Elliot Goldenthal (geb. 1954):

Grendel

Allgemeine Angaben zur Oper

Untertitel: Transcendence of the Great Big Bad
Entstehungszeit: 2006
Uraufführung: 1. Juni 2006 in Los Angeles (LA Opera)
Besetzung: Soli und Orchester
Spieldauer: ca. 180 Minuten
Bemerkung: Nach der Planung verschlang die Produktion eine Unmenge Zeit für die Herrichtung von Kunst und Klamauk. Unmengen von Dollars gingen den Bach hinunter und wurden nicht wieder eingespielt. Der Komponist fiel wegen Ermüdung vom Stuhl und erlitt ein Schleudertrauma. Der Presserummel war groß, denn die Idee war gut umgesetzt und die Kombination von Ausstattung, Gesang und Tanz faszinierten. Einen Abglanz und eine Vorstellung vom Bühnengeschehen bieten die Standphotos, die ins Web gestellt wurden. Die Musik - ungewöhnlich, aber nicht permanent spannend - verlängert die Linie von Glass und Adams. Der Premiere in Los Angeles folgte wenig später die Aufführung im Lincoln-Center von New York.

Zur Oper

Art: Oper in sieben Szenen
Libretto: Julie Taymor und J. D. McClatchy in Anlehnung an die Novelle von John Gardner nach dem altenglischen Epos „Beowulf“
Sprache: englisch
Ort: Skandinavien
Zeit: 6. Jahrhundert

Personen der Handlung

König Hrotgar: Herrscher über Dänemark
Wealtheow: Königin
Beowulf: schwedischer Recke
Grendel: ein Ungeheuer
Unferth: ein Narr
Weitere: ein blinder Harfenist, der Drache, drei Drachenkinder, Grendels Schatten und weitere

Handlung

Das technische und künstlerische Team um Ellioth Goldenthal verfolgt ein völlig anderes Ziel, als das altenglische Epos vom dem skandinavischen Monster Grendel aus der Beowulf-Saga nachzustellen. Ebensowenig handelt es sich um die Lebensgeschichte von Godzilla, der über das Meer kam, um für Aufregung zu sorgen. Die Schauerromantik um King Kong hat mit der Sache auch nichts zu tun.

Kurze Klarstellung: Alles dreht sich prinzipiell um Philosophie und Einsichten - um die Blockaden, welche den Menschen der heutigen Zeit daran hindern, er selbst zu sein und sein Leben zu gestalten, wie er möchte. Das Bewusstsein des Menschen findet im Ungeheuer des Grendel seine Formation - ob er nun möchte oder nicht. Er hat keine andere Wahl, als sich mit diesem zu identifizieren und sich auf seine Seite zu stellen. Dem Grendel bleibt nichts anderes übrig, als „böse“ zu sein, denn durch seine furchteinflößende Gestalt wird er automatisch zum Außenseiter gestempelt. Liebe und Zweisamkeit mit einem anderen Wesen sind ihm verwehrt und so macht er kaputt, was er nicht bekommen kann. Die Werte, die allgemein hoch gehalten werden (wie Religion und Technik), geben ihm nichts. Religion verführt zu Machtmissbrauch und - wie die Geschichte lehrt - bewirkt Völkermord und Untergang, während die Technik noch weiter in die Einsamkeit treibt. Das Monster singt in englischer Sprache, während seine Gegner - es sind die Menschen auf Distanz gesetzt - das Altenglische benutzen und nur phonetisch wahrgenommen werden können.

Dem Zerstörungswahn des zum Außenseiter gestempelten sind allerdings Grenzen gesetzt. Der sieggewohnte Beowulf, ebenmäßig an Gestalt und Geist, singt nicht, sondern tanzt. Er eilt herbei und reißt dem Ungehobelten einen Arm aus, so dass er verblutet. Die Mami, bei der das plumpe Söhnchen Schutz sucht, kann nicht helfen, sondern nur noch rächen und setzt das Werk der Zerstörung einstweilen fort.

Mit von der Partie ist ein schillernder Drache - ausnahmsweise nicht von einem dunklen Bass , sondern von einem wohltönenden Sopran gesungen. Auch er wird von Beowulf erledigt. Um nun die pseudo-philosophischen Ergüsse transportabel zu machen, wird das mythische Umfeld von König Hrotgar bemüht - seine lebensfrohe Tafelrunde wird stufenweise massakriert. Ein Lichtblick im Umfeld von Hass und Zerstörung ist einzig die Königin Wealtheow, die durch die Ausübung musischer Künste das positive Prinzip andeutet. Nach drei Stunden Bühnenspektakel endet alle Weisheit in Nihilismus und Untergang.


Letzte Änderung am 31.8.2010
Beitrag von Engelbert Hellen