Johann Adolph Hasse (1699-1783):

Cleofide

deutsch Cleophis

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1731
Uraufführung: 13. September 1731 in Dresden
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Verlag: Stuttgart: Carus Verlag, 2006

Zur Oper

Art: Oper in drei Akten
Libretto: Michelangelo Boccardi in Anlehnung an das Libretto der Oper „Alessandro nell'Indie“ von Pietro Metastasio
Sprache: italienisch
Ort: Indien (heute Pakistan)
Zeit: 326 v. Chr.

Personen der Handlung

Poro / Poros: König eines Reiches auf dem indischen Subkontinent
Cleofide / Cleophis: Königliche Nachbarin des Poro, seine treue Geliebte
Erissena / Eryxene: Schwester des Poro
Alessandro / Alexander: Eroberer der damaligen Welt
Gandarte / Gandartes: General der Armee des Poro
Timagene / Timagenes: General in der Armee Alexanders
Asbyte / Hasbytes: der verkleidete Poro

Handlung

1. Akt:

SCHLACHTFELD AM UFER DES HYDASPES

Die Feiglinge sollen bleiben! Mit der Flucht erkauft man sich nur schmählich das Leben. Nur weil Alessandro auch im Himmel gefürchtet ist, stellen die Götter sich gegen ihn. Das lässt Poro sich nicht gefallen. Er wird Alessandro um den ehrenvollen Sieg bringen und sich selbst töten. Doch Cleofide, seine Geliebte, der eine andere Ecke von Indien gehört, fällt ihm in den Arm. Welcher rasende Zorneswahn raubt dem Geliebten die Sinne? Ist es wirklich so schlimm, gegen den herrlichen Alessandro eine Schlacht zu verlieren? Wozu soll Poro noch leben? Als freier Mann will er sterben. Kommt Cleofide etwa, um ihn zu höhnen, wie das so ihre Art ist? Missgönnt sie ihm sein Heldenschicksal? Cleofide versucht zu besänftigen - ein schwieriges Unterfangen. Der Grausame soll einhalten und ihrem Unglück nicht noch ein weiteres hinzufügen. Sie soll ihn nicht länger beleidigen. In seinem Schmerz möchte er allein sein. Vergebens stellt sie sich ihm in den Weg. An Gelegenheiten, sich zu töten, fehlt es dem Verzweifelten nie. Der Liebste soll sich doch endlich beruhigen und ihre leidenschaftlichen Empfindungen für ihn respektieren. Er ist ihr Ein und Alles. Was bleibt ihr noch zu hoffen, wenn der elende Tod sie trennen würde? Reicht ihr Alessandro etwa nicht? Ein Sieger hat mehr Chancen als ein Verlierer. Die Treulose soll leben für die Liebe. Wie ungerecht seine Vorwürfe sind. Der Angebetete möge sein Herz von diesem Argwohn befreien. Genügen ihm nicht die vielen Beweise, die sie ihm als treue Geliebte gab? Für eine Geliebte hält er sie sehr wohl. Treulos ist sie dem heldenhaften Poro, und Alessandro ist der Erwählte. Der Schatz täuscht sich, Amor weiß es und der Himmel auch. Die Schwüre einer undankbaren Frau hört der Himmel sich erst gar nicht an. Die Treulose soll ihn in Ruhe lassen und verschwinden.

Gandarte rät zur schleunigen Flucht. Alessandros Heer kommt näher. Der General hat eine Idee: Den Gegner muss man täuschen. Der Getreue reicht ihm seinen Helm zum Tausch gegen die kostbare Kopfbedeckung Poros. Das ruhmreiche Haupt des Vasallen soll seine Krone vorübergehend umfangen, ihm Ruhm bringen und das Unglück fernhalten, welches ihm selbst zuteil wurde. Unerschrocken und tapfer wird der treue Diener seinem Schicksal begegnen.

Poro erhält Besuch von Timagene und Alessandro. Die unbarmherzige Fortuna versucht vergebens, den Mut von König Poro zu schwächen. Timagene verlangt von dem Unerkannten, dass er ihm den nutzlosen Stahl aushändige. Poro wird von den Mazedoniern entwaffnet. Seinen Schmerz klagt er den treulosen Sternen, die es zulassen, dass Poro sich von seinem Schwert trennen muss. Alessandro befielt, die versprengten Inder einzusammeln und ihren Siegeswillen zu brechen. Von Poro will er wissen, wer er sei. Dieser stellt sich als Asbyte vor, und am Ganges erblickte er das Licht der Welt. Sein Stand sei unbedeutend, er gehöre zu Poros Leuten und Alessandro sei sein Feind. Was hat Alessandro ihm getan? Das, was Alessandro dem ganzen Land angetan hat. Welches Ziel treibt ihn in die Länder des Orients? Er zerstört den Frieden! Alle Welt hat er bereits zur Tributzahlung verpflichtet. Seinem Durst sei das wohl noch zu wenig. Alessandro dementiert! Um seinen Triumph zu krönen, sei er lediglich auf der Suche nach einem ebenbürtigen Rivalen, der es mit ihm aufnimmt. Vielleicht wird er ihn in Poro finden. Welche Gefühle haben seine Siege in ihm geweckt? Neid, keine Furcht! Hat ihn seine Niederlage noch nicht entmutigt? Im Gegenteil, er schwört, den Locken des Siegers den Lorbeer zu rauben und am Altar der Götter zu verbrennen. Alessandro wundert sich, dass es in Indien derart große Helden gibt. Eine Wiege in Mazedonien wäre ihrer würdig gewesen. Glaubt Alessandro etwa, dass der Himmel nur in Mazedonien Helden gedeihen lässt? Auch der Hydaspes hat seinen Alessandro. Poro darf sich glücklich schätzen, derart hochgemute Untertanen zu haben. Als freier Mann kann er zu seinem König zurückkehren und ihm ausrichten, dass es Alessandro egal sei, ob er sich vom Schicksal oder durch ihn als besiegt erkläre. Unterwirft er sich, soll der alte Friede in die Länder des Orients zurückkehren. Als Botschafter für derartige Nachrichten sei er völlig ungeeignet. Alessandro ist von Poros gewandtem Auftritt beeindruckt und befiehlt, ihn freizulassen. Damit seine Lende wieder das notwenige Gewicht bekommt, macht er ihm ein kostbares Geschenk. Er übergibt ihm das Schwert, welches er von Darius erbeutet hat. Alessandro mahnt: Wenn er es zieht, möge er immer an den denken, der es ihm gab. Jetzt wird der Beschenkte auch noch frech. Gern nimmt er das Geschenk an, aber Alessandro soll sich wundern, wie geschickt er es nutzen wird, ihm zu schaden.

Bald, nachdem Poro gegangen ist, führt Timagene die in Ketten gelegte Schwester herein. Zwei aufmüpfige Inder haben Erissena entführt und wollen sich mit der Gefangenen bei Alessandro einschmeicheln. Geschenke dieser Art liebt Alessandro nicht. Die Prinzessin soll ihre Tränen trocknen, Alessandro wird ihre Schönheit nicht schänden, sondern sie in Ehren zu ihrem Bruder zurück geleiten lassen. Timagene, der sich sofort verliebt hat, möchte sie in seiner Nähe wissen und rät, sie als Sklavin zu behalten. Doch Alessandro ist nicht an den Ganges gekommen, um junge Mädchen zu bezwingen. Erissena würde auch gern bleiben, denn sie hat sich in Alessandro vergafft. Kommende Konflikte sind vorprogrammiert. Lorbeeren möchte Alessandro erringen und nicht zugeschoben bekommen. Die beiden Schurken sollen der Bestrafung zugeführt werden. Erissena weint, weil sie nicht als griechisches Mädchen geboren wurde. Timagene wagt Annäherungsversuche, die zunächst scheinbar akzeptiert werden, dann aber auf schroffe Abweisung stoßen. Auch wenn er Grieche sei, hat er doch nicht das edle Antlitz von Alessandro. Erissena ist ein Biest!

In Timagene wächst der Hass auf Alessandro, und er sieht in ihm den Rivalen. Das ist aber nicht der einzige Grund, weshalb der General plant, ihn zu verraten. Sein Vater Cleitos war der Freund Alessandros, der aber aus Unbedachtsamkeit im Alkoholrausch von diesem erstochen wurde. Timagene plant, sich mit Poro zu verbrüdern. Er wäscht seine Hände in Opferblut und bestreicht damit sein Schwert.

PALMEN- UND ZYPRESSENHAIN MIT BACCHUS-TEMPEL

Poros Zeitvertreib besteht hauptsächlich darin, sich mit seiner Geliebten zu streiten. Zynisch erklärt er, der Überbringer freudiger Nachrichten zu sein. Das Schicksal hat sich endgültig für Alessandro entschieden und ihm bleibt nichts als Heldenmut. Ob das die Freudenbotschaft sei, will Cleofide wissen. Für sie könnte er sich keine schönere Botschaft vorstellen. Schon bald wird Alessandro kommen und ihr des bezwungenen Orients Beute zu Füßen legen. Ganz Indien weiß, wie sie ihn angebetet hat, als er kam, die fremden Fahnen am Hydaspes zu entrollen. Ihre Schönheit habe es verstanden, Alessandro ihren Willen aufzuzwingen. Cleofide verteidigt sich. Sie liebt Alessandro nicht, doch das Unheil der anderen lehrt sie, seinem Kampfesmut mit harmlosen Schmeicheleien zu begegnen. Es sind die gar nicht so unwirksamen Waffen ihres Geschlechts. Der Geliebte soll endlich seine Eifersucht begraben. Die Situation erfordert es, konstruktiven Überlegungen den Vorrang einzuräumen. Was erwartet Cleofide eigentlich? Soll Poro etwa dem Sieger demütig zu Füßen fallen. Soll ihre Hand der Preis für den Frieden sein und er der Überbringer dieses Angebotes? Soll er mit ansehen müssen, wie sie in Alessandros Armen liegt? Sie soll ihre Absicht ruhig erklären. Er wird stillhalten. Cleofide ist restlos genervt. Wird dieser ewige Argwohn eines eifersüchtigen Herzens nie ein Ende haben? Der Liebste soll ihr doch vertrauen! Alessandro vertraut ihr auch. Aber wer wird am Ende der Betrogene sein? Hat der Undankbare etwa noch zu wenig Beweise ihrer Treue erhalten? Als Asiens Bezwinger am Ganges auftauchte, war seine Gefahr ihre erste Sorge. All ihre Schmeichelkünste hat sie aufgeboten, um seinen Vormarsch aufzuhalten. Doch ihre Ratschläge hat er nicht befolgt und den Gegner zum Kampf herausgefordert. Als er verlor, bot sie ihm ihr Land als Asyl. Ein zweites Mal hat er sein Kriegsglück verpasst. Sie gab ihm Waffen und verlor dadurch Alessandros Freundschaft. Ihre Schmeichelmanöver waren in den Sand gesetzt. Das Blut ihrer Untertanen wurde vergossen und sie verlor die Souveränität über ihr Reich. Das alles genügt Poro nicht. Sie hält es nicht länger aus und wird sich die gemeinen Beleidigungen nicht mehr gefallen lassen. Sie wird ihn verlassen, in den Bergen und Wäldern umherschweifen und den Tod suchen, damit ihre Qualen endlich ein Ende finden. Poros Liebe sei schlimmer als Hass. Jetzt ist es an Poro einzulenken. Er schwört, ihre Treue nie mehr anzuzweifeln. Das hat er schon tausendmal versprochen und ist dann wieder ins Wanken gekommen.

Erissena erscheint und berichtet vom Großmut des Siegers. Ein Schurkenstreich der eigenen Leute hatte sie in Feindeshand gegeben. Der Edelmut des Siegers hat es ihr angetan, und seiner Stimme Klang haftet ihr noch im Ohr. Die Schönheit seiner Seele schimmert aus seinem Blick. Poro kommen Auskünfte dieser Art sehr ungelegen, doch Cleofide fängt sofort Feuer. Die Boten, die Erissena zurückgebracht haben, sollen Alessandro ausrichten, dass Cleofide seine Tapferkeit bewundert. Die Königin wird eilen, um sich mit ihren Truppen ihm zu Füßen zu werfen.

Was hört Poro aus dem Munde der Geliebten? Er kann es nicht fassen und fürchtet, wahnsinnig zu werden. Dieser falschen Schlange hat er geschworen, von seiner Eifersucht abzulassen? Und nun erkennt er, was in ihrem Herzen vorgeht! Zur Verwunderung bestehe kein Grund, und was Indien dazu sagen werde, sei ihre Sache. Poro soll sein Vertrauen aufrecht erhalten, denn wie könnte Cleofide so etwas Schönes wie Poros Vertrauen enttäuschen. Wenn er ihre Reaktion nicht versteht, läge das in der Natur der Sache.

Was meint Erissena? Kann Poro der Geliebten noch trauen oder muss er fürchten, von ihr hintergangen zu werden. Wie dumm sind doch Verliebte in ihrer Eifersucht. Nun, die Königin geht ins feindliche Lager, um Alessandro zu besuchen, und er sitzt hier und leidet bittere Qualen. Schmeichel- und Koseworte wird sie ihm zuflüstern. Aber Cleofide spielt Alessandro doch nur etwas vor. Spielerisch fängt es an und oftmals ist es zur echten Liebe nur ein kurzer Weg. Das ist wahr, nun hat Poro Erissena auch noch eifersüchtig gemacht.

Wohin will der König eilen?, fragt Gandarte. Ins feindliche Lager, um zu hören, was die Königin verhandelt. Das ist aber nicht empfehlenswert, denn man hält Gandarte mit der Krone auf dem Kopf für Poro. Er habe mit Timagene verhandelt und den Rachsüchtigen auf seine Seite gezogen. Auf ihn darf man große Hoffnungen setzen. Seine Sorge ist nicht Timagenes Rache am griechischen Heerführer, sondern wie schamlos Cleofide sich aufführen wird. Er hat geschworen, ihr zu vertrauen, aber immer wieder wird er rückfällig.

Gandarte erklärt der Prinzessin, dass es eine übergroße Freude für ihn sei, sie befreit zu sehen. Sie fragt ihn, ob es ihm jemals gelungen sei, einen Blick auf Alessandro zu werfen, wenn er am anderen Ufer promeniert. Sein Antlitz strahlt von ungewöhnlicher Schönheit. Gandarte befürchtet, dass Alessandro ihr gefällt. Sie soll sich daran erinnern, dass ihr königlicher Bruder seit langem ihre Hand ihm versprochen habe. Sie soll die Gefühle, die sie ihm schuldet ungerechterweise bitte nicht einem anderen schenken. Soll sie etwa die übrige Welt deshalb hassen, weil sie ihre Gefühle bei ihm platziert hat? Ein seltsames Ansinnen, welches ihr zu denken gibt. Strikte Treue sei heute nicht mehr modern, erklärt Erissena ihrem Verlobten. Wenn er sie wirklich liebe, möge er seinen Vorwitz zügeln, hoffen und dienen. Er soll ihr nicht befehlen, sondern sie gewähren lassen und schweigen. In Freiheit wird sie sich entscheiden.

KRIEGSZELT ALESSANDROS

Unbedacht verrät Alessandro seinem General das Geheimnis seines Herzens. Cleofide hat es erobert, aber niemand soll es wissen. Timagene ist der Ansicht, dass sie als Sklavin sein Eigentum sei und er kann ihre Liebe fordern. Amor soll den Sieg nicht davontragen und keinesfalls darf die Favorisierte seine Schwäche entdecken. Cleofide macht Alessandro ihre Aufwartung und erscheint mit Gefolge, welches Körbe mit Geschenken heranschleppt. Er soll die Kostbarkeiten nicht verschmähen, sieht er die Königin als Untertan, soll er die Leistungen als Tribut betrachten, andernfalls seien es Freundschaftsgeschenke. Doch nicht Unterwerfung fordert Alessandro, sondern Treue. Freundschaft muss man nicht bezahlen. Die Königin ist betrübt, dass er die kunstgewerblichen Gegenstände zurückweist. Noch weniger willkommen, so es scheint es ihr, sei sie selbst. Alessandro bestreitet und wirft ihr vor, dass die Königin sein Herz falsch beurteile.

Nun rückt Cleofide mit der Sprache heraus. Ihm persönlich wirft sie nichts vor, aber es sei kaum zu übersehen, dass die Städte und Fluren ihres Landes verwüstet wurden, und von dem Blut und den Tränen ihrer Untertanen sei der Hydaspes angeschwollen. Auf keinen Fall will sie glauben, dass Alessandro vom anderen Ende der Welt mit seinen kriegerischen Armeen angereist sei, um über eine friedfertige Frau zu triumphieren. Ihre Länder will sie nicht zurück haben und auf seine Gunst wagt sie nicht zu hoffen, dafür sei das Gefälle zwischen ihnen zu groß, doch sie fleht, nicht als Feindin betrachtet zu werden. Alessandro sagt, dass er annehmen muss, dass sie gegen ihn sei, weil sie seinem Feind Poros Asyl geboten hat. Ist es etwa ein Verbrechen, seinen Freunden in der Not beizustehen? Selbst, wenn es Sünde war, so erntet sie doch den Ruhm, den edlen Alessandro nachgeahmt zu haben. Warum schaut Alessandro sie nicht an und vermeidet die Begegnung mit ihren Augen?

Ein günstiger Zufall hilft Alessandro aus der Klemme, die Redeschlacht zu verlieren. Die Ankunft von Asbyte wird ihm gemeldet. Weiß Cleofide, was der Botschafter des Poro von ihm will? Sie befürchtet es, aber er solle es selbst vortragen. Es ist natürlich der verkleidete Poro selbst, den es in seinem Palast nicht gehalten hat. Cleofide in den Fängen Alessandros – ein unerträglicher Gedanke, aber er verhält sich artig und entschuldigt sich für sein unverhofftes Eindringen. Er hat zu berichten, dass Poro sich für unbesiegt erklärt. Cleofide mischt sich fürsorglich ein. Asbyte habe die Botschaft des Poro wahrscheinlich nicht richtig verstanden. Alessandro soll seine Schritte auf die andere Seite des Flusses lenken und ihn selbst befragen. So lernt er den Poro auch genauer kennen. Alessandro soll der Treulosen nicht trauen, sie sei das Lügen gewohnt. Den armen Poro hat sie um seine Liebe betrogen und der Mazedonier würde das nächste Opfer sein. Cleofide sagt, dass es ihr leichter fallen würde, den Poro zu lieben, aber immerzu findet sie ihn wortbrüchig vor. Deshalb verabscheue sie ihn, und all ihre Empfindungen gehören nun Alessandro. Diese Aussage treffe sie jetzt nur, weil Asbyte sie dazu treibe. Ihre Gefühle habe sie dem hehren Alessandro bisher verschwiegen. Solche süße Glut sei Alessandro nicht gewohnt und wenn er ablehnt, so liege es nicht an der Schönheit der Königin, auch nicht an ihrer Liebe, aber auch nicht an ihm. Um alles darf die Königin ihn bitten – ihr Freund und Beschützer will er gerne sein – aber sein Herz hält er unter Verschluss. Dieser eindeutige Bescheid gefällt dem Eifersüchtigen über die Maßen und er zweifelt nicht an der Ehrlichkeit der Aussage. Wie lange wird die Versöhnung anhalten?

2. Akt:

DER ANGRIFF

Poro und Gandarte beraten, wie man Alessandro vom Überqueren des Hydaspes abhalten könnte. Als Poro hört, dass Cleofide plant, dem Feind entgegenzueilen, reagiert er logischerweise hysterisch. Erissena bittet ihren Bruder, mit ihm ins Feld ziehen zu dürfen, was der Erzürnte ihr verweigert. Die Prinzessin klagt über die Benachteiligung ihres Geschlechts. Dabei will sie sich gar nicht ins Waffengetümmel stürzen, sondern nur den lieben Alessandro wiedersehen.

Cleofide signalisiert dem mazedonischen Heerführer, dass Indien seinen Einzug feiern werde und er sich auf seinen Siegespalmen ausruhen könne. Ihre liebenswürdige Sprache erfreut ihn. Alessandro bedauert, dass sein Schwert Indien Unheil brachte. Mittlerweile ist eine Brücke über den Fluss geschlagen worden, als neuer Waffenlärm ertönt. Timagene berichtet seinem Führer, dass Poro mit einem Haufen versprengter Soldaten versucht, den Bau der Brücke zu unterbinden. Der Übermacht der Griechen nicht gewachsen, springt Poros Nachhut ins Wasser, um sich schwimmend ans Ufer zu retten. Alessandro vermutet Unaufrichtigkeit bei seiner Begleiterin und verkündet, den Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen. Cleofide bangt um das Leben des gefährdeten Poro. Trotz aller Szenen, die er ihr macht, sitzt die Liebe des Paares zueinander doch tief. Erneut treffen die beiden aufeinander. Poro gibt vor, nichts mehr von ihr wissen zu wollen und stellt sie ihrem geliebten Alessandro zur Verfügung. Der Geliebte soll nicht von ihr gehen. Sie will seinen Augen ein willkommenes Schauspiel anbieten und in die Fluten springen, weil die grauen Wellen unmöglich so grausam sein können, wir er es ist. Soll der Hydaspes nun ihr Hochzeitsbett werden. Poro findet, dass ein geplanter Suizid ein zu großer Liebesbeweis sei. Es wird nun Zeit, den Bund des Lebens ohne Tempel und Altar zu schließen. Die Götter werden ihre Zeugen sein. Ein so süßer Augenblick lässt beide ihr trauriges Schicksal vergessen. Schon ist es ihnen auf den Fersen. Beide werden festgenommen und vor Alessandro gebracht. Alessandro denkt immer noch, er habe Asbyte vor sich und fragt ihn, was ihn zur Rebellion veranlasst habe. Es sei der Adel seines Charakters gewesen, will der Angeredete ihm weismachen. Poro habe ihn mit der unrühmlichen Aufgabe betraut, gibt Cleofide ihm Deckungsschutz. Aber man muss unsinnige Befehle nicht ausführen, gibt Alessandro zu verstehen. Inzwischen gibt es Aufruhr im griechischen Lager. Man will das Blut der Königin fließen sehen, verkündet Timagene. Sofort nimmt Poro alle Schuld auf sich. Er wandert ins Gefängnis und Cleofide erhält Schutzhaft in ihrem Palast. Sie bittet Timagene ihren Mann schonend zu behandeln und ihm ihre Treue zu versichern. Er soll sie lieb behalten und nicht verzweifeln. Er sei ihr Schatz und sie hoffe, durch ihre Gebete, die Sterne günstig stimmen zu können. Trösten soll ihn das Gedenken an die, welche in seinem Herzen wohnt.

Timagene begrüßt es, mit Asbyte allein zu sein. Dieser gibt sich hochnäsig und rügt, dass Timagene sein Versprechen nicht eingehalten habe, einen Teil der Griechen abtrünnig zu machen. Der Angesprochene erläutert glaubwürdig, dass die Umstände es nicht zugelassen haben. Er will ihm andere Beweise seiner Freundschaft geben: Er sei auf der Stelle frei. Wird er diese Großzügigkeit vor Alessandro rechtfertigen können? Timagene zerstreut seine Zweifel und bittet, dem König Poro einen Brief geheimen Inhalts zu übermitteln.

Alessandro erklärt Cleofide, dass er vergeblich versucht habe, das wilde Drängen seines siegestrunkenen Heeres zu zügeln. Die Soldaten wünschen ihren Tod, und nur durch eine Scheinheirat mit ihm sei ihr Leben zu retten. Als seine Frau besitze sie Immunität. Cleofide schweigt, ist verwirrt, seufzt, erbleicht und antwortet nicht. Gibt es keine Alternative? Alessandro soll bedenken, was die Welt sagen wird!

Gandarte mit der Krone des Poro auf dem Kopf kennt den Ausweg. Er gibt sich für Poro aus und bekennt sich allein schuldig. Mit dem Haupt eines Königs soll die Blutgier der Griechen gestillt werden. Er allein habe alle Fallen und Tücken ersonnen. Cleofide und Asbyte seien beide unschuldig. Welcher Heldenmut, welche Stärke, welche liebenswerte Treue tritt an den Tag. Alessandro ist beeindruckt und will das Angebot nicht annehmen. Der Mazedonier kann es nicht ertragen, dass es Menschen gibt, die noch edelmütiger sind als er selbst. Er will auf die Heirat mit Cleofide verzichten und sie ihm wieder überlassen. Wenn er wirklich entbrannt ist von edler Glut, dann soll er die Schöne bewahren und schützen, sie ist seiner Liebe wert. Wenn er das Geschenk in Ehren hält, ehrt er die Hand, die es ihm gab. Was soll Gandarte mit Cleofide nun anfangen? Er wünscht sich, dass Erissena ihn heiratet.

GEMÄCHER IM SCHLOSS DER CLEOFIDE

Doch wo bleibt Poro? Von unbestimmten Ängsten wird Cleofide gequält. Was soll ihr die Freiheit nützen, wenn Poro tot ist. Erissena weiß zu berichten, dass er versuchte, seiner Bewachung zu entkommen, sie zur Seite stieß und sich in die Wogen des Flusses stürzte. Seine Schwimmkünste reichten nicht aus, und er kam in den tosenden Fluten ums Leben. Der Schmerz treibt Cleofide zur äußersten Verzweiflung. Sie denkt daran, sich den Tod zu geben. Wohin ihr Blick sich wendet, starrt ihr grausame Qual entgegen. Sie fühlt sich wie die arme Taube, welche die Klaue des Raubvogels greift. Entrinnen ist ausgeschlossen!

3. Akt:

SÄULENGANG VOR DEM SCHLOSSPARK

Poro weilt noch unter den Lebenden. Es handelte sich um ein Gerücht, welches Timagene ausgestreut hatte, um den Zorn Alessandros zu entgehen. Der Königin will man aber noch nichts davon erzählen. Gandarte und Timagene haben sich eine Schandtat ausgedacht. Alessandro wollen sie zu einem Hohlweg locken, um ihn dort zu meucheln. Erissena ist nicht darüber glücklich, dass Alessandro sterben soll, und Gandarte muss sie erneut erinnern, dass sie seine Verlobte sei und nicht das Liebchen von Alessandro.

ALESSANDROS KRIEGSZELT

Cleofide ist erneut zu Alessandro geeilt, Poro habe sie für immer verlassen. Alessandro gibt zu bedenken, dass sie hier im feindlichen Lager nicht sicher sei, denn die Wut der Truppen sei zu groß. Aber das Herz Alessandros sei noch viel größer. Er soll ihr - wie angeboten - seine Hand schenken, es wird den Zorn der verderbendrohenden Griechen bezähmen. Erissena glaubt zu träumen und Alessandro ist verwirrt. Warum wird Alessandro nachdenklich? Kann er sich vielleicht nicht mehr an das gütige Angebot erinnern? Er kann sie retten, aber die befreiende Antwort kommt nicht über seine Lippen. Sie soll im Bacchus-Tempel auf ihn warten.

Bedauerlicherweise klappt es mit der Koordination nicht. Ein Brief Timagenes an Gandarte gerät in Alessandros Hände. Der Mordplan fliegt auf und bietet Alessandro Gelegenheit zu verzeihen und Milde zu üben, damit später die Geschichte günstig über ihn urteilt und andere Schandtaten nachsieht. Erissena erhält einen Verweis, weshalb sie ihn nicht warnte. Reue und Zerknirschung von Timagene sind nicht gespielt und seine Gesinnung wandelt sich in Loyalität. Er durfte von dem Bonus der Freundschaft profitieren, die ihm Alessandro Zeit seines Lebens entgegenbrachte. Timagene gerät erneut in Verlegenheit, weil er Poro seinen Wortbruch erklären muss. Er hat absolut keine Lust mehr, das Blut Alessandros zu vergießen. Poro lockt mit dem Angebot, dass er die königliche Schwester, die eigentlich Gandarte versprochen ist, zur Frau bekommen werde. Für die Reize des Hoflebens ist Timagene nicht mehr empfänglich, denn hinter des Thrones schöner Fassade lauert der Verrat. Am liebsten würde er als einfacher Mann Vieh hüten, wenn er dadurch seine Fröhlichkeit wieder erlangen könnte.

Gandarte hat auch keine Lust mehr, Alessandro zu ermorden. Poro fühlt sich von allen verlassen und bittet seinen General, ihm das Schwert in die Brust zu stoßen. Todessehnsucht ist ansteckend. Gandarte bekommt ebenfalls Lust, sich selbst zu töten. Erissena erscheint rechtzeitig, um Schlimmes zu verhindern. Warum raubt die verehrte Prinzessin ihm die Glorie des Todes, die seinen Taten Ruhmesglanz verliehen hätte?

BACCHUSTEMPEL NEBST SCHEITERHAUFEN

An Poro gewandt fragt ihn Erissena, ob er schlafe. Drüben im Bacchustempel feiert Alessandro Hochzeit mit seiner Frau. Das darf doch wohl nicht wahr sein! Der ganze Tempel hallt wider von festlichen Instrumenten und auf den Altären brennt der Weihrauch. Die zärtliche Vereinigung der Partner trennt nur noch wenige Augenblicke. Hat man je von einem solch tückischen Treuebruch gehört? Poro wirft man eifersüchtige Verrücktheit vor und unterstellt seinem Zürnen übermäßigen Argwohn. Durch seine Hand wird das ruchlose Paar jetzt fallen. Poro friert und brennt vor Liebe und Eifersucht und kann sich kaum noch auf den Füßen halten. In wilder Erregung fühlt er die Hölle in seinem Herzen.

Alles bekommt Alessandro auch nicht mit. Cleofide hatte befohlen, dass man einen duftenden Scheiterhaufen entfache. Alessandro ist in Hochstimmung und verkündet, dass man nun die Hände zusammenlegen und der Knoten der Hände die Herzen verknüpfen wird. Die Königin belehrt, dass jetzt die Zeit des Todes gekommen sei und die Liebe keinen Platz mehr hat. Alessandro fühlt sich verschaukelt, aber Cleofide beharrt darauf, als Gemahlin des toten Poro ihm feierlich in den Tod zu folgen. Gedacht ist an die traditionelle Witwenverbrennung. Alessandro will es nicht zulassen. Doch Cleofide führt moralische Bedenken ins Feld. Den Ruf einer Schamlosen zöge sie sich zu, würde sie sich dem Flammentod entziehen. Das verwitwete Bettkissen wird auch verbrannt, so ist es seit Alters her der Brauch. Gegen dieses unmenschliche Gesetz wird Alessandro juristisch etwas unternehmen. Jetzt wird es aber höchste Zeit, Cleofide zu informieren, dass Poro lebt. Irrtum ist ausgeschlossen, da der Totgeglaubte in Person vortritt. Die Liebenden schließen sich in die Arme und schwören sich ewige Treue. Alessandro wahrt das Gesicht, indem er verzeiht und Wohltaten verteilt.


Letzte Änderung am 23.8.2007
Veröffentlichung mit Zustimmung von musirony