Armas Launis (1884-1959):

Aslak Hetta

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1922
Uraufführung: 17. März 2004 in Helsinki
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 120 Minuten
Erstdruck: Paris: Choudens, 1930 (Klavierauszug vom Komponisten)

Zur Oper

Art: Oper in drei Akten
Libretto: Armas Launis
Sprache: finnisch
deutsch von Hedwig Attila
Ort: Norwegisch-Lappland
Zeit: 1852

Personen der Handlung

Nalta Lanni: berühmter Schamane (Bass)
Aslak Hetta: Lannis Adoptivsohn (Tenor)
Agni: Lannis Nichte (Sopran)
Unna: Lannis Tochter (Sopran)
Agneta: Agnis Tante (Mezzosopran)
Nilla Sjaggo: lappischer Laienprediger (Tenor)
Henric Lyckselius: Pfarrer (Bass)
Amund Bucht: Landvogt (Bariton)
Hans Ruth: Kaufmann (Tenor)
Kadja-Joussa: Knecht des Landvogts (Tenor)
Weitere: zwei Rentierhirten (Alt, Bass)
ein Erzähler und weitere

Handlung

Prolog:

„Aslak Hetta, Sohn der Sonnenseite,
wuchs im Samiland, dem Land der Sage,
wo zur Wolke streben heil'ge Berge,
wo die Flüsse über Goldsand strömen,
wo das Gold erglänze in den Herzen.

Mit den Freunden auf wuchs Aslak.
überragte sie um Haupteslänge,
schritt gleich einem Herrscher, gleich dem König,
schafft in seinem Heim am Hüttenfeuer,
einsam, still verschlossen, trotz'gen Sinn.

Lauschte, wenn der Vater klug erzählte
seine Göttersage über Ibmel,
der da wohnet überm Sternenhimmel
und von dort regiert das große Weltall,
der des Lebens, aller Kräfte Quelle.

Sprach von Tiermes, dem Bergzerschmettrer,
welcher würzt des Sami Rentierweiden,
und von Madderakka, der aus Himmelsfernen
gibt dem Menschengeist das Erdgeleite,
führt ihn her in bunten Lappenschlitten.

Jabme auch, den Tücht'gen leis' er nannte
düstre Zeiten haben da die Toten,
auferstehen können dort die Geister,
kommen in das Reich der Menschen wieder,
um zu weiden ihre Rentierherden.

Als von Saivo flüsterte der Vater,
trat ein warmer Glanz ihm in das Auge;
jubelnd wohnet in dem Saivoberge Saivovolk.
Die Kammern voll Wildbret,
dort erst ist die Heimat der Beglückten.

Mangel ist dort nicht an Rentiermoose,
heilig Wild eilt federnd durch das Buschwerk,
eitel Seligkeit des Jägers harret,
ewig junge Frauen, ewig junge Männer
essen, lachen, ruh'n auf ihren Fellen.“

1. Akt:

Kautokeino nennt sich der Ort, an dem der Schamane Lanni seine Hütte errichtet hat. Er ist weit gereist, bis er das Fleckchen Erde hier gefunden hat, wo die Wiesen immergrün sind und kein Schnee sie jemals restlos überdeckt. Jenseits der Tundra war ursprünglich seine Heimat, wo kein Sami leben könnte. Auch zur winterlichen Jahreszeit geht dort die Sonne niemals schlafen. Das Land ist seltsam eigenartig. Nun ist Kautokeino am Jevddasee sein neuer Wirkungsort.

Aslak Hetta, der Prachtbursche, der sich im Prolog vorgestellt hat, kommt lassoschwingend aus den Bergen. Er ist in düsterer Stimmung und hört Unna, die Tochter des Alten singen: „Aslak Hetta, la la“ und schon hellt sich sein Gemüt auf. Der Alte hat den Jungen als Kind einst im Hochgebirge aufgegriffen und ihn in seiner Hütte aufwachsen sehen. Lanni hat nun die Vorstellung, dass er Unna zur Frau nehmen wird. Warum auch nicht?

Alle Lebewesen sind frei und eilen über die moosbedeckten Matten, die flüchtige Rentierherde und auch das Schneehuhn ist frei unter dem Himmelszelt. Der Wolf und der Bär im Wald sind frei - mit seine Sami nicht. Er nimmt sich vor mit seinem Stamm die bösen Norweger wieder zu verjagen, dem Bergwind im Hochgebirge hat er es versprochen.

Lanni bastelt an einer neuen Trommel, die er einer Steinskulptur umhängt. Seine Beschwörungen werden in Zukunft noch wirksamer sein. Nie wird Aslak sich an die neuen Herren gewöhnen. Nutzloses Sinnen hilft nichts, mahnt der Schamane. Es fehlt Aslak nicht an Feuer und Eisen und wehrhafte Männer gibt es etwa zwei- bis dreihundert. Er dresche nur leeres Stroh, höhnt Lanni. Bald ist seine Trommel, an der er bastelt, fertig. Beschwörungen wird er anstimmen und das Instrument den Göttern weihen. „Madderaka, Sarakko, lololoo, Juoksakka, Uksakka, nananaa - ruk, ruk...!“

Zwei „Rufer“ sind zu Besuch gekommen und während der Alte mit seinen Beschwörungsformeln beschäftigt ist, hatte Aslak ihnen Einlass in seine Hütte gewährt. Es sind fanatische Gesellen, die Aslak für seine patriotischen Pläne im Kampf gegen die Norweger mobil machen möchte. Vermutlich gehören sie einer Sekte an, die sich vom Christentum abgesplittert hat, welches die Norweger eingeführt haben. In Opposition stehen die Sektenanhänger, aber auch zu den alten Göttern, deren Banner Lanni hochhält. Dieser ist von dem Besuch nicht begeistert und froh, als sie bald wieder abziehen. Weshalb kommen sie ausgerechnet zu ihm?

Agni, ein junges Sami-Mädchen, hat sich mit ihrer Tante Agneta auf den Weg gemacht, um ihren Verlobten, den Landvogt, zu besuchen. Die beiden legen vor der Hütte des Schamanen eine Rast ein. Die Strapazen der Reisen werden der alten Dame fast zu viel und sie schimpft auf die verwünschten ewig kläffenden Hunde, von denen sie sich bedrängt fühlt. Es kommt Agni vor, als ob sie diesen Platz im Traum schon einmal gesehen hat. Sie erkennt auch die Steinskulptur wieder und den Hof mit den aufgehängten Fischernetzen auch. Offenbar ist das Kind in Gedanken nicht mit ihrem Verlobten beschäftigt, sondern als sie das steinerne Bild berührte, kam es ihr vor, als ob sich die Skulptur in ein fesches Mannsbild verwandle. Gott sei Dank, dass es sich nicht in einen Wolf oder ein Scheusal der Hölle verwandelt hat, lästert die Tante. Nein, stolz und mutig sah der Jüngling in seinem Wams aus. Sie würde ihn aus Tausenden wiedererkennen, wenn er tatsächlich ihren Weg kreuzte. Teures Kindchen, ein böser Zauber liegt in der Sache trotzdem verborgen.

Aslak kommt trällernd aus dem Hintergrund hervor und Agni bleibt die Spucke weg, denn es ist der Mann ihrer Träume. Er wendet sich an die Tante und fragt, ob sie Grenznachbarn seien. Des Vogts Braut ist wohl mit ihrer Mutter zu Besuch gekommen? Nein, sie sei die Tante. Agneta erkundigt sich, ob hier der Weg zum Kirchdorf vorbeiführt, denn sie brauchen noch einen Führer. Aslak bietet an, dass er gern zur Verfügung stehe. Das sei aber nett, bisher war der Weg recht beschwerlich, denn kläffende Lappenhunde versperrten ihnen immerzu den Weg. Bald ist die Mühsal zu Ende, denn man sieht am Horizont schon die Kirche von Keukono. Agni ist begeistert und möchte sie gern von innen sehen. Ob der Führer so nett sein wird, sie ihnen morgen zu zeigen?

Bevor der Tag sich verabschiedet kehren die Fanatiker in größerer Zahl zurück:

„Tag des Zornes, Tag des Hasses,
überall Entsetzen blasses,
großer Jammer wird dann sein,
stellet sich der Richter ein.
Alle scharf zu richten da.
Die Posaune des Himmels tönet.
Zu den Gräbern hin sie dröhnet.“

Wortführer der Rufer ist Sjaggo. Er predigt seinen Landsleuten, dass sie die Gerechten seien. Die Zeichen der Zeit werden es verkünden. Bald wandelt sich der Schwan und wird schwarz wie Kohle und das Kleid des Raben wird schneeweiß werden. Dem Rentier wächst ein neues Geweih. Das Wort wird sich erfüllen und die frommen Bücher können ins Feuer geworfen werden. Ein Feuer flammt auf und die heiligen Schriften verwandeln sich zu Asche.

Aslak sieht seine Stunde gekommen, nachdem er den Rufern ein Weilchen gelauscht hat, um sie vor seinen eigenen Karren zu spannen.

Die frommen Samis sind allesamt Heilige und wir haben unsern eigenen Gott - einen anderen, als unsere Unterdrücker. „Richtig!“ kommt das Echo aus aller Mund. Aslak spinnt sein patriotisches Gedankengut weiter. Zum heiligen Bergwipfel wollen sie wallen und im Namen des eigenen Gottes einen Eid schwören: Wer sich gegen Gottgeweihte erhebt, sei verflucht - der Norweger sei des Todes!

Sjaggo hört die Stimme des Rufer in der Wüste, dass man dem Herrn den Weg bereiten und die Bahn eben machen soll. Die Zeit erfüllt sich. Halleluja! Die Rufer hört man aus der Ferne. Unna bezeichnet sie als fromme Heilige, die unter der Führung ihres Bruders feiern. Wenn er ihr Bruder ist, soll Unna ihr alles über ihn erzählen, bittet Agni. „Aslak Hetta, wie ein König ist er - König von Samiland.“ Stolz und tapfer ist der gewandte Rentiermann.

Sie kann in ihrer Erzählung nicht fortfahren, da Aslak Hetta sich zu ihnen setzt. Der weibliche Instinkt signalisiert Unna, dass ihr in Agni eine Rivalin droht und sie entfernt sich. Aslak erzählt noch ein bisschen über seine vaterländischen Träume und Agni folgt seinen Ausführungen freudigen Herzens.

Lanni kniet draußen vor seiner Steinsäule und spricht Beschwörungsformeln: „Madderaka, Sarakka, lololô, juoksakka, Usakka, nananaa.“

2. Akt:

Als Jungknecht ist es Kadja-Joussas Aufgabe, die Schuhe seines Herrn zu wichsen, ist aber nicht ganz bei der Sache. Er hat Kieselsteine auf den Boden gelegt und versucht mittels eines Auszählspiels zu ergründen, ob Lemehas-Inga ihn liebt, ohne indes auf die Schnelle zu einem günstigen Resultat zu kommen. „Üchten, tächten, sütten, pätten, nipin, näpin, sukun, lukun.“

Er hört Agnis Stimme hinter der Bühne „Atlas Hetta - lalala“. Ungezogen, wie er ist, entrüstet er sich und äfft sie nach. „Sieh einer an, was die Jungfer singt und das gar an ihrem hellen Verlobungstag.“ Aslak Hetta hat sie und ihre Tante hergebracht. Hat man nicht den Bock zum Ziergärtner gemacht? Mit seinen Betrachtungen muss Kadja-Joussa aufhören. Die kräftige Wirtschafterin zieht ihn mit samt den zu putzenden Schuhen ins Haus, denn es kommt Besuch und dieser muss nicht alles mitbekommen.

Der Pfarrer Lyckselius und der Kaufmann Ruth sind mit ihren Gattinnen gekommen. Der Landvogt Bucht heißt sie herzlich willkommen. Man wechselt dumme Sprüche: Ist es also wahr. Die Besucher wünschen ihm von Herzen Glück, Freude und Liebe in guten und bösen Stunden! Besser, man ist spät dran, als nimmermehr! Der Hausherr geleitet die Gäste ins Haus und der Begrüßungstrunk wird kredenzt. Lyckselius bemüht sich, geistreich zu sein: „Ein Mann ohne Weib gleicht dem Tag ohne Sonnenschein.“ „Der Wolf nimmt auch mit einem alten Hund vorlieb, fügt Ruth an. Ein alter Bräutigam ist der Landvogt nicht. So jung und forsch wie heute, dürfte er wohl nie gewesen sein. Und jung ist die Braut wohl auch. Die Braut, das reine Kind! Und schön und stattlich - ein Teufelsweib! Hé-hé, hé-hé - prosit, prosit. Prosit, ihr Brüder prosit.

„Nun singt das Lied, die Geige lacht
und Jugend dreht sich im Reigen.
Die Zeit hier Liebe, Jubel bracht'
und alle sorglos sich zeigen.“

Der Stimme frohes Schallen, es möge weithin hallen; heija, stets soll das Glück Euch begleiten. Der Landvogt dankt den Leuten für ihren Glückwunsch und lädt alle ein, bei dem Verlobungsschmaus anwesend sein, um mit dem Tanz zu Ehren des Tages zu beginnen.

Der Landvogt erzählt von einem neuen Gesetz, das ein Beamter unbeweibt nicht länger durch die Landschaft wandern darf. Ohne Strümpfe und ohne Hemd am Leibe gibt es kein passendes Zuhause, ein Junggeselle in Lappland, himmlischer Vater, das sei unmöglich. Dann auf Dein Wohl, Bruder, prosit.

Ruth ist aufgewacht: Jan wahrhaftig! Wo ist die Braut? Die Braut heraus. Alle rufen nach der Braut!

Einige junge Leute mit unterwürfigem Benehmen wollen die Gelegenheit wahrnehmen, um den Landvogt zu sprechen. Was gibt es? Klageführen über einen Rentierdiebstahl? - Ein anderes Mal! Keine Ruhe hat man vor diesen Schlingeln! Die Peitsche muss man selbst am Feiertag schwingen.

Über Bucht und Lyckselius werden Spottgedichte vorgetragen: „Hans vom aalglatten Krämergeschlecht, Du schlauer geiziger Satansknecht! ...“ „Himmel und Hölle, der Pfaffe poltert, im Fegefeuer wirst Du gefoltert...“

Die Betrunkenen gröhlen weiter, während auf der Bühne der Besentanz beginnt. Jedes Mädchen bringt im Gürtel ein Besenreis mit.

Agni spürt, wie ihre Gefühle für den Vogt verblassen, und bittet Aslak, sie möglichst weit fort von ihrem Verlobten zu bringen. Vor Freude hört man Kautokeinos Berge hallen, jetzt heißt es, vom Abend bis morgen früh sich freuen. Agni sagt, dass sie zur Freude keinen Grund hat; er solle ihr helfen. Er will es gern tun, aber sie soll ihm sagen wie! Er versteht sie nicht. Sie möchte weg von hier nach Hause. Er möge sie bitte heimgeleiten. Sein Heim sei überall dort in den Tundren, wenn sie ihm dahin folgen möchte? Sie folgt ihm gern, nur fort von hier. Ob sie bei ihm bleiben möchte - er meint für immer, bei ihm im Samenlande.

„Singe du mein süßes Vögelein,
o schwinge zarte Blume, auf schwankendem Stengel!
Lass mich lauschen deinen liebsten Träumen,
halt verborgen nicht den Herzenskummer;
Leid wie Freude, alles mir verkünde.“

Achtung, Jetzt kommt das Liebesduett:

„Wenn vereint durchs Leben wir wandern,
goldner dann die Sonne wird glänzen,
silberner der Mond beginnt zu schimmern,
selbst der Stein wird heller sein,
Fels und Matte, alles schöner,
durch die Anmut zweier Silbermöwen,
zweier Heidelerchen Liebligkeit.“

Er solle hören: als die ihn das erste Mal sah, war es ihr leicht ums Herz; für Agni war er für sie Lapplands König. Das ist auch das Gaukelspiel seines Geistes. Schon seit Jahren erregen ihn Träume vom freien Samiland. Sehr nahe ist der Tag, dass für das Samiland ein neuer Morgen kommt. Und wenn die Herren am Boden liegen, dann beginnt für sie eine neue Zeit. Der Erde entsteigt ein schönes stolzes Haus, zweimal so hoch wird es, wie das des Landvogts.

Doch muss zur Tat schnell geschritten werden, noch ehe die Truppen der Soldaten zum Herbstmanöver hier ankommen. Schon diese Nacht werden seine Leute das Haus umzingeln und unsere Freunde festnehmen. So lodert weiter des Krieges Fackel bis du endlich frei bist in deinem Samiland. Zwar sind die Rüstungen unvollkommen und das Wetter ist ungünstig, aber sie können nicht länger zögern.

Aslak deckt sein Vorhaben auf. Er will einen Aufstand entfachen und sein Land von den Unterdrückern befreien. Barmherziger Vater! Es gibt also wirklich Krieg? Was mangelt, ersetze der Männer Eifer. Doch Agni muss sich gleich fortbewegen. Sie kann ihre Hüterin Tante Agneta nicht einfach so im Stich lassen. Wie die eigene Mutter, war sie ihr stets. O nein, jetzt wird nicht mehr gezögert. Agni bittet, ihr nur ein Weilchen zu gönnen, noch einmal möchte sie die Tante sehen, bevor es zum Kampf kommt. Aslak wendet ein, dass es ein schwerer Kampf für ihn werden wird. Ein Weilchen nur, danach niemals wieder, bittet Agni und dann wird sie ihn niemals mehr verlassen. Die Zeit ist kostbar, so gehe. Lebe wohl!

Agneta hat das gute Kind schon überall gesucht, denn die Gäste fragen nach ihr. Was sollen diese dann von ihrem Bräutigam denken, wenn sie sich unsichtbar macht? Sie bittet die Tante inständig, sie fort zu lassen. Es ist ihr unmöglich, hier zu bleiben. Sie soll bitte nicht weiter in sie dringen. Hilf Himmel, was hat ihren Sinn geändert? Sie war doch immer ihr braves folgsames Herzenskind. Ein böser Zauber ist es, der ihrem Kind Schaden bringt.

In der Ferne hört man Aslaks Gesang und Agni scheint ihm erneut zu verfallen. Agneta versucht Verständnis für ihre Gefühle aufzubringen. Natürlich ist es ein schöner Mann, der sie gestern führte, doch sein Land ist arm und mehr als leer; sein Volk ist klein, ungeschult und elend. Auf Erden hat man nicht den Mann der Wahl und vom Himmel bekommt man ihn erst recht nicht. Sie solle auf die hören! Das brave Kind soll sich beugen. Ein Weilchen kann sie ihr Gemüt ruhen lassen und dann soll sie die schmerzenden Gedanken abwerfen und sich den Gästen zugesellen. Es scheint, dass Agnis zu einem Entschluss kommen möchte. Doch aus der Ferne hört man von Neuem den lockenden Ruf Aslaks.

„Und dennoch, dennoch Aslak, Dir o Dir
will für mein Glück ich danken,
nicht länger werde ich zögern mehr
und zagen, wenn wieder mein Herz ich soll befragen.
Ach, Aslak Dir, um den sich Samis Hoffnungen jetzt ranken,
nur Dir ward meine Liebe.
Ich folge Dir. Mein Tod wär's, wenn ich bliebe.
So durch der Sorge dichten, grauen Schleier,
trifft wieder uns ein Sonnenstrahl, ein freier.“

Erneut hört man aus dem Hintergrund das Geschimpfe ungehobelter Gäste: „Hans, Du aalglatter Krämer, Du schlauer, geiziger Satansknecht! - Prügeln kann der Amund“ und als Paffe wird der Kirchenherr beschimpft. Sjaggo und ein paar andere Rufer werden gesichtet, um zu spionieren. Sie hören Aslaks Melodie und machen drohende Bewegungen.

„Der Pfaff wäre für die Himmelshochzeit recht,
der selbst beim Messesingen sich bezecht.
Doch uns bedeutet es, den Anbruch neuer Zeiten,
lasst uns daran denken, wenn wir siegreich streiten,
nicht nur der Pfaff, die Seher auch dann sterben.
Die Führung nur des Herrn Erwählte erben.“

Agni bemerkt die Leute und hört die unheilvolle Absicht aus den Worten Sjaggos heraus. Sie versteht jetzt den Traum, den sie hatte. Gefahr und Tod droht auch Aslak. Sie will ihn bewegen, seinen Plan aufzuschieben. Einem Machtwort Aslaks beugt sich alles, schon bald werden die Norweger in Kautokeino sein. Im Moment ist es besser, das Leben seiner Männer für später zu sparen. Ein Handstreich nur bringt sicheren Sieg. Kadja-Joussa hat mit seinem Aufzählspiel ein günstiges Resultat erzielt. Gott ist versöhnt, sein wird nun Inga.

Agni berät sich mit ihrer Tante und fragt Kadja-Joussa unvermittelt, ob er vielleicht ein Pferd hat. Der Angesprochene bestätigt, er habe sogar zwei! Sie gibt ihm etwas Geld und schickt ihn mit einer Botschaft nach Alten-Fjord zum norwegischen Militär. Er solle sich beeilen und dem Hauptmann die Botschaft bringen.

Inzwischen machen die Rufer Anstalten, das Haus des Landvogts anzuzünden. Lanni ist zur Stelle und wehrt ihnen. Auch Aslak kommt hinzu und versucht die Fanatiker zurückzudrängen. Sjaggo feuert seine Rufer an, das Haus in Brand zu setzen.

Aslak versucht vergeblich die wilden Horden zurückzuhalten. „Fort, fort, dem Norweger gebt Frieden!“ Auch Lanni ruft: „Zurück ihr Brüder, zurück;“ Aslak betet: „O Saivoväter, kommt und helft dem Samivolke.“

Lanni vermag nicht mit seinen Leuten dem wilden Ansturm der Rufer Widerstand zu leisten. Mit dem zu ihnen gestoßenen anderen Volk stürzen sie gegen das Haus und nehmen die nichts Böses ahnenden Norweger gefangen. Zuerst werden die gefangenen Frauen, dann der Kaufmann und der Pfarrer, unter starkem Jubel wird der Landvogt vorgeführt. Alle sind mit Stricken gebunden und mit Spottliedern bedacht, während die Rufer ihre Choräle singen:

„Ich will, o Herr, im Schutze Dein
dem Feind entgegenschreiten,
behüte Du die Seele mein,
den Tod will ich gern leiden.
O Herr führe mich,
in Gnaden stärke mich,
Du hilfst uns sicherlich“

Die Flammen beginnen aus den Fenstern des Hauses zu schlagen. Das Gebäude wird ein Raub der Flammen.

3. Akt:

Der Seher Nalta Lanni hat das Bedürfnis Kontakt zu seinen Vorfahren aufzunehmen. Seine Anhänger hat er am Lagerfeuer vor der Kirche von Kautokeino um sich versammelt, bevor er sich in Trance versetzt, um die Ahnen zu befragen, wie er sich verhalten soll. Seine Tochter Unna und die übrigen warten nun geduldig, bis er aufwacht und lebhaft wird. Er soll endlich zum Leben erwachen, das Schattenreich hinter sich lassen und künden, was die Ahnen ihm geraten haben. Aslak ist ebenfalls begierig zu erfahren, wie die Aussichten sind. Seine Anhänger trommeln fleißig und mit vereinten Kräften hilft man dem Alten auf die Beine. Nein, von den Toten ihres Stammes sind sie nicht vergessen worden. Machtvoll und gewaltig, groß und herrlich lebt das Volk im Jenseits. Schwere Zeiten sind ihnen beschieden und die Ahnen raten, kein Blut zu vergießen. Die Saivoväter haben es ihm zum Abschied zugerufen: „Vergießt kein Blut!“ Aslak stimmt zu, das man den Willen der Ahnen ehren muss und es ratsam ist, den Freiheitskampf noch aufzuschieben.

Agni kommt in Lappentracht und wird von Unna begleitet. Gefangen sind die Norweger noch immer und die Wärter sitzen dort und schlafen fest. Ein Rufer hinter der Bühne lässt sich vernehmen, dass aus der Wüste sich eine Stimme meldet: „Dem Herrn muss der Weg bereitet und die Bahn geebnet werden. Sind alle fertig?“ Unna rät zu warten, bis der dritte Abendruf erklungen ist, danach sind alle zur Ruhe gegangen. Agni ist erschöpft und müde, denn Trauer drückt sie nieder. Sie fühlt sich ruhelos wie ein Kind,
das Unrecht getan hat. Agni soll das Lied von der Sonnentochter singen, damit sich Frieden in ihre Brust legt, bittet Unna. Joussa hat Botschaft gebracht, dass die Truppen das Herbstmanöver früher beginnen, als geplant. Aber Agneta wirft ein, dass auch ihn das Unheil treffen wird, falls sie den Norwegern Botschaft gesandt hat. Aber er ist doch unschuldig! Agneta erklärt, dass man mutmaßen wird, dass er die Führung hatte, als der Brand gelegt wurde und als Führer der Aktion hat er für alles einzustehen. Agneta bleibt bei ihrer Meinung, dass man ihm die Verantwortung zuschiebt; unter Umständen kann es sein Leben kosten. Man könnte die Freveltat abmildern, wenn die Gefangenen schon befreit sind, wenn die Norweger kommen. Wenn man erklärt, dass es auf Aslaks Wunsch geschah, kann man ihn auch nicht bezichtigen. Wird er es billigen, wenn Agni sein Schicksal so lenkt? Doch wer könnte das erreichen, ihn zu beugen. Doch Aslak wird ihr Handeln entschuldigen, weil sie es nur für ihn tat. Dann soll sie sich beeilen, die Gefangenen zu befreien, die Feinde sind bald da. Agni geht entschlossen zur Tür, hinter welcher die Norweger gefangen sind, hebt den Querbalken und tritt ein.

„Halt! Meine Schöne, halt, was sehe ich, ihr öffnet die Riegel in der Zeit, als die Wächter eingenickt waren?“ Aslak schließt die Tür des Gefangenenraums ab und weckt die Wächter mit Fußtritten. Sie sollen ruhig schlafen bis die Fremden mit der Peitsche kommen und sie wecken. Und jetzt wird das Mädchen ihm sein Tun wohl erklären. Agni versteht seinen Zorn, doch er möge die Beweggründe bitte begreifen. Ach, der Bräutigam hinter der Tür hat sie wohl gerufen? Er soll ihrer nicht grausam spotten, ob ihr Handeln recht oder falsch war - sie tat es nur für ihn!

„Schau, schau, dem Faden nach kommt man zum Knäuel. Ha-haa, nur meinetwegen hobst den Riegel Du, Ha haha haa, Ah. Du schönes Traumbild mein, Du warst für mich ein Hemmnis. Falle, lüge nur! Dick wird das Blut mir. Dunkel der Blick.“ Aslak gerät in immer größere Raserei. Er will Agni auf der Stelle umbringen. Sie fleht, dass er ihr Gehör schenken möge, doch er will sie nicht mehr hören. Die Herren bedauert sie und ihn, den Unterdrückten, stößt Agni heftig von sich. Aslak geht weg.

Unna kommt und findet Agni, auf den Boden gesunken, vor. Sie hilft ihrer Freundin erschrocken und teilnahmsvoll wieder auf die Beine.

Nalta Lanni und Nilla Sjaggo müssen sich den Kirchenraum teilen. Der erste schleppt seine Zaubertrommel und seine Steinsäule an, dagegen haben die Rufer unter Nilla Sjaggo ihre eigenen Choräle, aber die Sehnsucht nach Befreiung vom Joch der Norweger ist auf beiden Seiten gleich und die Kirchenglocken bimmeln für alle.

„Unter düsterer Himmelshalle
knien wir vor dem Schöpfer alle.
Lob und Preis die Sami-Kinder singen.
Lass zu deinen Ohren es gnädig dringen.“

Wissen die Männer noch, was sie auf dem heiligen Berg geschworen haben? Tod den Feinden und Unterdrückern. Vergießt kein Blut, mahnt Lanni, getreu dem, was er bei seinen Vorvätern erkundet hat. Sjaggo fühlt sich daran jedoch nicht länger gebunden und will losschlagen. Aslak hält ängstlich Ausschau, ob das Militär noch nicht kommt. Er hat ein blutrotes Gewand angezogen und hält sich neben Lanni auf.

Agni rät mit dem Opfer der Gefangenen noch zu warten bis des Sonnengottes Auge am Höchsten steht. Dabei lugt sie immer, ob die norwegischen Soldaten noch nicht kommen. Die Schreihälse sollen doch mit einem Opferlied die Zeit verkürzen. Dazu wird, unter groben Verrenkungen der Arme und Beine, getanzt.

„Höllenrabe, Satansvogel,
Teufelsfratze, Höllenuntier,
Sohn der tiefsten Finsternisse,
Ausgeburt der schwarzen Hölle,
gib dem Stahl jetzt seine volle Wirkung,
und Kraft verleihe‘ dem Eisen.
Stoß zu, dass Blut in Strömen fließe.
Lasse den Lebenssaft schäumend nun sprudeln.

Lo-lo, lo lo lo -
raaku raaku, Raa uh!

Teufel führe, lenke das Steuer,
Satan zücke gewaltig den Stahl.
Meister der Hölle, leite die Hände,
Beelzebub, helfe, stehe uns bei,
dass die Axt auch sicher treffe,
dass der Stahl das Fleisch durchschneidet,
zischend in die Adern fahre,
krachend auf die Knochen pralle.“

Ein Rufer lässt sich hinter der Bühne vernehmen, dass die Stimme aus der Wüste vernommen wird, um dem Herrn den Weg zu bereiten und ihm die Bahn frei gemacht werden soll. Seid bereit, erfüllt ist die Zeit. Arme Seel' nun stehst Du vor Gerichte, all Dein Tun macht Gott zunichte.

Die Hinrichtung der Gefangenen steht unmittelbar bevor. Vorgesehen ist ein Ritualmord. Jeder der Opferpriester hat eine Axt und ein Messer in der Hand. Sjaggo hat heimtückisch vorgesehen, Lanni und Aslak durch seine Leute ebenfalls umzubringen. Doch sie können ihre Tat nicht mehr ausführen, da in diesem Moment die Norweger kommen.

Treu seinem König dientet stets der Soldat. Hurra, Fluch den Verrätern! Kriegsvolk ist gekommen. Waffen blinken und schimmern. Was ist zu tun? Wo ist Aslak?

Sjaggo nimmt die Haltung ein, dass ihnen nichts passieren kann, denn sie sind die Frommen und Gerechten. Also, den Kriegern entgegen treten! Aslak sieht seine Zeit, gegen die Unterdrücker loszuschlagen, für gekommen. Das Zaudern ist vorüber. Zum Kampf ruft sie das Samiland. Doch was ist zu machen. Die meisten Männer sind ohne Waffen. Die Männer fliehen und fühlen sich verraten. Aslak soll befehlen.

Dieser knöpft sich Agni vor. Hat ihre Mutter ihre Hände mit ihm Spiel? Er hat sie mit ihr flüstern gesehen. War es der Mutter Wille? Agni antwortet nicht! Zunächst wird Aslak zornig, aber dann wird er nachdenklich und gesteht: Du bist unschuldig, denn gewiss hat sie es seinetwegen getan, weil sie den Gefangenen die Freiheit geben wollte, um die Rache der Norweger abzuwenden. Ihre Absicht hatte er zunächst falsch verstanden.

Die Rufer haben den gleichen Verdacht und drängen Agni, dass sie Schuldige verraten soll, wenn sie es nicht war, damit sie diese bestrafen können. Aslak nährt sich in sinnlosem Schmerz, dass sein Mädchen die Soldaten auf sie angesetzt haben könnte. Sie soll nur ein einziges Wörtchen sagen, dass sie es nicht gewesen ist.

Das Gefecht zwischen Norwegern und Bevölkerung nähert sich dem Ende. Die Lappen ziehen sich zurück, und sind teilweise schwer verwundet. Sein schönster Tag ist in Nichts zerronnen. Die Nacht kam eilends, wie kurz sie war. Erwarten kann er nichts, gar nichts mehr. Still mögen die Gefährten bleiben nur. Das Schlimmste ist geschehen. Die Falsche, die er liebte, hat ihn getäuscht. Aber Agni will sich bessern und als Amazone am Kampf teilnehmen und feuert die Leute an:

„Jetzt Sami auf! Tyrann herbe!
Schon kam der Tag, dein Haupt erhebe!
Mann gegen Mann gestritten,
das Volk, das viel gelitten,
wird Herrscher jetzt in Heim und Haus.
Zum Kampf ruft uns das Samiland.

Sie stürzt entzückt nach vorn und reißt die Waffe an sich, um ein anfeuerndes Beispiel zu geben. Die sich nähernden Soldaten wird sie angreifen. Eine Kugel trifft sie und Agni sinkt zu Boden.

Ein Offizier warnt: Die Leute sollen die Waffen niederhalten. Wer es wagt, Widerstand zu leisten, wird ohne Gnade erschossen. Sie sollen die Gewehre und Munition sofort zur Sammelstelle bringen. Als er den Namen des Anführers wissen will, zeigen einige auf Sjaggo, der aber erschrocken flüchten will.

Aslak tritt vor und präsentiert sich als Führer.

„Es hält nicht stand, was rohe Macht geschürt.
Sie weiß nicht aufzubauen, nur zu verderben.
Und Freveltat zu blutigem Tode führt,
für das Verbrechen Dein musst Du sterben.“

Der Offizier gibt eine schlüssige Erklärung ab.

Lanni hat auch mahnende Worte zur Hand. Nun sieht Aslak, weil er dem heiligen Willen der Toten nicht nachgekommen ist, müssen sie weiter im Joch leben. Aslak sieht endlich klar, dass ein Sami erst frei wird, wenn er im Jenseits im Schoß der Unterwelt gelandet ist.

Soldaten haben Aslak die Hände auf den Rücken gebunden. Und sich in einer Reihe vor ihm aufgestellt. Ein Trommelwirbel setzt sich in Bewegung und die Gewehre legen an. Die Salve kracht! Agni kann sich so schnell vom Leben auch nicht trennen. Sie robbt vor und bricht zuerst einmal über dem Leichnam des Geliebten zünftig zusammen.


Letzte Änderung am 5.4.2015
Beitrag von Engelbert Hellen