Lukas Foss (1922-2009):

Griffelkin

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1955
Uraufführung: 6. August 1956 in Tanglewood
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Erstdruck: New York: Carl Fischer, 1990
Bemerkung: Die Hölle ist ein Schauplatz, der den Opernkomponisten nicht geheuer ist und deshalb von ihnen nach Möglichkeit gemieden wird. Bei Wolfgang Amadeus Mozart klingt am Schluss die Höllenfahrt des Don Giovanni nur kurz an – ein bisschen Qualm, ein bisschen Schwefel - und schon schließt der Schlund sich wieder. Von Antonín Dvořák erfahren wir etwas mehr. Katinka landet in der Unterwelt als Entführungsopfer und macht den Teufeln die Hölle heiß. Ein gebürtiger Berliner, es ist Lukas Foss, räumt mit alten Vorurteilen gründlich auf. Dem unterirdischen Aufenthaltsort kann er wirklich etwas abgewinnen. Nein, die Hölle ist kein Gelände, auf dem Bösewichte bei hohen Temperaturen unter Verschluss gehalten werden, sondern dort wird auch teuflischer Nachwuchs gezielt ausgebildet. Oberste Lehrherrin ist des Teufels Großmutter. Sie hat die kleinen Schlingel fest im Griff.

Zur Oper

Art: Oper in drei Akten
Libretto: Alastair Reid nach H. Foss
Sprache: englisch

Personen der Handlung

Devil's Grandmother: Großmutter Teufel
Griffelkin: ein kleiner Teufel
Statue: eine zum Leben erweckte Brunnenstatue
Letterbox: der quasselnde Briefkasten
First Lion: der erste Löwe
Second Lion: der zweite Löwe
A Boy: ein Junge aus der Nachbarschaft
A Girl: ein Mädchen aus der Nachbarschaft
Their Mother: ihre kranke Mutter
Policeman: ein Polizist
Weitere: Bürger einer Kleinstadt, große und kleine Teufel, Kinder und Spielzeug

Handlung

1. Akt:

DIE KINDERSTUBE IN DER HÖLLE

1
Die kleinen Teufel werden mit Verstand, Liebe und Umsicht erzogen. Eine Teufelei macht erst dann richtig Spaß, wenn sie auch von Humor begleitet wird. Der Chorgesang wird gepflegt und steht dem der Regensburger Domspatzen an Qualität nicht nach. Die Oper beginnt mit einer Ballade. Zuerst ist die Bühne ganz dunkel, dann geht langsam die Beleuchtung an, bis eine Schar frohsinniger Teufelchen zu erkennen ist, die ihren Schabernack treiben. Es ist nicht schwer, sie als Höllenkinder auszumachen, denn alle haben extrem dunkle Haut, einen zackigen Schweif und Hörner auf der Stirn wie ein kleiner Ziegenbock. Der Text des Liedes ist nicht besonders anspruchsvoll. Von quakenden Kröten und zitternden Vogelscheuchen sowie von lachenden Fröschen und einer schielenden Krähe ist die Rede. Viel Sinn ergibt der Gesang nicht und jeder Vierzeiler endet mit dem Refrain „Devil all night till day“. Faul am Tag und die Nacht für das Spiel...

2
Plötzlich erscheint die Großmutter und sorgt für Disziplin. Sie fragt, ob ordentlich saubergefegt wurde und erklärt sich zufrieden. Sie beschimpft die Kleinen als potthässlich. Um die Vollständigkeit der ihr Anvertrauten zu überprüfen, ruft sie alle Zöglinge beim Vornamen auf: Lustige Bezeichnungen haben die kleinen Kerle. Sie heißen: Dunkelschweif, Splitterkram, Onkel Polter, Schotterkopf, Stachelkerl, Plemperstock, Schmuddel usw. Natürlich hat Lukas Foss dafür gesorgt, dass die kleinen Unholde auch mit englischsprachige Namen wie Dominuckle, Dick in the Dark, Splinterkit, Uncle Skelter, Rubblehead, Prodbody, Fritterstick oder Scruff ausgestattet sind. Der Aufgerufene hebt den Finger und meldet sich in der Sprache, die ihm am besten gefällt. Aus der Offenbach-Operette „Orpheus in der Unterwelt“ weiß der Theaterbesucher, dass in der Hölle das Französische sehr beliebt ist. Die Teufelskinder melden sich deshalb nicht mit „hier“ oder „here“, sondern auch mit „présent“. Einer, welcher nicht reagiert, ist Griffelkin. Alle rufen nach ihm und dann kommt er plötzlich unter Großmutters Unterrock hervor. Nun soll er sich schnell zu den anderen gesellen, damit der Unterricht beginnen kann. „Nun meine verdreckten Kinderchen, sagt mir, welche Teufeleien habt ihr heute angestellt?“ Lukas Foss hat im Walzertakt komponiert, ein Rhythmus, in dem die kleinen Schlingel auch antworten.

Es sind keine Geringfügigkeiten, die ausgeheckt wurden – man ist erstaunt zu welchen Dingen, die kleinen Unholde schon fähig sind. Mit Autosaufbrechen oder Graffitischmierereien geben sich die Kinderteufel gar nicht ab. Der eine hat einen Jungen in eine Flasche gesteckt, der andere hat eine Katze im Kessel gekocht und ein weiterer hat dreizehn Babys geklaut. Eine Königin wurde vergiftet und Plemperstock hat einem großen Elefanten einen Knoten in den Schwanz gemacht. Die Großmutter will mehr hören. Besonders schalkhaft verhielten sich die kleinen Gesellen, welche an diesem schrecklichen Morgen aus einem Gefängnis alle Gefangenen befreit haben. Keine schlechte Idee war es, auf einem Bauerhof alle Milchkannen umzukippen.

Und nun kommen wir zum kleinen Griffelkin. Was hat er gemacht? „O Großmutter, bitte, ich habe gar nichts angestellt“ „Nichts, einfach nichts?“ Das darf doch nicht wahr sein! Großmutter hat noch nie von einem Teufelchen aus der Hölle gehört, welches gar nichts angestellt hat. Hat die Oma vergessen, dass er heute zehn Jahre alt wird, versucht Klein-Griffelkin sich zu verteidigen. Zum Teufel auch, sie hat es tatsächlich vergessen. Schnell muss nun eine kleiner Feier improvisiert werden. Zehn Jahre alt wird Griffelskin an diesem schrecklichen Morgen. Hurra! Hurra!

3
Mit zehn Jahren wird ein Teufel in der Hölle mündig. Spinnweben werden über den Tisch gelegt und die Großmutter selbst stellt sich an den Herd, um für die kleine Gesellschaft etwas zu kochen. Die Kobolde helfen ihr dabei. Sie sollen Feuer machen und im Kessel rühren. So ein Festmahl besteht aus Schweineschwänzen, fetten Fröschen, Krokodilaugen, Eselsohren und weiteren leckeren Zutaten. Hoch lebe Griffelkin! Um die Kontrolle nicht zu verlieren, sitzt Großmutter später selbst im Kochtopf, ohne mitgekocht zu werden. Für Temperaturen hat sie ein feines Gespür.

4
Um dem Opernpublikum die Zeit angenehm zu gestalten und den kleinen Griffelkin zu erfreuen, singt Großmutter eine Ballade, in der vorkommt, was der Knirps schon alles beherrscht.

„You have learned to bewitch,
You have learned to be gruff,
You have learned, you have learned
To be wicked enough.

You have learned to turn children
To fossils and frogs
You have prectised your deviltry
Lessons on dogs.

You can say all your riddles
Spells and rules,
You have been to the best
Devils' schools.”

Er hat gelernt zu verärgern, und gelernt wüst und wild zu sein. Da Griffelkin nun zehn Jahre alt geworden ist, wird es Zeit, damit anzufangen, alle Teufeleien, die er beherrscht, auch professionell anzuwenden. Es ist etwas ganz besonderes, zehn Jahre alt zu sein. Nie wieder wird er die Kinderstube betreten. Probeweise wird er zunächst für einen Tag in die richtige Welt hinaus geschickt. Zur Feier des Tages wird der Schweif frisch gestutzt und gezackt. Griffelkin ist überglücklich!


5-6
“Oh Grandmother, you mean I can play in the world for one whole day?” Großmutter erlaubt es, bis die Uhren der Welt Mitternacht schlagen. Aber Griffelkin muss schwören, dass er jeden Tag eine schlechte Tat begehen wird. Er verspricht: garstig, schrecklich und böse zu sein, dazu gierig, dreckig, mürrisch und schroff. Nun kann er sich auf die Reise begeben, um die Welt kennenzulernen. Etwas Plempe aus dem Kessel wird in eine Thermosflasche gefüllt und von der Großmutter mit magischer Wirkung versehen. Die Flasche mit der zauberhaften Flüssigkeit ist ihr Geburtstagsgeschenk und soll ihm die neue Tätigkeit erleichtern. „Eine Flasche voll Zauber für Dich, mein Junge. Damit kannst Du die Welt auf den Kopf stellen, Steine zum Leben erwecken und Leben zu Stein werden lassen. Es genügt bereits ein Tropfen!“

Mit Gewalt drängt es Griffelskin nun nach oben, um die Probe auf das Exempel zu machen.

„I must run at once
And begin to bewitch
My pulses are jumping,
My tail is atwitch.”

„Our Griffelkin! Just look at him,“ jubeln die kleinen Kobolde.

„I sprinkle my bottle
And nag and niggle
And tickle the fat fellows' feet
Till they giggle.”

Griffelkin zählt in seinem Lied auf, was er alles anstellen wird. Die Fantasie geht mit ihm durch, denn er will auch seinen Namen an den Himmel kritzeln. Eine riesige Leiter, die bis zur Decke der Bühne reicht, entführt Griffelkin in die wirkliche Welt, die er bisher nur als schäbige Fiktion kannte. Ein Orchesterzwischenspiel beendet den ersten Akt, der als Prolog zu verstehen ist.

2. Akt:

MARKTPLATZ EINER MALERISCHEN KLEINSTADT

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Der Gullydeckel hebt sich und Griffelskin betritt die Welt. Eine malerische Kleinstadt hat er als Aktionsfeld vorgefunden. Auf dem Marktplatz plätschert ein Brunnen, flankiert von zwei mächtigen Steinlöwen. Griffelkin hat das Bedürfnis, sich seiner neuen Umgebung zu erklären. Bald wird er die ganze Welt in der Hand haben. Er mag zwar klein sein, aber er wird es allen zeigen. Zehn Jahre sind ein schreckliches Alter. Entsetzen und Verderben wird er auslösen. Griffelkin schaut sich staunend um. Der strahlend blaue Himmel macht ihn sprachlos. Viel Zeit hat er nicht zu vergeuden. Er muss der Welt zeigen, aus welchem teuflischen Holz er geschnitzt ist. Im Grunde ist er von so viel Schönheit fasziniert. Immer wieder suchen seine Augen den blauen Himmel. Bisher waren ihm vorzugsweise die Farben dunkelgrau und grelles orange geläufig.

8
Doch für schöngeistige Überlegungen ist jetzt keine Zeit. Eingedenk seines Auftrags und seines gegebenen Versprechens hat er Schrecken und Verderben zu bringen. Er will damit beginnen, die Luft zu schwärzen. Doch vorher möchte er sich Rat holen. Er bespritzt die Brunnenfigur mit der Flüssigkeit aus der Flasche und fragt:

„Wesen, Wesen, sage mir.
Wie schaff' ich die Hölle hier!“

Tatsächlich erwacht die Statue und hebt den Kopf, denkt aber nicht daran, Griffelkins Frage zu beantworten, sondern klagt der Luft von ihrem anhaltenden Missvergnügen: Es sei soweit ganz schön, mit Magie besprüht zu werden, denn es sei tragisch, aus Stein zu sein. Ständig sieht sie, wie Fremde kommen und gehen. Sie stellt fest, wie die Kinder, die sie besuchen, größer werden. Sie hat genug davon, ständig unter der Dusche zu sitzen, während die Leute sie durch ihr Wasserkleid anstarren. Seit vielen Jahren sitzt sie hier, ihre Tränen sind schon zu Fontänen geworden. Sie hat kein Privatleben und es wäre ihr am liebsten, wenn man sie in Ruhe ließe. Die Jahre kriechen neblig an ihr vorbei und sie weiß schon gar nicht mehr, ob heute Donnerstag oder Dezember ist. Griffelkin wiederholt seine Frage, die aber nicht zur Kenntnis genommen wird, weil die Brunnenfigur mit ihrem Missmut nicht zurechtkommt. Ständig soll sie aus Fontänen Luft spinnen. Dazu hat sie einfach keine Lust mehr und möchte auch von ihm in Ruhe gelassen werden.

9-10
Griffelkin ist erbost, dass ihm keine Beachtung geschenkt wird. Er verschwendet keine weitere Mühe mehr und wendet sich dem Briefkasten auf der anderen Straßenseite zu. Ein paar Tropfen aus der Flasche bringen ihn zum Reden. Nun ertönt die Briefkasten-Arie:

„Good morning. Good gracious,
You look like the devil.
I'm a chatterbox,
I mean letterbox;
Delivery three times a day,
I know all the addresses,
I've read all the messages,
I'll tell you what all of the envelopes say.”

Der Briefkasten ist äußerst schwatzhaft und fragt den Gast aus der Hölle, ob er länger als nur einen Tag bleiben wird. Der Briefkasten gibt mächtig an. Er kenne alle Alleen und alle Plätze. Er kennt die Richtungen. Wenn der Fragesteller den Weg wissen will, braucht er sich nur an ihn wenden. Angeblich weiß der Briefkasten, wohin er gern gehen möchte.

“To Russia, to Prussia
To Thailand, to Long Island
To Canada or Granada
To Timbuktoo or to the zoo.”

Alle Briefe mit den genannten Adressen wirft er Griffelkin vor die Füße. Dieser hebt sie beflissen auf und steckt sie in den Schlitz zurück. Zum Dank klärt ihn der Briefkasten noch auf, wie er sich im Straßenverkehr zu verhalten hat. Bei Grün darf er über den Zebrasteifen laufen und bei Rot muss er stehen bleiben.

Griffelkin gebietet mit einer Handbewegung zu schweigen, denn der Briefkasten will wieder von vorn anfangen zu plappern. Er hustet bereits und ist völlig außer Atem. Griffelkin wendet sich genervt ab.

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Auf der anderen Seite steht ein Gruppe von Jungen. Griffelkin sucht mit ihnen den Dialog und will wissen, weshalb sie ihn so anstarren. Über seinen ungewöhnlichen Aufzug machen die Vorlauten dumme Bemerkungen und wollen ihn am Schweif ziehen. Wenn er ein Teufel sei, wie er behaupte, soll er es beweisen. Griffelkin überlegt, ob er die Bande grün einfärben soll, hat aber plötzlich eine bessere Idee. Wenn er die beiden steinernen Löwen zum Leben erweckt, würden sie ihm dann glauben, dass er direkt aus der Hölle kommt? Ohne eine Antwort abzuwarten, besprüht er die Skulpturen mit seinem Zaubermittel. Die Kinder weichen erschrocken zurück, nur ein kleines Mädchen hat die Situation nicht sofort begriffen und sucht bei Griffelkin Schutz. Die Raubtiere sind weder hungrig noch angriffslustig und beklagen sich, weshalb man sie nicht in Ruhe träumen lassen kann. Jeder Besucher kommt, zieht sie an der Mähne oder tritt ihnen auf den Schweif. Dazu dieser Lärm, den die Menschen machen. Er kommt ihnen lauter als Löwengebrüll vor. Zuerst war Griffelkin auch erschrocken, aber nachdem die Tiere sich träge und desinteressiert verhalten, tut er ihnen den Gefallen und gibt ihnen die gewünschte Ruhe zurück.

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Das Mädchen ist erstaunt, hat aber Angst, weil die Freunde davongelaufen sind. Immerhin wissen sie nun Bescheid, mit wem sie es zu tun haben. „Zaubert er oft?“ „Hin und wieder, aber wann immer sie möchte, kann er ihr etwas vorzaubern.“ Kann er auch ihre Mutter wieder gesund machen? Nun erwacht in Griffelkin der Schalk. Soll er einen Tiger herbeirufen oder ihr einen Pferdekopf wachsen lassen. Nein, er soll das Fieber heilen und sorgen, dass sie wieder zu Kräften kommt.

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Die Mutter ängstigt sich, dass jemand die Tochter entführen könnte, und ist ihr auf die Straße gefolgt. Es hilft nichts, dass die Elfjährige ihr erklärt, dass der Teufel ihre Gesundheit wieder herstellen will. Der wilden Gestalt mit Hörnern und Schweif traut sie keine Heilkünste zu, lamentiert und will die Tochter wegzerren. Während Griffelkin am anderen Arm zieht, sagt er einen Zauberspruch auf, der ihn selbst und das Mädchen unsichtbar macht.

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Die Mutter schaut nach, ob die beiden sich versteckt haben. Hinter der Brunnenstatue sind sie nicht, bei den Löwen und neben dem Briefkasten auch nicht. Ein Polizist und eine Ladenbesitzerin kommen hinzu. Die Mutter klagt, dass sie ihre Tochter verloren hat und der Polizist fertigt ein Protokoll an. Sie sagt aus, dass das Mädchen sich in Luft aufgelöst habe und mit ihrem Begleiter in einer Dunstwolke entschwunden sei. Die Ladenbesitzerin mutmaßt, dass die Frau im Kopf fiebrig sei, und der Ordnungshüter schlägt vor, sie zu Bett zu bringen. Die Mutter lässt sich jedoch nicht beirren und bleibt bei ihrer Aussage, dass ein Teufel frei herumlaufe, einen Zauber ausgesprochen und ihre Tochter entführt habe. Die Ladenbesitzerin bringt der Aufgeregten ein Glas Wasser.

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Ein Teufel verschwindet nicht in den Wolken, sondern unter die Erde. Der Gullydeckel wird angehoben, ein gehörntes Wesen schaut hervor und zieht das Mädchen nach. Die Kleine macht sich Vorwürfe, die Mutter verlassen zu haben und dem Unbekannten gefolgt zu sein. Griffelkin will nicht, dass sie unglücklich ist, möchte sie vor Freude zum Singen bringen und seine Zauberkunst beweisen.

„I'll terrify frogs
Turn eggs into dogs
Anything, anything
I'll make you sing.
I'll turn needles into nails
And snow into snails,
Anything to bring back your joy.”

Das Teufelchen zeigt auf einen Verkaufsstand mit Spielsachen. Doch die Ladenbesitzerin gibt sich energisch und droht dem Dieb mit einer Tracht Prügel, wenn er ihre Auslegware auch nur anrührt. Der Bedrohte macht kurzen Prozess, sprüht die unliebsame Person an und diese wird unverzüglich stocksteif. Allerdings kann sie noch protestieren, weil Griffelkin die Spielsachen mit einem Spritzer aus der magischen Flasche zum Leben erweckt.

„A sprinkle for you,
Toys come true!
How do you do Sailor!
How do you do Teddy bear!”

Die Spielsachen erwachen, grüßen ihren Befreier und freuen sich des neuen Lebens. Griffelkin ist sich nicht bewusst, dass er mit seiner Zauberflüssigkeit unachtsam umgeht.

ERSTE CHOREOGRAPHISCHE SEQUENZ

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Griffelkin beginnt mit den Puppen zu tanzen, zunächst zaghaft und dann immer wilder. Das kleine Mädchen drängt es nach Hause, weil die Mutter krank ist und es vermisst. Griffelkin setzt seine ganze Überredungskunst ein, damit die Kleine bei ihm bleibt. Er malt ihr aus, welche Freude er ihr mit seinen Zauberkunststücken machen kann. Alles wird er für sie tun, wenn sie mit ihm durch den Tag tanzt. Für den Moment lässt sie sich überreden.

ZWEITE CHOREOGRAPHISCHE SEQUENZ

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Das Mädchen ist begeistert und glücklich und Griffelkin ist gerührt. Nun legt er sich erst recht ins Zeug und lässt die Puppen tanzen was die Beine hergeben. Doch einmal ist jeder Spuk vorbei und die Tänzer und Tänzerinnen werden in ihre Spielzeugschachteln zurückgeschickt.

19
Drei Hausfrauen haben die Szene beobachtet „Seht seinen Schweif! Oh je! Oh je! Wer hätte das gedacht? Hilfe, Hilfe! Es wird doch nicht der Teufel sein!“ Griffelkin ist abgelenkt und kontrolliert, ob mit seinem Schweif vielleicht etwas nicht in Ordnung ist. Unbemerkt entwischt das Mädchen. Wo ist sie? Die Hausfrauen lärmen, bis ein Polizist erscheint. „Der Teufel sei los!“ Der Polizist zückt sein Notizbuch und vernimmt den Ruhestörer: „Now young fellow, name and age?“ „I'm Griffelkin Sir and I've just turned ten.“ Die Hausfrauen beantragen unverzüglich Ordnungshaft, aber der Polizist ist irritiert, weil der Briefkasten dauernd dazwischen plappert. Besprühen aus der magischen Flasche ist nicht angezeigt, weil Griffelkin den spärlichen Rest für teuflische Fälle aufheben muss. Er rennt fort und alle hinterher. Die Löwen sind wieder frei und einer setzt seine Tatze auf den Fuß des Polizisten, so dass dieser nicht mitrennen kann. Was kann ein gut ausgebildeter Polizist schon ausrichten, wenn die Löwen und der Teufel los sind? Die Raubkatzen melden sich zu Wort:

„Now it's enough. Now it's enough.
Now it's our turn to be rough,
Now it's our turn to grumble and grunt.
Now we're off on a policeman hunt!
Now... Now...”

Griffelkin sucht verzweifelt sein Mädchen. Die Hausfrauen jagen ihn:

„Catch him quick! Catch him quick!
Quick, he'll make the buildings fall.
After him! After him!
Quick, or he'll bewitch us all.”

Der Briefkasten sagt, dass Griffelkin das Mädchen finden werde, wenn er die dritte Straße links und die erste Straße rechts einbiegt, dreimal um den Platz läuft - danach findet er sie in der Mitte. Fehlanzeige! Der Briefkasten lügt. Die Puppen erwachen wieder zum Leben. Die Hausfrauen sind unerbittlich. Die Turbulenzen steigern sich, während die Liedtexte sich unermüdlich wiederholen. Das Finale zum zweiten Akt nimmt Ähnlichkeit mit einer Rossini-Oper an.

3. Akt:

DIE KLEINSTADT BEI NACHT

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Griffelkin hat die Menschen in der beschaulichen Kleinstadt auf Trab gebracht. Die Nacht hat sich herabgesenkt, aber die Gemüter konnten sich noch nicht beruhigen. Zu ungewöhnlich waren die Erlebnisse des vergangenen Tages. Selbst die Brunnenfigur, die schon viel erlebt hat, kann sich an sprechende Briefkästen und tanzende Spielwaren nicht erinnern. Wind und Regen gab es reichlich, Sommer und Winter wechselten sich ab, aber es war das erste Mal, dass der Leibhaftige persönlich zu Besuch kam. Der Polizist ist völlig verwirrt, denn sprechende Brunnenfiguren kannte er bisher noch nicht und mit dem Einfangen von ausgebrochenen Raubtieren aus dem Zoo ist er völlig überfordert. Der Briefkasten hat die größten Schwierigkeiten mit dem Verstehen. Alles, was vorher blau war, ist jetzt rosa und was viereckig war, ist jetzt rund. Die Letterbox ist besorgt um ihre Post und hofft, dass der Schalk sich wieder in die Hölle zurückziehen wird.

Die Löwen helfen den Hausfrauen, den Teufel zu finden. Ihre Tatzen sind wund und Griffelkin hat den Katzen die Schwänze zusammen geknotet. Nun soll der Taugenichts kommen und sie wieder in Steine verwandeln. Der Polizist möge ihn doch endlich einsperren. Verhext, verteufelt, verwirrt verrückt und verzweifelt ist die ganze Stadt! Die Löwen können nicht mehr brüllen, weil sie heiser sind.

21
Griffelkin sitzt ebenfalls völlig erschöpft auf der Gehsteigkante, weiß aber nicht, dass es zufällig das Haus ist, in welchem sein Mädchen wohnt. Er ist müde und hungrig und wartet, dass es Mitternacht schlägt, damit er endlich in die Hölle zurück kann.

„I'm tired, I'm hungry,
Oh what a day!
What would my brothers
And grandmother say?
How hard I tried.
I wished I were worse.”

Der Verlassene verzweifelt daran, für einen Teufel nicht schlecht genug zu sein. Flüche kann er sich überhaupt nicht merken. Die Welt um ihn herum ist viel schlechter als er. Vielleicht ist er noch zu klein, denn es fehlt ihm noch der Durchblick. Alle haben Angst vor ihm und laufen davon. Nur eine hat es gewagt, sich mit ihm vernünftig zu unterhalten, doch auch sie ist weggelaufen.

22-23
Jungen und Mädchen kommen und klagen. Teilnahmsvoll erkundigt sich Griffelkin nach der Ursache ihres Kummers. Die Mutter sei gestorben, kalt ist sie bis auf die Knochen! Nie wird sie wieder zurückkehren. Sein Mädchen ist unter den Anwesenden. Griffelkin nimmt es wahr und springt sofort auf sie zu. Den ganzen Tag hat er sie gesucht. Seine Verfolger, die ihn ins Gefängnis stecken wollten, hat er abgeschüttelt. Er wusste, dass er sie wiederfinden würde. Kennt sie ihn nicht wieder? Sie soll doch seinen schönen Schweif anschauen. Griffelkin ist er! Weshalb sagt sie nichts? „Der Tod ist gekommen und hat die Mutter mitgenommen.“

24
Um zu verstehen, lässt sich Griffelkin einige Grundbegriffe erklären, denn mit Wörtern wie „Trauer“, „Tod“, „Liebe“ und „Mutter“ kann er nichts anfangen. Der Tod ist einsam und schließt allen die Augen. Der kleine Teufel wird ganz wehleidig, denn eine Mutter, die dunkle Dinge nicht an ihn heranlässt, und seine Sorgen und Ängste beschwichtigt, hat er nie gehabt. Dann ist er in der Tat ein armer Teufel, stellt man allgemein fest. Das Bruderherz soll doch ganz einfach die Trauer um die fremde tote Mutter mit ihnen teilen. Leider kehrt sie nicht zurück.

25
Der kleine Teufel wird von Mitleid geschüttelt. Als gewandter Kletterer macht er einen Satz durchs Fenster und mit dem letzten Tropfen aus der Flasche bespritzt er die tote Mutter. Er hat ein schlechtes Gewissen, denn er weiß, dass ein richtiger Teufel Mitleid nicht zu empfinden hat.

Plötzlich hören die Kinder die Stimme der Mutter, die nun aus dem Haus tritt. Die Dunkelheit hat sich ihr geöffnet und sie ist froh, wieder wach zu sein. Die Kinder jubeln. Niemals wird sie wieder fortgehen und für immer bei ihnen bleiben.

Griffelkin hat sich entfernt, schaut aus der Ferne zu und fragt sich, was er empfindet. Es läuft etwas an der Nase herunter und er denkt, dass es eine Träne ist. Unter seiner Haut bewegt sich etwas von Kopf bis Fuß. Er fühlt sich teuflisch unwohl, denn er weiß ganz genau, dass er nicht so gehandelt hat, wie es seinem Status entspricht. Er hat angefangen, gut zu sein.

SZENENWECHSEL: DAS TRIBUNAL

26
Wenn die Hölle über eines ihrer unbotmäßigen Mitglieder Gericht hält, findet die Verhandlung auf der Erde statt. Tempo ist geboten, denn nach ungeschriebenem Gesetz ist es Geistern nur zur Mitternacht zwischen zwölf und ein Uhr erlaubt, auf der Erde Gestalt anzunehmen, in Rudeln zu erscheinen und als Tribunal zu agieren. Der Opernbesucher kann sich die Betretenheit Griffelkins vorstellen - schließlich ist er selbst tödlich erschrocken - als die Dunkelheit plötzlich durch einen Blitz erhellt wird und unter viel Getöse die Großmutter mit ihrer Belegschaft erscheint. Der Gefangene möge sich erheben, damit die Verhandlung beginnen kann. Alle Teufel sind gegen ihn aufgebracht und sie fordern, den armen Griffelkin zu richten und furchtbar zu bestrafen. „Ruhe, zum Teufel“, brüllt die Frau Vorsitzende, damit die Anklage ordnungsgemäß verlesen werden kann. Die Amtssprache ist englisch:

„It is charged that Griffelkin,
Our youngest devil,
Did in this first devil trip
After a day of respectable devilry
Do at the end of it
One good deed.”

Also, der jüngste Teufel wird nach einem respektablen Auftakt verdächtigt, am Ende eine gute Tat begangen zu haben. Gerügt wird ferner, dass der Übeltäter gegen alle Regeln der Vernunft und des Teufelshandwerks eine menschliche Träne geweint habe. „Schrecklich! Eine menschliche Träne! Wirklich schrecklich.“ Als Beweis gilt die Träne auf Griffelkins Wange, die sich nicht wegwischen lässt und wie eine Medaille festklebt. Der Täter wird schuldig befunden und soll zur Strafe in den heißen Kessel geworfen werden. Ein Strafverteidiger ist nicht vorgesehen, aber immerhin hat der Angeklagte das letzte Wort. Er entschuldigt sich, dass er nur ein schwacher Teufel gewesen, sich aber redlich bemüht habe, schlecht zu sein. Allerdings habe er vieles vergessen, was Großmutter ihn gelehrt habe. Der Reumütige bittet um Milde, die aber nicht gewährt wird. Nein, in den Kessel wird man ihn nicht werfen! Großmutter hält eine viel schlimmere Strafe für ihn bereit. Seinen höllischen Anzug muss er abgeben und aller höllischen Attribute beraubt, soll er aus der Unterwelt ausgewiesen werden. In Zukunft wird er als Mensch unter Menschen leben, denn in der Hölle ist für ihn kein Platz mehr. Seine Geschichte soll in der Unterwelt als Warnung und zur Abschreckung für alle anderen kleinen Teufel herumerzählt werden. Noch vor Morgengrauen wird die Abschiebung vollstreckt.

„Wash him, rub him
Cut off his tail,
Scrape him, scrub him,
Cut off his tail.
Now look at him
Our Griffelkin!”

Die Kirchturmuhr schlägt Eins und bereitet dem Höllenspuk ein Ende.

27
Griffelkin hat menschliche Gestalt angenommen und ist verzweifelt. Er weiß nicht mehr ein noch aus und beschreibt auf abgedunkelter Bühne sein Elend. Er kann nicht Teufel und nicht Engel sein. Was soll er tun? Niemand antwortet ihm.

„O, dark winds will haunt me.
O, storm in my ear.
I can't be a devil,
Can't be an angel.
What can I do?
Where can I go?
I don't know.
Nobody answers.
Sit by myself and
Cry forever
Tears like a river.”

FINALE

28-29
“Guten Morgen, Griffelkin! Wo bist Du gewesen?“ Aufgeregt erzählen ihm die Jungen und Mädchen, dass ein Wunder passiert sei. Sie hatten gedacht, die Mutter sei gestorben und plötzlich stand sie äußerst lebendig wieder unter ihnen. Griffelkin wendet sich ab. Die Kinder fragen ihn, wohin er gehen will und laden ihn ein, bei ihnen zu bleiben. Erfreut akzeptiert er, denn er hat keinen Ort, wohin er gehen könnte. Die Hausfrauen und der Polizist erscheinen. Sie sind froh, dass der Teufel fort und die Luft wieder rein ist. Der Wachtmeister mustert den Jungen argwöhnisch, denn er ist sich sicher, das Gesicht schon einmal irgendwo gesehen zu haben. Er hat keine Zeit, Gedanken zu verschwenden, denn er muss noch die beiden Löwen in den Zoo bringen. Die Mutter der Kinder ist freundlich zu ihm, aber sie meint, diesen Blick aus den Augen auch schon einmal gesehen zu haben. Jetzt, wo der Teufel seinen Rückweg in die Hölle angetreten hat und die Sonne wieder lacht, ist sie in aufgeräumter Stimmung und einverstanden, dass der verlassene fremde Junge in ihrem Haushalt leben darf. Griffelkin beschließt, für immer zu bleiben.

Entzückt stimmen die Kinder den Schlusschor an. Das kleine Mädchen, erzählt dem Neuling, dass sie ihn im Traum als Teufelchen gesehen hat. Griffelkin erklärt, dass er aber kein Teufelchen sei, denn ein wohlmeinendes Schicksal hat seine schaurige Vergangenheit aus dem Gedächtnis gelöscht.

„What a strange, round world,
Full of magic, full of magic,
Full of numbers, full of names,
Full of guesses and games.

Who am I?
Who are you?
Who is anyone?
Who is everyone?

One, two, three,
We are the world.”


Letzte Änderung am 29.7.2008
Beitrag von Engelbert Hellen