Eduard Franzewitsch Nápravník (1839-1916):

Dubrowski [Дубровский]

deutsch Dubrowski / englisch Dubrovsky / französisch Doubrovski

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1894
Uraufführung: 1895 in Sankt Petersburg (Mariinski-Theater)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Verlag: Moskau: Izdatel'stvo Muzyka, 1972 (Klavierauszug)
Bemerkung: Das Libretto folgt nicht in allen Teilen der sozialkritischen Vorlage von Puschkins Novelle, lässt aber die romantischen Passagen unangetastet. Das ausgiebige Liebesduett im vierten Akt versteht es, die Herzen der Obernliebhaber zu berücken. Von Peter Tschaikowski wurde die Oper des Emigranten bewundert. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das beliebte Musikdrama regelmäßig zur Aufführung gebracht.
Opus: op. 58

Zur Oper

Art: Oper in 4 Akten und 5 Szenen
Libretto: Modest Tschaikowski nach einer Erzählung von Alexander Puschkin
Sprache: russisch
Ort: Russland
Zeit: zu Beginn des 19. Jahrhunderts

Personen der Handlung

Andrej Dubrowski: ein Gutsherr (Bass)
Kirill Petrowitsch Trojekurow: sein Nachbar, ebenfalls Gutsherr (Bariton)
Mascha: seine Tochter (Sopran)
Wladimir Dubrowski: Maschas Französisch-Lehrer unter dem Namen Deforges (Tenor)
Fürst Werjski: Maschas zukünftiger Ehegatte (Bass)
Tanja: Kammerfrau Trojekurows
Weitere: Distrikt-Polizeichef (Bass), Gerichtsassesor (Tenor), Diener, Damen, Leibeigene, Gäste

Handlung

1. Akt:

Allein, weil er seinem alten Freund und Gutsnachbarn Andrej Dubrowski einen Streich spielen wollte, hat Kirill Petrowitsch Trojekurow einen heftigen Streit in die Welt gesetzt. Ohne erkennbaren Grund, lediglich um seinen Machtgelüsten zu frönen, strengte er einen Prozess an, um den sozial Schwächeren um seine Existenzgrundlage zu bringen. Der alte Dubrowski erzählt seinem heimgekehrten Sohn, dass Kirill alle Gerichtsbeamten, insbesondere den Assessor, mit viel Geld bestochen habe, damit die anstehende Sache zu dessen Gunsten entschieden wird. Ein Gerichtsbeschluss bestätigt die neuen Besitzverhältnisse - der gesamte Gutshof ist zum Teufel.

Wladimir erkennt, dass er sein Erbe verloren hat und nun ein armer Mann ist. Es ist der Gipfel der Frechheit, dass Trojekurow nun kommt, um sich mit seinem alten Freund aussöhnen zu wollen, den ergaunerten Gutshof aber nicht herauszurücken gedenkt. Der alte Dubrowski lehnt jedes Einlenken ab und stirbt dann überraschend, vermutlich an der emotionalen Überbelastung, die der Prozess an Ärger und Verdruss mit sich brachte. Der Gerichtsvollzieher kommt, um den Gutshof zu pfänden und Wladimir von seinem väterlichen Besitz zu vertreiben.

Gerechtigkeit muss sein! Wenn die Justizbehörden dazu nicht in der Lage sind, diese zu schaffen, muss der Bürger die Sache selbst in die Hand nehmen. Er versammelt seine leibeigenen Bauern um sich, und bespricht mit ihnen, das Anwesen in Brand zu stecken. Anschließend zieht man in die Wälder, verzichtet auf einen geregelten Tagesablauf und plündert kurzerhand aus, was vorbeikommt. Den Reichen wird genommen und den Armen wird gegeben, wenn der ergatterte Überschuss es zulässt.

2. Akt:

Auf dem Gutshof der Trojekurows ist ein Freudenfest angesagt, denn der Sieg über den Nachbarn und der Zugewinn an neuen Ländereien muss gefeiert werden. Die Produktion einer Tochter, schön wie der Frühling, hätte man dem bärbeißigen Alten gar nicht zugetraut. Mascha kennt sich den Einzelheiten über die juristischen Transaktionen des Vaters nicht aus und denkt, dass alles redlich zugeht. Der Wodka fließt in Strömen und die gesellschaftlichen Schranken lockern sich. Man singt, tanzt und lacht unbekümmert miteinander und die attraktive Mascha lässt ihrem slawischen Temperament freien Lauf. Die Lebenslustige vergnügt sich mit der Dienerschaft bei Spaß und Tanz, ohne die guten Sitten außer Acht zu lassen.

3. Akt:

Im Prinzip entspricht das Vagabundenleben nicht der Mentalität des jungen Dubrowski. Sein Kopf beschäftigt sich mit dem Gedanken, wie er sich an seinem Erzfeind ganz fürchterlich rächen kann. Dumm ist er nicht, denn in höfischer Kleidung, einer weißen Perücke und gepflegten Manieren, ist er ein gern gesehener Gast, um durch seine Anwesenheit der bürgerlichen Gesellschaft ein Glanzlicht zu verleihen. Zusätzlich hat er sich den französischen Familiennamen Deforges zugelegt.

Als Sprachlehrer in Französisch bewirbt er sich bei seinem Erzfeind, der ihn infolge seiner Auslandsaufenthalte nicht von Angesicht zu Angesicht kennt. Ein günstiges Schicksal hat Wladimirs Schritte gelenkt, denn er ist auserwählt, um der höheren Tochter Sprache und feine Sitten der favorisierten Nation beizubringen. Die jungen Leute verlieben sich unsterblich ineinander und können nicht mehr voneinander lassen. Dem Vater ist das emotionale Befinden der Tochter nicht so wichtig. Deshalb er ahnt er auch nichts von dem, was sich anbahnt.

4. Akt:

Unverhoffter Besuch bringt Maschas Lebenserwartungen durcheinander. Fürst Werjski, ebenso alt wie angesehen, schätzt junges Blut und hat beim Vater um Maschas Hand angehalten. Ohne das Mädchen nach ihrem Einverständnis zu fragen, erwarten die beiden Alten, dass ihrem Beschluss und ihrer Autorität Respekt gezollt wird. Der Verlobungstermin wird angesetzt und die Feier mit Wein und opulentem Orchesterklang gefeiert. Mascha ist entsetzt, dass der Vater sie verscherbelt hat, ohne sie nach ihren Empfindungen überhaupt nur zu fragen. Das Mädchen liebt den Französisch-Lehrer und hat sich in den Kopf gesetzt, keinen alten Fürsten zu ehelichen.

Derweil hat die Polizei wegen Brandstiftung ermittelt und ist fündig geworden. Sie ist Dubrowski dicht auf den Fersen und weiß, an welchem Ort sie auf den Kriminellen treffen kann. Von Freunden gewarnt, nimmt der verliebte Wladimir deren Hinweise nicht ernst. Unbekümmert trifft er sich im Garten oder im Wald mit Mascha, bis beide eines Tages von den Beamten gestellt werden. Unter den Gewehrsalven seiner Verfolger bricht der Geliebte tödlich getroffen zusammen. Mascha bedient ein beliebtes romantisches Klischee und wird vor Schmerz fast wahnsinnig, nachdem ihr Abschied vom Geliebten im Äther verklungen ist. Vater Trojekurow steht daneben und bedauert alles, was er in letzter Zeit an Unfug angerichtet hat.


Letzte Änderung am 13.10.2012
Beitrag von Engelbert Hellen