Entstehungszeit: | 1938 |
Uraufführung: | 4. Februar 1939 Stuttgart |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester (2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 4 Hörner, 2 Trompeten, 3 Posaunen, Harfe, Celesta, Schlagwerk und Streicher) |
Erstdruck: | Berlin: Dreiklang-Dreimasken Bühnen- und Musikverlag, 1938 |
Bemerkung: | Die unterhaltsame Operette gewinnt an Wert, weil zeitkritische Elemente angesogen werden und die Handlung auf diese Weise vor einem tragfähigem historischen Hintergrund aufgezogen wird. Das ungarische Element gehört zur Wiener Operette wie die Butter zum Brot. Kaiserin Maria Theresia hat wieder einmal ihren glanzvollen Auftritt. Nico Dostal betritt noch einmal den ausgetretenen Pfad von Emmerich Kálmán und Franz Lehár. Der Komponist steht für den Ausklang des „silbernen Zeitalters“ der Wiener Operette. |
CD: | [Details] |
Die ungarische Hochzeit (Gesamtaufnahme) (CPO, DDD, 2015) Nico Dostal (1895-1981) klassik-heute.com 09/2016: »Ein Glück, dass es solche Operetten-Stationen (um nicht zu sagen: Sanatorien) gibt wie Bad Ischl im Salzkammergut. Dostals geschickt verfertigte Musik zaubert ein Talmi-Ungarn herbei, mit Csardasklängen, die bald nach Strauß, nach Lehar, Kalman etc. duften.« |
Art: | Operette in einem Vorspiel und drei Akten (vier Bildern) |
Libretto: | Hermann Hermecke nach einer Vorlage von Koloman Mikszath |
Sprache: | deutsch |
Ort: | Ungarn |
Zeit: | um 1750 |
Maria Theresia: | Kaiserin (Sprechrolle) |
Baron Desider: | Edler von Pötök (Bariton) |
Stefan Bárdossy: | Gouverneur von Hermannstadt (Tenor) |
Arpád Erdödy: | sein Kammerdiener (Tenorbuffo) |
Josef von Kismárty: | Schultheiß von Popláka (Bariton) |
Frusina: | seine Frau (Alt) |
Janka: | deren Tochter (Sopran) |
Rittmeister Baron Leopold von Kießling: | Kurier der Kaiserin (Schauspieler) |
Etelka: | Bauernmädchen (Soubrette) |
Weitere: | Gefolge der Kaiserin, ungarische Adelsgesellschaft, Offiziere, Soldaten, Hofgesellschaft, Lakaien, Diener, Bauernvolk, Kolonisten, Zigeuner |
Der Landesmutter kann man nicht nachsagen, sich um die wirtschaftlich unterentwickelten Gebiete ihres Reiches nicht zu kümmern. Die Ackerkrume hat reichlich Humus und ist deshalb besonders geeignet, Frucht zu tragen. Noch ist die Donaumonarchie dünn besiedelt und Kaiserin Maria Theresia versucht, durch Versprechungen und Geschenke junge Männer zu bewegen, sich in Siebenbürgen und im schönen Pusztaland als Landwirt niederzulassen. Faszinierende einheimische Mädchen zum Heiraten, die es dort in Fülle geben soll, verspricht die Herrscherin als Bonus. Die Verlockung ist groß und die Abenteuerlustigsten unter ihren Untertanen sind ihr erlegen.
Immer wieder muss die Monarchin es erleben, dass ihren wohl durchdachten Wünschen und Absichten Hohn gesprochen wird. Selbstverständlich bekommen die Pioniere reichlich Boden, dazu Ackergeräte und Saat, doch mit drallen temperamentvollen Csardasfürstinnen knausern die Alteingesessenen und versuchen, zunächst die beleibten und betagten Kriegerwitwen an den Siedler zu bringen. Es verhält sich nicht so, dass eine verblühte Schönheit nicht mehr weiß, wie eine Ziege gemolken oder ein Rebstock gehegt wird. Nein, das optische Erscheinungsbild sollte aber auch gefallen, so wie man es zugesichert hat.
Eine Abordnung wird nach Wien geschickt, um an höchster Stelle Beschwerde einzulegen. Maria Theresia nimmt in ihrer Eigenschaft als fürsorgliche Mutter die Reklamation ihrer Adoptivkinder sehr ernst und schickt einen kaiserlichen Kurier nach Hermannstadt, um den Grafen Stefan Bárdossy mit der Untersuchung der Vorfälle an Ort und Stelle zu beauftragen.
Dem Aufgeschreckten kommt die Anordnung seiner allerhöchsten Majestät ungelegen, denn eine Liebesangelegenheit hält den Frauenhelden zurzeit völlig unter Beschlag. Deshalb schickt er seinen Kammerdiener Arpád in in die Puszta, damit dieser in seiner Vertretung nach dem Rechten schaut. Der gehorsame Diener ist angehalten, feudale Kleidung zu tragen und gräfliche Autorität zu produzieren. Wird der Domestike die Ehre zu würdigen wissen und seine Sache gut machen? Dem Gouverneur kommen nachträglich Zweifel. Gewissensbisse plagen ihn und in der Verkleidung eines Landnehmers reist er dem Vorausgeschickten nach. Früher als dieser ist er in dem Puszta-Dörfchen angekommen.
Der Schultheiß von Popláka ist von der bevorstehenden Inspektion nicht entzückt, denn er war es, der die Anordnung erlassen hat, Alte und bedürftige Frauen zuerst mit Mannsbildern zu versorgen, damit ein Ernährer für sie Sorge trägt. Seine Frau Frusina hat eine Idee, wie man den Revisor hinters Licht führen kann. Man müsste Scheinhochzeiten inszenieren, aber die herbeizitierten Mädchen erklären, dass sie nicht heiraten wollen - auch nicht zum Spaß. Nun spricht der Ritter von Kismarty in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Popláka ein Machtwort: „Morgen um zehn wird geheiratet und damit basta!“ Nun, wenn es keinen Ausweg gibt, muss man das beste aus der Sache machen und sich den prächtigsten Kerl an Land ziehen. Im Grunde ihres Herzens wünschen sich alle nichts sehnlicher, als einen Mann für die Versorgung und für das Herz. Die Grenzen zwischen Realität und Spiel verwischen. Wie beim Gesellschaftstanz haben die Paare sich relativ schnell gefunden. Arpád hat Etelka ins Auge gefasst: „Kleine Etelka, sag doch bitte ja!“. Sie flötet zurück: „Herr Graf, ich bin von zartem Wesen“, ohne zu ahnen, dass sie in Realität den Kammerdiener und nicht den Grafen erwischt hat.
Die Bürgermeistersfrau bittet ihre Tochter Janka, sich ebenfalls als Bäuerin zu verkleiden, um am Spielchen teilzunehmen. Der stattliche Stefan findet als geübter Frauenjäger an der Dorfschönen sogleich Gefallen. Doch beide merken auch, dass Jux sich in Ernst zu verwandeln droht, denn zwischen beiden knistert es gewaltig. Nun empört sich die Mutter. In ihrem Dünkel gefangen, will sie nicht, dass, Janka von Kismarty mit einem einfachen Bauern den Bund fürs Leben schließt. Natürlich hat sie keine Ahnung, dass es der Gouverneur von Hermannstadt ist, der sich in seiner Maskerade um ihre Tochter bemüht.
Der Edle von Pötök ist Stefans Onkel und will verhindern, dass sein Neffe ein Bauernmädchen heiratet. Er klärt Frusina auf, wer Stefan tatsächlich ist und nun rät diese ihrer Tochter arglistig, nachträglich auf der Verbindung zu beharren. Über die Identität ihres Freiers in Kenntnis gesetzt, macht Janka das abgekartete Spielchen nicht mit. Den Bauern, den sie ehrlichen Herzens liebte, hätte sie genommen, auf einen Gouverneur, der als Frauenheld übel beleumundet ist, kann sie gern verzichten. Gekränkt, weil die eigene Mutter sie getäuscht hat, will sie dem Schürzenjäger einen Denkzettel verpassen und bestimmt ihre Magd, am morgigen Hochzeitstag tief verschleiert am Traualtar ihren Platz einzunehmen. Anna ist überglücklich, einen Gouverneur zum Gemahl zu bekommen, selbst wenn er untreu ist. An einen solchen leckeren Happen hat sie nicht einmal in ihren kühnsten Träumen gedacht!
Aber was nun mit den lamentierenden Kriegerwitwen geschehen soll, die ihre jugendlichen Partner wieder abtreten müssen, weiß keiner. Hoffentlich kommen die alten Bäuerinnen nicht auf die Idee, sich beschwerdeführend an die Landesmutter zu wenden.
Graf Stefan fällt aus allen Wolken, als er seine Braut am Abend der Hochzeit entschleiert. Im Schloss zu Pressburg, in dem Kaiserin Maria Theresia - gleichfalls Königin von Ungarn - derzeit weilt, sucht er Gerechtigkeit und stellt Antrag, seine unter falschen Voraussetzungen eingegangene Ehe zu annullieren. Er sei betrogen worden, argumentiert er, denn die Braut habe man ihm untergejubelt. In Abwägung aller Umstände kommt die Justiz seinem Gesuch nach. An das Urteil ist allerdings die Bedingung geknüpft, im Austausch eine andere Bäuerin zur Frau zu nehmen. Janka hat unterdessen ihre Unbesonnenheit erkannt und bereut. Ihr Herz hat gesprochen und zur Freude Stefans stellt sie sich an seine Seite.
Die schönsten Melodien hat Nico Dostal sich für den Schluss aufgehoben. Publikum und Darsteller schwelgen: „Lasst die Glocken läuten“ „Märchentraum der Liebe“ und „Du bist meines Lebens Seligkeit“ sind die wohlklingenden Titel.
Letzte Änderung am 5.11.2009
Beitrag von Engelbert Hellen