Hippodamias Tod / Hippodamia’s Death
Entstehungszeit: | 1891 |
Uraufführung: | 8. November 1891 in Prag (Nationaltheater) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Opus: | op. 33 |
Art: | Oper in vier Akten (dritter Teil der Hippodamia-Trilogie) |
Libretto: | Jaroslav Vrchlický nach Sophokles, Euripides und Apollodorus |
Sprache: | tschechisch |
Ort: | das antike Griechenland |
Zeit: | zur Zeit der Sechsten Olympischen Spiele |
Pelops: | König von Olympia |
Hippodamia: | seine zweite Gemahlin |
Chrysippos: | sein Lieblingssohn aus erster Ehe mit einer Nymphe |
Atreus: | ältester Sohn aus der Ehe mit Hippodamia |
Thyestes: | zweiter Sohn aus der Ehe mit Hippodamia |
Airopa: | Geisel aus Mykene, Zankapfel zwischen den drei Söhnen |
Myrtilos: | zwielichtiger Wagenlenker des toten Königs Oinomaos |
Jolos: | Leibwächter des Königs |
König Pelops ist nach zwanzig Jahren Herrschaft mit seiner Gemahlin Hippodamia nicht glücklich. Von Anfang an stand ihre leidenschaftliche Liebe unter einem ungünstigen Stern. Die Bluttat an Oinomaos, dem Vater Hippodamias, der bei einem mysteriösen Wagenrennen ums Leben kam, überschattet Ihre Ehe. Die ständigen Streitereien und Ränke der Prinzen untereinander nerven ihn. Seine Erinnerung an die schöne Nymphe Axiocha, aus deren Verbindung der Sohn Chrysippos stammt, sind ständig gegenwärtig. Hippodamia hat sich als extrem herrschsüchtig erwiesen und intrigiert ständig. Trotz der angenehmen Erinnerung an seine erste Frau, ist er ihr hörig und folgt ihren Launen. Der Sohn Chrysippos, von ihm bevorzugt, wird von der Stiefmutter gehasst.
Airopa, eine Tochter aus dem königlichen Haus von Mykene, lebt zwangsweise, aber nicht ungern, als Geisel im königlichen Palast. Sie sollte das Unterpfand des Friedens zwischen beiden Häusern sein, aber sie bringt mit ihrer Unstetigkeit und Unreife, welchem Prinzen sie ihre Gunst gewähren soll, nichts als Unruhe. Von allen dreien wird die Schöne begehrt. Zunächst steht Chrysippos ihren Gefühlen am nächsten. Die rivalisierenden Brüder verschwören sich gegen ihn, von Hippodamia nachdrücklich unterstützt. Zum Schein verzichtet der hinterhältige Thyestes zunächst zu Gunsten des Atreus.
Von Rachsucht getrieben erscheint plötzlich wie ein Phantom aus fernen Zeiten ein merkwürdiger geheimnisvoller Greis. Zufällig werden an diesem Tage die Sechsten Olympischen Spiele eröffnet. Pelops hält eine pathetische Ansprache und gibt ein Edikt heraus, dass nur hellenische Kämpfer am Spiel teilnehmen dürfen. Er schränkt weiter ein, dass es den Mitgliedern aus dem eigenen Stammbaum untersagt ist, sich im öffentlichen Wettkampf zu profilieren.
Thyestes bietet sich Gelegenheit, beiden Brüdern zu schaden. Zunächst hetzt er den Atreus und dann den Chrysippos auf, den Befehl des Vaters zu missachten und gegen seinen Willen im Stadion als Ringer aufzutreten. Der Wettkampf löst Verwirrung aus und hat auf königlichen Befehl den Abbruch der Spiele zur Folge. Der erboste Pelops beschließt, den Ungehorsam zu bestrafen.
Nun sieht Myrtilos, einst stolzer Wagenlenker des verstorbenen Königs, nun ein blinder gebrechlicher Greis, die Stunde seiner Rache gekommen. Er kündet dem Chrysippos von einstiger Schuld des Vaters und der Stiefmutter Hippodamia.
Thyestes gelingt es mit einiger Geschicklichkeit Airopa zu überreden, in ihrer Gunst dem Atreus den Vorzug zu geben. Pelops, über den Situationswandel überrascht, ist jedoch mit einer Vermählung mit Atreus einverstanden, weil es seinen Interessen der Friedenssicherung entgegenkommt. Er verspricht sogar beiden Söhnen, das Fehlverhalten bei den Spielen zu verzeihen.
Es rebelliert Chrysippos, der die Sinnesänderung seiner Geliebten nicht nachvollziehen kann. Der unbekannte Greis hat ihm Zusammenhänge enthüllt, die ihm besser verborgen geblieben wären. Er, Myrtilos, sei der Wagenlenker gewesen, der auf Weisung Hippodamias, das Gefährt des Oinomaos manipuliert habe, damit er beim Rennen verunglücke. Die Räder haben sich vom Wagen gelöst, weil die Befestigungen herausgenommen und mit Wachs ausgetauscht worden seien. Der Wille des Oinomaos, der gegen eine eheliche Verbindung zwischen Pelops und seiner Tochter Hippodamia gewesen sei, wurde auf diese Weise ausgeschaltet. Für den Mordauftrag habe Hippodamia Liebeslohn versprochen. Seine versuchte Entführung sei jedoch misslungen.
Wutentbrannt unterbricht Chrysippos den Gesang des Hofsängers während eines Banketts und schmäht das Königspaar. Er deckt den Tod des Großvaters auf, so wie er es von dem unbekannten Greis erfahren hat und verurteilt öffentlich die Schuld von Vater und Stiefmutter.
Unter dem Vorwand, die Ehre seiner Eltern verteidigen zu wollen, ersticht Atreus im Zweikampf den ungeliebten Halbbruder. Diesem gelingt es noch, Airopa vor der Unstetigkeit seines Rivalen zu warnen. Der Schwerverletzte erfährt den tückischen Todesstreich durch den sich einmischenden Thyestes.
Pelops, unglücklich über den Tod des geliebten Sohnes, ist völlig aus dem Gleichgewicht geraten. Zwei Dinge beschäftigen seine Gedanken. Wer hat das gehütete Geheimnis enthüllt. Nur einer wusste davon – Myrtilos. Hat der Wagenlenker den Anschlag auf seine Person überstanden und sucht nun hasserfüllt nach Rache? Ist es wahr, dass Hippodamia Verrat übte und den Myrtilos für seine Unterstützung mit Liebe bezahlte?
Von seinem Vertrauten Jolos hat der König den Aufenthaltsort des Greises, der sich in einer verlassenen Hütte verbirgt, erfahren. Er wird sich zu Myrtilos begeben, um die ganze Wahrheit aus ihm herauspressen.
Thyestes setzt sein Intrigenspiel fort und überzeugt die wankelmütige Airopa, dass sie ihre Zuneigung besser ihm schenken würde, denn so wie der sterbende Chrysippos den Charakter des Atreus beschrieben habe, wolle sich dieser von ihr abwenden. Für die königlichen Prinzen gäbe es im Palast keine Bleibe mehr, denn wegen der Bluttat an seinem vielgeliebten Söhnchen Chrysippos, würden sie in die Verbannung geschickt. Sie solle doch besser mit ihm fliehen, denn Atreus ist als Beschützer unzuverlässig. Er wird sie sicher nach Mykene bringen! Erst einmal weg vom Schauplatz - wenn Pelops unter seinem Kummer zusammengebrochen ist, wird er als König zurückkehren. Mit Atreus wird er schon fertig.
Das Totenfeuer brennt und man vernimmt die Trauergesänge der Klageweiber. Pelops glaubt nicht an eine Aussöhnung mit Hippodamia - zu viel ist geschehen. Der Fluch des Oinomaos erfüllt sich auf grässliche Weise.
Die Söhne werden in die Verbannung geschickt - Pelops lässt es die Öffentlichkeit durch eine Proklamation wissen. Diesmal ist das Flehen der Mutter umsonst. Ihren Einwand, die Kinder hätten die Ehre ihrer Eltern schützen wollen und lediglich einen Missetäter bestraft, lässt der König nicht gelten. Seine Seele findet keine Ruhe; im Palast irrt er umher.
Hippodamia setzt sich nun in Bewegung, ihrem Sohn Atreus das Versprechen abzunehmen, den Vater zu töten, da seine Unnachgiebigkeit durch nichts zu erschüttern sei. Zuvor solle er sie zum dem blinden Myrtilos führen.
Geräuschlos tritt Hippodamia in die Fischerhütte ein. Den Atreus schiebt sie vor, damit der Blinde glaubt, Chrysippos sei der Ankömmling, welchen er erwartet. Die Königin will sich überzeugen, ob der Greis tatsächlich Myrtilos sei. Dieser hat ihre Anwesenheit längst erschnüffelt und kalter Hass schlägt Hippodamia entgegen, so dass sie erschaudernd die Flucht ergreift.
Die Verzweifelte zieht Bilanz. Auf ihr lastet die Abwesenheit beider Söhne, der Liebesentzug ihres Gatten, das Verbrechen an ihrem Vater. Eine grenzenlose seelische Einsamkeit harrt ihrer.
Pelops zeigt Härte! Die Söhne werden trotz flehenden Bitten der Mutter nicht zurückbeordert. Er zwingt sie zum Geständnis des Verrats, den sie nicht begangen hat, denn Myrtilos ging tatsächlich leer aus. Tödlich beleidigt versucht Hippodamia, den Gemahl zu erstechen, wird aber von Jolos daran gehindert.
In der Fischerhütte versucht nun der eifersüchtige Pelops von Myrtilos Einzelheiten zu erfahren, was sich damals zwischen ihm und Hippodamia zugetragen hat. Sein Schweigen bezahlt er mit dem Leben durch das Schwert des Rasenden.
Hippodamia sieht keinen Sinn weiterzuleben, da ihr alles genommen wurde und erdolcht sich. Ist Oinomaos jetzt versöhnt? Er ist es nicht! Den Erynien bleibt das Tor des Palastes geöffnet.
„Hippodamias Tod“ entstand zunächst als Drama des Dichters Jaroslaw Vrchlitcký und wurde dann von Zdeněk Fibich vertont. Das Werk hat den Charakter eines Melodrams und wird von Schauspielern gesprochen. Den vokalen Teil übernimmt der Chor. Das Orchester untermalt in romantisch-konservativem Stil den Ablauf einer antiken Familientragödie, wird aber der Wucht des dramatischen Geschehens nicht gerecht.
Es sind drei eigenständige Musikdramen: „Die Brautwerbung von Pelops“, „Tantalos Sühne“ und „Hippodamias Tod“, die der Komponist zu einer Trilologie verknüpft hat. In der Regel werden diese in chronologischer Reihenfolge an drei Abenden aufgeführt. Den dritten Teil komponierte Fibich zuerst.
Die antiken Quellen bringen unterschiedliche Versionen. Ob Richard Wagners „Ring“ bei der Idee einer Triologie, verteilt auf drei Abende, Pate gestanden hat, mag dahingestellt sein.
Letzte Änderung am 3.5.2015
Beitrag von Engelbert Hellen