zusammenzubleiben. Indessen jagt Marcello in jäher Eifersucht Musetta davon. Der Galan, um den es ging, folgt ihren Spuren.
Sechs Monate später, in einem Keller. Rodolfo und Marcello können nicht arbeiten. Sie necken einander mit neuesten Nachrichten: Rodolfo sah Musetta in einer vornehmen Kutsche, Marcello gibt vor, zu wissen, Mimi sei die Geliebte eines Grafen geworden. Traurig hängen sie den Gedanken ihrer Liebe nach. Ihren Hunger kann nicht stillen, was Schaunard und Colline zum Essen bringen: ein trockenes Baguette und ein Hering. In einem verrückten Tanz, der zum Duell ausartet, versuchen die Vier, ihr Elend zu vergessen. Da stürzt Musetta herein und berichtet, sie habe Mimi todkrank und verschmutzt in der Gosse aufgelesen. Man bettet sie notdürftig. Musetta übergibt Marcello ihre Ohrringe, damit er dafür Medizin kaufe. Dann begleitet sie ihn, um einen Muff für die Frierende zu finden. Colline, nimmt Abschied von seinem geliebten Mantel. Er will ihn für Geld versetzen. Allein mit Rodolfo, gesteht ihm Mimi, dass sie immer nur ihn geliebt hat. Im Fieber beschwört sie die Erinnerung an ihre erste Begegnung, ehe ein neuer Hustenanfall sie wieder auf,-, Bett wirft. Marcello bringt die Medizin, Colline das Geld. Musetta gibt Mimi den Muff. Sie ist dankbar und glücklich. Alle lassen sie in dem Glauben, er sei ein Geschenk von Rodolfo. Der gibt sich der Hoffnung hin, Mimi sei in heilenden Schlaf gefallen. Doch Mimi ist tot.
Letzte Änderung am 17.10.2007