Banus Bánk
Entstehungszeit: | 1851-60 |
Uraufführung: | 9. März 1861 in Pest |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Erstdruck: | Pest: Rózsavölgyi és társa, 1861 |
Verlag: | Budapest: Editio Musica, 1957 |
Art: | Oper in drei Akten |
Libretto: | Béni Egressy nach dem Drama von József Katona (Text des „Bitteren Trinkliedes“ von Mihály Vörösmarty) Neufassung von Kálmán Nádasdy |
Sprache: | ungarisch |
Ort: | im Ungarn auf der Festung Visegrád und an den Ufern der Theiss |
Zeit: | 1213 |
Bánk: | Palatin von Ungarn, des Königs Stellvertreter (Tenor) |
Melinda: | seine Gattin (Koloratursopran) |
Endré II. / Andreas II.: | König von Ungarn (Bariton) |
Gertrudis: | seine Gemahlin (Mezzosopran) |
Otto: | Prinz von Meran, Gertrudis' jüngerer Bruder (Tenor) |
Petur: | Gouverneur von Bihar (Bariton) |
Tiborc: | ein Bauer (Bariton) |
Biberach: | ein Intrigant, Ottos Kreatur (Bass) |
Weitere: | Melindas Sohn (Kinderstimme), Hofgesellschaft, Volk und weitere |
1. Bild: FESTSAAL AUF SCHLOSS VISEGRÁD
Um seine Eroberungspolitik nach dem nördlich gelegenen Galizien auszudehnen, ist Endré II. genötigt, sich in kriegerischer Absicht außer Landes zu begeben. Die Regierungsgeschäfte besorgt sein Palatin Bánk, der vollauf damit zu tun hat, im Land zu reisen, um sich die Klagen des Volkes und des Kleinadels anzuhören.
Auf dem Thron sitzt die königliche Gemahlin Gertrudis, ein Spross aus dem Haus Meran-Andechs und regiert mit harter Hand. Pfründe und Barvermögen verteilte sie nach Laune an Schmeichler und Günstlinge, die in der Regel aus heimatlichen Gefilden stammen.
Unser Librettist will wissen, dass in der Burg ständig Zechgelage veranstaltet werden, die Königin aber dem Notgeschrei und den Klagen des Volkes kein Gehör schenkt. Der ungarische Hochadel ist verdrossen und hält sich von solchen Festlichkeiten fern. Ohnmächtig muss er zuschauen, wie das Volk hungert und die Königin mit ihrer Verschwendungssucht das Land in den Bankrott treibt und Vermögenswerte aus dem Land getragen werden.
Der Führer der Opposition ist Petur, der Gouverneur von Bihar. Seine Anhänger bitten ihn, ein Trinklied anzustimmen, um die königstreuen Höflinge von ihrem Unmut abzulenken. Der Vortrag, unter dem Begriff „Das bittere Trinklied“ bekannt, gerät zur Satire.
Während Bánk in der Provinz Gerichtstag abhält, um kleinere Streitereien zu schlichten und das Volk zu besänftigen, weilt seine Gattin Melinda auf Befehl der Königin auf Schloss Visegrád. Der jüngere Bruder Gertrudis', Prinz Otto, hat ein Auge auf die junge Frau geworfen und bestürmt sie mit seiner Liebe. Melinda hält die eheliche Treue jedoch hoch, ist zu keinem Abenteuer bereit und kleidet ihre Ablehnung nicht ganz diplomatisch in hochmütige Zurückweisung.
Petur hat Umsturzpläne und möchte Bánk als Anführer gewinnen. Er lässt dem Palatin eine Botschaft zukommen, dass die Übergriffe bei Hofe nicht länger zu dulden seien und seine Anwesenheit dringend erforderlich ist. In geheimer Unterredung eröffnet Petur dem Palatin seinen Plan, stößt aber auf empörte Ablehnung. Der Unterrichtete will den Umstürzler sogar wegen Hochverrats gefangen setzen lassen, doch dieser lässt sich nicht beirren und teilt dem Verdutzten mit, dass das Losungswort der Verschwörer „Melinda“ heiße. Offenbar soll hier eine falsche Fährte gelegt werden.
Von Biberach, einem fahrenden Ritter und geübten Ränkeschmied aus deutschen Landen, erfährt Bánk, dass während seiner Abwesenheit Prinz Otto mit Billigung der Königin seiner Gattin Melinda nachstellt. Offenbar hat der Rivale schon Erfolge erzielt und Biberach will seinem aufmerksamen Zuhörer den Platz zeigen, wo Otto ihr den Weg zu verstellen pflegt. Der Ränkesüchtige möchte sich auf heimtückische Weise an diesem rächen, weil er ihn wegen seiner Heimatlosigkeit ständig foppt. Der eifersüchtige Othello bricht unter der Last der Worte fast zusammen. Nun ist er bereit, Petur zu versprechen, dem nächtlichen Treffen der Verschwörer beizuwohnen.
Im Tanzsaal ist Bánk für den Rest des Abends nicht mehr anzutreffen, was Otto dazu benutzt, sich hartnäckig an Melindas Seite zu halten. Seine Schwester Gertrudis ermuntert ihn zum Liebesabenteuer.
2. Bild: TREPPENAUFGANG IM SCHLOSS
Otto versperrt Melinda auf der Treppe zum Festsaal den Weg. Melinda weist sein heftiges Drängen auch diesmal verächtlich zurück. Sie liebt nur einen einzigen Mann – und das ist ihr eigener. Der falsche Ritter beeilt sich, Bánk herbeizurufen, der in dem Augenblick eintrifft, als die empörte Melinda ihren hartnäckigen Verfolger gerade abgeschüttelt hat. Auf seinen Beobachtungsposten bugsiert und Biberachs irreführenden Ausführungen lauschend, zieht der eifersüchtige Gatte die falschen Schlüsse. In Bánks Seele bricht eine Welt zusammen.
Enttäuscht beklagt Prinz Otto sich bei seinem Kumpan, dass die Schöne seine Liebe nach wie vor abweist.
Wenn Worte nichts nützen, helfen nur noch Aphrodisiaka. In weiser Voraussicht hat Biberach das konzentrierte Gift dabei. Er ist sicher, dass es Melindas Liebesglut entfachen und ihre Tugend zu Fall bringen wird. Nun ist es des Prinzen Sache, die Dosis zu bestimmen und das Elixier seinem Opfer zu verabreichen.
3. Bild: FESTSAAL AUF SCHLOSS VISEGRÁD
Königin Gertrudis verabschiedet ihre Festgäste. Melinda spricht mit bitterem Hohn ihren Dank für die Einladung aus. Die unglücklich gewählten Worte verletzen die Königin, die ihr ihre Unvorsichtigkeit nachtragen wird.
4. Bild: TERRASSE VOR DEM SCHLOSS MIT DONAUBLICK
Bánk Bán beklagt erbittert das Elend des Landes und sein eigenes schweres Geschick. Ein alter Bauer kommt und und konfrontiert Bánk mit seinem eigenen Leid. Seine Frau ist krank und die Kinder hungern. Er selbst fühlt sich elend und läuft in Lumpen herum. Die Not hat ihn beinahe schon zum Diebstahl gezwungen. Nur sein Ehrgefühl und sein Anstand hielten ihn von der Sünde zurück. Bank erkennt in ihm Tiborc, den alten Kämpfer, der ihn einst vor dem Dolch eines Meuchelmörders gerettet hat.
Otto hat begreifen müssen, dass die verabreichte Dosis falsch gewählt war. Von Wahnsinn befallen, wankt Melinda herbei. In seinem furchtbaren Schmerz verflucht Bánk sie und ihr Kind, weil er glaubt, dass es nicht von ihm ist. Ihr Herz ist gebrochen und für seinen Ausbruch fehlt ihr das Verständnis. Sie fleht ihn an, sie zu töten und das Kind zu schonen.
Bánks Zorn legt sich. Seinem Freund vertraut er Frau und Kind an mit der Auflage, dass er beide zu deren Sicherheit auf das heimatliche Schloss an den Ufern der Theiss begleiten soll.
5. Bild: FESTSAAL AUF SCHLOSS VISEGRÁD
Bánk gibt der „königlichen Kupplerin“ die Hauptschuld in den unverantwortlichen Nachstellungen ihres Bruders Otto. Gertrudis hätte ihn zurechtweisen und die Ehre seine Frau vor seinen ehrenrührigen Angriffen schützen müssen. Ihrer Verantwortung als Herrscherin werde sie nicht gerecht, rügt er ihr Verhalten. Das Vermögen der ungarischen Krone fließe in die falschen Kanäle und den Bauern fehle es an Mitteln, um ihre Felder zu bestellen. Er stellt die Königin wegen des Elends im Lande zur Rede, doch seine Worte werden hochmütig zurückgewiesen und vasallische Unterwerfung eingefordert. Der Streit wird immer heftiger. Die Dramatik konzentriert sich auf die Vermischung privater Vorwürfe und dem Versagen als Herrscherin. Gertrudis will Bánk mit einem Dolch töten, doch Bánk entwindet ihrer Hand die Waffe und sticht beherrscht zu.
An dieser Stelle sei eingefügt, dass die geschichtliche Überlieferung den Tatbestand anders schildert. Anlässlich eines Jagdausflugs zu Ehren des österreichischen Kaisers Leopold hatte eine Eskorte ungarischer Adeliger die Jagdgesellschaft überfallen und niedergemetzelt. Einige Ausländer konnten schwer verletzt fliehen, aber Gertrudis wurde „in tausend Stücke“ gehauen. Dieser Dramaturgie wollte der Librettist aber nicht folgen.
6. Bild: DAS UFER DER THEISS
Tiborc erreicht mit der wahnsinnigen Melinda und ihrem Sohn das Theissufer. Ein gewaltiger Sturm kündigt sich an. Der treue Tiborc will einen Fischer mit seinem Boot herbeirufen und bittet Melinda, sich auf die Überfahrt einzustellen. Noch vor Ausbruch des Unwetters müssen sie das andere Ufer erreichen!
Melinda begreift begreift seine Worte nicht, ihre Gedanken zerfließen und lassen sich nicht mehr ordnen. Die arme Seele schwebt zwischen der Wirklichkeit und den Traumgesichtern des Wahns. Die Wahnsinnsszene „Tiszaparti jelenet“ erreicht monumentale Ausmaße. In geistiger Umnachtung ergreift Melinda ihr Kind und stürzt sich mit ihm in die Fluten der Theiss.
7. Bild: THRONSAAL IM KÖNIGSSCHLOSS
Endré II. ist endlich heimgekehrt und findet eine gemordete Gemahlin vor. Keiner will es gewesen sein - alle stellen ihre Schuld in Abrede, aber es nutzt ihnen nichts. In Erwartung eines Gottesurteils müssen die wahllos Verdächtigten an der Bahre vorbeischreiten. Es könnte ja sein, dass die Tote den Arm hebt, sobald ihr Mörder naht. Bei Siegfried von Xanten war das jedenfalls so.
Da tritt Bánk an die Bahre. Er wirft das Zeichen seiner Palatinswürde auf den Sarg Gertrudis und gesteht, der Mörder zu sein.
Das Gesetz sieht vor, dass Streitfälle solchen Ausmaßes nur mit der Waffe in der Hand des Geschädigten im Angesicht des anwesenden Volkes entschieden werden können. Endré greift zum Schwert, um seinen Palatin zu bestrafen. Bánk hat keine Einwände. Doch in diesem Moment betritt ein trauriger Zug die Halle. Die sterblichen Überreste der beiden Ertrunkenen, von Tiborc begleitet, treffen ein. Alle sind erschüttert, während Bánk über dem Gefährt zusammenbricht.
Letzte Änderung am 21.7.2012
Beitrag von Engelbert Hellen