Euridice / Euridice / Euridice
Anlass: | Hochzeit zwischen König Heinrich IV. von Frankreich und der Prinzessin Maria de' Medici |
Entstehungszeit: | 1600 |
Uraufführung: | 6. Oktober 1600 in Florenz (Palazzo Pitti) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Bemerkung: | Die Oper „Euridice“ von Jacopo Peri wurde vor einem kleinen Kreis von fürstlichen Gästen und Höflingen im Palazzo Pitti in Florenz am vierten Tage der Festlichkeiten anlässlich der Heirat von Maria von Medici mit Heinrich IV. uraufgeführt. Diese Oper stellt das erste Beispiel eines „Dramma per musica“ mit noch heute vollständig erhaltener Partitur dar. Nach dem Textbuch von Rinuccini komponierte noch im gleichen Jahr Giulio Caccini eine Oper gleichen Titels, die aber erst 1602 uraufgeführt wurde. |
Art: | Dramatisches Märchen in einem Prolog und fünf Bildern |
Libretto: | Ottavio Rinuccini (1562-1621) |
Sprache: | italienisch |
Ort: | Griechenland |
Zeit: | Antike |
La Tragedia: | Allegorie (Alt) |
Euridice: | eine junge Frau (Sopran) |
Orfeo: | ihr Verlobter (Tenor) |
Dafne: | eine Nymphe (Sopran) |
Aminta: | erster Schäfer (Tenor) |
Arcetro: | zweiter Schäfer (Bariton) |
Tirsi: | dritter Schäfer (Tenor) |
Pluto: | Gott der Unterwelt (Bass) |
Prosperina: | seine Frau (Sopran) |
Caronte: | Torwächter der Unterwelt (Bass) |
Weitere: | Venere (Sopran) Radamanto (Tenor) sowie Hirtinnen, Hirten, Nymphen, Gespielinnen (Chor und Ballett) |
Prolog:
Die Allegorie der Tragödie gibt eine Prognose ab, welche Eigentümlichkeiten den Zuschauer erwarten. Heute ist sie nicht im gewohnten Gewand erschienen, um ihre Geschichte auf Besorgnis, Tod oder Grauen zu reduzieren, sondern sie wird die süßen Emotionen des menschlichen Herzens wecken. Ihr Gesicht trägt den Ausdruck der Freude.
Gewiss werden zukünftige Generationen ihren Fußstapfen folgen, wenn sie sehen, was sie zustandegebracht hat. Fein herausgeputzt als Königin - so sagt sie - ist sie mit mehr Lorbeerkränzen umwunden als irgendwer im alten Athen oder Rom. Während sich Frankreich auf seine neue Königin vorbereitet, können sich die Hochzeitsgäste hier bequem zurücklehnen und den Gesängen des thrakischen Orfeo lauschen.
1. Szene:
Ein Chor von Nymphen und Schäfern tritt auf. Ihr Wortführer Aminta verkündet den Nymphen und pastoralen Liebhabern, dass heute ein großer Tag ist, denn der kühne Orfeo und die gesegnete Euridice feiern ihre Hochzeit. Eine Nymphe bittet Apollo, den Sonnengott, in prächtigem Glanz auf den heutigen Tag zu scheinen. Während alle auf Orfeo warten, sollen die Mädchen die Zeit damit verbringen, Blumen in ihr Haar zu flechten. Arcetro, der Freund des Orfeo, ist ebenfalls erschienen und freut sich mit den anderen. Euridice ist glücklich und dankt allen für ihre guten Wünsche. Dafne, eine der Nymphen, kann nicht glauben, dass es eine Kreatur gibt, die den Liebenden das Glück neidet. Euridice schlägt eine schattige Waldlichtung vor, die einen geeigneten Platz bietet, um zu tanzen. Alle trippeln glücklich weg.
2. Szene:
Orfeo ist aufgetaucht und erinnert sich der Zeit, bevor er auf Euridice traf. Wie üblich ist es ein trauriges Lied und bewegt sogar die Pflanzen und Bäume dazu, vor Sympathie zu tropfen. Er wundert sich, weshalb der Tag so langsam vorüberzieht, und er drängt die Sonne, sich mit ihrem Untergang zu beeilen, damit er sich mit Euridice vereinigen kann. Arcetro stellt fest, wie glücklich Orfeo jetzt ausschaut, und schwört die Vergangenheit herauf, in der er vergeblich hoffte, die Liebe eines jungen Mädchens zu erringen. Dabei ist das weibliche Geschlecht ganz versessen auf den glühenden Verehrer. Tirsi, ein anderer Kompagnon des Orfeo, holt seine Panflöte hervor und intoniert eine lustige rustikale Melodie über das Vergnügen einer Hochzeit, in die Orfeo und Arcetro einfallen.
Plötzlich kommt Dafne mit einer furchtbaren Neuigkeit auf sie zu. Sie zögert mit ihrem Bericht und lässt sich im Moment nur über die Vergänglichkeit des Glücks im Allgemeinen aus. Arcetro und Orfeo bemerken ihre Unruhe und fragen sie, was geschehen sei. Dafne braucht noch ein Weilchen, aber schließlich kommt sie damit heraus, was sich Schlimmes zugetragen hat: Euridice spazierte am Bach entlang über die Wiese und pflückte Wildblumen, um daraus Girlanden für ihr Haar zu flechten. Aber plötzlich schnellte eine Schlange, die sich im Rasen versteckt hatte, hervor und biss sie in den Fuß. Tödlich verwundet fiel das Mädchen ins Gras. Dafne hatte keine Ahnung, in welcher Form sie erste Hilfe leisten sollte. Die Sterbende hat noch Orfeo beim Namen gerufen, bevor sie aus dem Leben schied.
Orfeo ist einer Reaktion zunächst unfähig. Ihr finaler Ruf wird aber nicht unbeachtet bleiben, beteuert er, denn im Tod wird er sich mit ihr verbinden. Arcetro ist entschlossen, seinen Freitod zu verhindern, und wird ihm auf Schritt und Tritt folgen. Dafne stimmt ihm zu, dass er einen weisen Entschluss gefasst habe. Die Nymphen sind bedrückt über das, was sie vernehmen. Sie singen, dass der Tod der Gespielin all ihr Glück verdorben habe.
3. Szene:
Mit den Kreaturen und Pflanzen teilt Orfeo seinen Kummer, nachdem ein bisschen Zeit vergangen ist. Wissbegierig sucht er den Platz auf, an dem Euridice gestorben ist. Er ist in Begleitung Arcetros und beide finden noch Blutspuren an den Gräsern, was bei Orfeo eine tiefe Verzweiflung auslöst. Der Freund stützt ihn und versucht ihn zu trösten.
Mit einem Gefährt, welches von Tauben gelenkt wird, steigt aus der Höhe ein himmlisches Wesen herab und nimmt sich des Verzweifelten an. Orfeo fällt der Olympierin zu Füßen, die seinen Schmerz erkennt. Mitleidvoll hebt sie den Trauernden auf ihren Wagen und verschwindet mit ihm himmelwärts. Froh, dass sein Freund vom Gedanken an Selbstmord befreit sein dürfte, erzählt Arcetro den Vorfall den Nymphen und seinen Freunden. Sie sind glücklich und freuen sich, dass himmlische Mächte Orfeo vor einem bösen Schicksal gerettet haben.
4. Szene:
Die Gottheit jedoch ist Venus selbst. Sie hat Orfeo auch nicht in himmlische Gefilde entführt. Aber sie gibt ihm Hoffnung, dass er über den Tod triumphieren wird, und setzt ihn vor dem Eingang zur Unterwelt ab. Orfeo fragt, was er tun muss. Er ist irritiert, denn seines Wissens ist kein Mensch vor seinem Tod jemals hier unten gewesen. Die Göttin bescheidet ihm, dass er die Musik benutzen soll, um die Sympathie des Gottes der Unterwelt für sich zu gewinnen. Er habe die Gabe, mit seinem Talent die Herzen zu betören, und nun gelte es, Pluto und seine Frau Prosperina seinem Anliegen gewogen zu machen. Dann lässt sie ihn verwirrt zurück und Orfeo ist genötigt, sich allein weiter vorzutasten.
Er präpariert seine Leier und beginnt ein herzzerreißendes Lamento über den Verlust seiner Liebe und plädiert auf Barmherzigkeit. Pluto hört den Gesang und fragt, welcher sterbliche Mann es gewagt habe, die Unterwelt zu betreten. Orfeo entschuldigt sich, lässt aber seine Stimme nun noch lauter ertönen. Die Schatten sind entzückt, denn ein Konzert gab es hier unten noch nie. Nicht nur Pluto lässt sich von der Intensität des Gesangs erweichen; auch Prosperina ist tief gerührt. Sie fühlt sich an die alten Zeiten erinnert, in denen sie selbst als Erdenbürgerin um ihren Mann tricksen und kämpfen musste. Orfeo lässt seinen Gesang erneut aufleben und weckt im Herzen des Herrschers über das Totenreich Milde. Er möge auf seine Frau schauen, die bei seinem Gesang zu Tränen gerührt ist, und nun seinen sehnlichsten Wunsch erfüllen. Prosperina ist von seinem Kummer überwältigt und legt Fürbitte ein. Schließlich hat Orfeo Pluto weich geklopft: Wenn er seine Liebste unbedingt zurück haben will, so soll er sie wieder mitnehmen!
Caronte, der Türhüter, protestiert. Alle Menschen müssen früher oder später an diesen Platz kommen. Weshalb will Pluto eine Ausnahme machen? Pluto sagt, dass er in diese Verlegenheit gar nicht gekommen wäre, wenn er den Eingang zur Unterwelt besser bewacht hätte.
Orfeo ist besorgt, dass Pluto seinen Entschluss wieder rückgängig machen könnte. Er wird aber von ihm beruhigt, denn was er versprochen habe, würde er auch halten. Er befiehlt, im Hades nach Euridice zu suchen und eine Eskorte soll die beiden wohlbehalten an die Oberwelt geleiten.
Ein Doppelchor kommentiert diesen beispiellosen Präzedenzfall, bei dem es einem lebenden Menschen gelungen ist, in das Königreich des Todes einzudringen. Nur Orfeo hat das Unmögliche getan und erhält sogar die Erlaubnis - ohne irgendeine Kondition erfüllen zu müssen - mit der Gattin ins Leben zurückzukehren. Das ist die Macht der Musik!
5. Szene:
Wir kehren zurück zur Erde - es ist Morgen! Arcetro und die Nymphen warten darauf, was als Nächstes passiert. Orfeo hat sich noch nicht wieder gemeldet, seitdem die Göttin ihn hinweg trug. Offenbar ist er in Sicherheit und dem Zwang enthoben, den Freitod zu wählen.
Arcetro schaut ungläubig auf, aber Aminta versichert ihm, dass es die Wahrheit ist und dass beide, Orfeo und Euridice, gerettet sind. Er fügt hinzu, er sei zu Euridices Eltern gegangen, um diese in ihrem Kummer zu trösten. Bei dieser Gelegenheit hat er Euridice mit eigenen Augen gesehen, wie sie lächelnd errötete und im Hintergrund Hausarbeiten verrichtete. Arcetro ist nicht überzeugt, aber als Orfeo und Euridice eintreten, beginnt er zu jubeln.
Euridice versichert ihren Freundinnen, dass sie wirklich ins Leben zurückgekehrt sei. Orfeo habe beim Gott der Unterwelt vorgesprochen, im Hades ein Konzert gegeben und dann sei alles ganz schnell gegangen. Anerkennung für ihre Hilfe verdiene auch die Göttin Venus, die den Weg wusste. Orfeo stimmt einen Freudengesang an, in den die anderen einfallen.
Dafne und Arcetro bestürmen die Liebenden mit Fragen. Aminta preist den Triumph der Musik über alle Trübsal und die Oper schließt mit einem freudvollen Ballett.
Letzte Änderung am 6.6.2014
Beitrag von Engelbert Hellen