Gaetano Donizetti (1797-1848):

Maria Padilla

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1841
Uraufführung: 26. Dezember 1841 in Mailand (Teatro alla Scala)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Verlag: Brescia: MKT edizioni musicali, 2000
Bemerkung: Donizetti hatte kurz zuvor in Paris „La Favorite“ komponiert und nimmt - nach Italien zurückgekehrt - den Handlungsfaden spanischer Geschichte wieder auf. Die schwindenden körperlichen Kräfte merkt man seinem Kompositionsstil nicht an. Im Gegenteil, Maria Padilla schwappt über vor kraftstrotzenden musikalischen Einfällen. Das Libretto mag ihn gereizt haben.

La Padilla war seinerzeit die schönste Frau von Sevilla, aber nicht die Tugendhafteste. Heimlich mit Don Pedro verheiratet, residierte sie im Alcázar. Selbstbewusst, machtbesessen und vital war Blanche für sie keine ernstzunehmende Gegnerin. Kurz nach ihrer Ankunft in Spanien warf Pedro den Bourbonenspross ins Gefängnis und ließ ihn durch Gift aus dem Weg räumen. Dem konservativen Vater wird Maria für seine starre Ablehnung zusätzliche Gründe gegeben haben, mehr als der Librettist in seinen Dialogen verarbeitet hat.

Zur Oper

Art: Melodramma in tre atti
Libretto: Gaetano Rossi nach dem Drama von François Ancelot
Sprache: italienisch
Ort: Sevilla
Zeit: 14. Jahrhundert

Personen der Handlung

Maria Padilla: Don Pedros heimliche Gemahlin
Ines Padilla: ihre Schwester
Don Ruiz di Padilla: ihr Vater
Don Pedro: Prinz von Kastilien, später: Peter El Cruel, Deckname: Mendez
Ramiro: Herzog von Albuquerque, Premierminister
Don Luigi: Graf von Aguilar
Don Alfonso di Pardo: spanischer Edler
Francisca: Marias Duenja

Handlung

1. Akt:

ERSTE SZENE

Die Pächter, Mädchen und Schafhirten aus den friedvollen Tälern Andalusiens sollen herbeikommen! Im Schloss herrscht große Freude, denn man wird Hochzeit feiern. Ines Padilla bedankt sich für die Blumen, die man ihr reicht, und für die glühenden Gebete, die zum Himmel gesandt werden, damit sie mit dem Grafen von Aguilar glücklich werde. Der harmonischen Verbindung stehen keine Hindernisse entgegen. Ines strahlt ihren Luigi an und singt die schöne Arie: „Sorrido oh sposo amato“ - „Lächle, geliebter Gatte“. Dieser nimmt sie bei der Hand, und seine strahlenden Augen verraten mehr als Worte zu sagen vermögen. Beider Herzen sind verzückt und befinden sich im Gleichklang, denn der Himmel hat sie zusammengeführt. Das Paar bedankt sich bei den Dörflern für die Anteilnahme und die vielen Geschenke. Man freut sich nun auf Verwandte und Freunde, die ihren Besuch angekündigt haben. Es sind vor allem der Cousin Alfons und Mendez, der Favorit des Prinzen. Luigi geht ins Haus, so dass Ines endlich Zeit findet, sich ihrer jüngeren Schwester zuzuwenden.

ZWEITE SZENE

Maria nimmt die Hand der Schwester und hält sie an ihre Brust, damit sie fühlt, wie ihr Herz schlägt. Immerzu muss sie an den Traum denken, der sich ständig wiederholt und sie in Aufregung versetzt. Ein Engel, mit einer königlichen Schärpe bekleidet, führt sie vom Altar zum Thron. Der Weg ist mit Blumen bestreut und ein lieblicher Glanz geht von dem Cherub aus. Jubelchöre und Trompetengeschmetter vermeint sie zu hören, und aus dem Volk lösen sich Stimmen, die das Wort „Königin“ rufen. Sie kann den Thron sehen, über dem zur Musik einer Harfe eine Krone schwebt. Die geliebte Schwester ist ein bisschen überspannt, und Ines macht sich ernsthafte Gedanken um die Jüngere. Die Besorgte warnt ausdrücklich, sie soll sich durch falsche Träume nicht irreführen lassen und ihr glühendes Herz fest in der Hand halten, um sich nicht selbst unglücklich machen.

DRITTE SZENE

Don Luigi geht den Besuchern entgegen, die abgesattelt und den schmucken maurischen Innenhof betreten haben. Alfonso erklärt, dass er sich beeilte, zu diesem freudigen Ereignis zu kommen. Auch Mendez offeriert seine Glückwünsche und bekundet zusätzlich, wie sehr er sich nach der anbetungswürdigen Maria gesehnt habe. Sein Herz ist ihm vorausgeflogen, und ihre Anwesenheit gestaltet für ihn diesen Tag noch prächtiger als wie er ohnehin schon ist. Maria teilt seine maßlose Freude und macht aus ihrer Zuneigung keinen Hehl. Er nimmt ihre Hand, und beide gehen dem Brautzug hinterher. „Auf zum Altar“ feuert der Opernchor die Hochzeitsgäste an, nachdem er zuvor den Segen des Himmels zur glücklichen Verbindung garantiert hat. Als Mendez Maria seine Liebe erklärt und fragt, ob er bei ihr eine Chance habe, wiederholt Maria doppeldeutig den Refrain: „Auf zum Altar!“ Der Opernbesucher ahnt bereits, dass Mendez mit Don Pedro, dem zukünftigen König von Kastilien, identisch ist.

VIERTE SZENE

Die Nacht ist hereingebrochen und ein ereignisreicher Tag ist zu Ende gegangen. Francisca zündet eine Kerze an und hilft ihrer Herrin beim Auskleiden. Nach dem Gutenachtkuss verlässt sie den Raum, und Maria steht sinnend am Fenster, um den Vollmond zu betrachten. Die glückliche Schwester, sieht sie nicht einer rosigen Zukunft entgegen? Was wird das Schicksal für sie selbst bereithalten. Eine Zukunft mit Mendez - wird sie vorteilhaft oder fatal sein?

Erregt stürzt Francisca ins Zimmer, Maria soll sich schnell verstecken. Böser Verrat wirft seine Schatten voraus. Es existiere ein Komplott, die Jungfrau zu entführen. Den Wachen wurde entweder Angst eingejagt oder man hat sie mit Gold bestochen. Sachlich erkundigt sich Maria, ob die Duenja weiß, wer die Entführer sind. Es sei Don Pedro, der Sohn des Königs. Mendez sei ein falscher Name. Ach, Mendez, die Freude ihrer Träume! Wird Mendez ihr Schicksal sein?

Francisca hat Fußtritte im Garten gehört und gesehen, wie ein Seil hochgeworfen wurde. Die Entrüstete soll still sein und verschwinden. Eine Padilla hat genügend Herz, um sich mit einer Waffe allein zur Wehr setzen zu können. Die Abgeblitzte ist pikiert und schmollt, dass ihrer Warnung so wenig Beachtung entgegengebracht wird.

FÜNFTE SZENE

Maria nimmt einen Dolch aus der Schublade, positioniert sich am Fenster und ist durch den Vorhang verdeckt. Pedro ist am Seil hochgeklettert und schwingt sich durch die Fensteröffnung. Maria, die mit gezücktem Dolch neben dem Brokat steht, nimmt er nicht wahr. Nach der Anstrengung der Kletterpartie stößt er einen Seufzer aus und meint, dass er dem Himmel nahe sei. Eine schneidende Stimme ruft ihn plötzlich bei seinen wirklichen Namen: Don Pedro von Kastilien. Himmel, es ist Maria. Aber wozu hält sie in der erhobenen Hand einen Dolch? Um ihre Ehre zu beschützen, macht sie ihm klar. Sie solle keine Furcht haben. Don Pedro bittet, seine Liebe, die ihn hergeführt habe, zu entschuldigen.

Welche Liebe, argwöhnt Maria. Er habe wohl gedacht, von einem jungen unschuldigen Herzen Vorteil zu nehmen, um dann sein Opfer schluchzend und in Schande zurückzulassen. Aber die Unschuldsvolle hatte einen Engel, der immer über sie wacht. Sie hat seiner Liebe geglaubt, aber nun sieht sie, dass diese nur vorgetäuscht war. Sie hasse und verachte ihn.

Oh, nein, das geliebte Wesen täuscht sich. Die Liebe ist echt, nur die Maßnahme war eine falsche. Pedro bittet um Vergebung. Die Liebe, die Mendez ihr beteuert hat, beherrscht auch das Herz des Prinzen. Der schöne Engel soll sich beruhigen und den strafenden Blick aus seinen Augen verbannen. Immer wird sie für ihn die Süßeste sein und das einzige Objekt seiner Liebe. Rettung soll sie einem unglücklichen Mann geben, Rettung für die Liebe von ihm.

Maria wird weich. Was wird der liebe Vater sagen, wenn er von ihrer Schande hört. Blut wird fließen, das des Liebsten oder des Retters. Schlimme Voraussetzungen für ein gutes Ende. Ihre Schuld wird sie zuerst tilgen und die erhobene Hand richtet den Dolch gegen den Busen. Doch Don Pedro ist flink und biegt den Stahl mit Leichtigkeit zur Seite. Für ihn soll sie leben, als seine Frau!

Was hat er da gesagt? Welche Freude! Wird er schwören bei einem heiligen Symbol? Maria fasst den Dolch an der spitzen Klinge, so dass der Umriss des heiligen Kreuzes simuliert wird. Pedro wiederholt seinen Schwur unter Anrufung des himmlischen Vaters, und die Situation ist geklärt. Die Liebenden umarmen sich. Sie gibt sich ihm für immer! Für immer ist sie sein! Ihre inbrünstigen Gebete wurden erhört. Der Thron ist in Sichtweite gerückt.

Alfonso steht unten Schmiere. Sie soll mitkommen. Gibt es noch Einwände? Die Ehe muss geheimgehalten, weil der Vater sonst unangenehm wird. Im Moment ist der Ruf allerdings zum Teufel. Was soll’s. Pedro ist für sie in jeder Hinsicht das Universum. Sollten sich Probleme ergeben, werden sie gelöst, wenn sie anfallen.

2. Akt:

ERSTE SZENE

Zwei Jahre ist Maria nun schon mit Pedro verheiratet, der inzwischen König geworden ist. Gemäß Absprache wird die eheliche Verbindung aus politischem Kalkül geheimgehalten. Nach außen gilt „La Padilla“ als seine Mätresse. Pedro hat ihr einen schönen Palast geschenkt, in welchem sie Hof hält und rauschende Feste feiert. Die Höflinge folgen ihren Einladungen und gebärden sich unterwürfig, verachten sie aber insgeheim wegen ihrer nicht legitimen Verbindung und ihres geringen Adelstandes. Im konservativen Spanien ist man weniger tolerant als im liberalen Frankreich.

Eine Gruppe sieht in der Schönen des Königs einen Engel, der sich der Gepeinigten annimmt. Die anderen argwöhnen, dass sich die Ehrgeizige auf den Thron setzen möchte, was grundsätzlich missbilligt wird, da man sich dort einen glanzvolleren Stern wünscht. Blanche von Bourbon ist im Gespräch und bereits nach Sevilla unterwegs. Don Pedro ist nicht frei in seinen Entscheidungen, er denkt nur an seine Liebe, aber seine Mutter gibt ihm Zunder, und der Erste Minister, der Herzog von Albuquerque, sieht durch die Ambitionen von La Padilla seine Pläne durchkreuzt. Was bildet die Ehrgeizige sich eigentlich ein? Dem Land kann sie keine Glorie bringen, sie ist nicht einmal wert, den Staub von seinen Reitstiefeln zu küssen. Doch er und die übrigen Höflinge behalten ihren Hohn für sich. Der König ist im Begriff, die Herrlichkeit seiner Vorfahren zu opfern und das Zepter zu missbrauchen. Wenige Eingeweihte wissen, dass er den kirchlichen Altar bereits besudelt hat. Eviva La Padilla!

ZWEITE SZENE

Ohne zu begreifen, auf was er sich einlässt, platzt unverhofft Don Ruiz herein. Er ist der Vater der Padilla-Schwestern, schon alt und dazu verbohrt. Unpassend gekleidet, aber großspurig beabsichtigt der Mitteilungsbedürftige seinen tiefsitzenden Ärger auszuschütten und sucht sich ausgerechnet den Premierminister Don Ramiro als Gesprächspartner aus. Nach vielen Jahren der Abstinenz vom Hofe sieht der Herzog ihn wieder, und er habe dass Gefühl, dass er ihm - eingehüllt in mystisches Dunkel - völlig unbekannt sei. Die Sonne der Padillas hat sich verfinstert, und eines Vaters Herz ist zerrissen von einer fürchterlichen Schlange. Ein böser Geist, der sich hartnäckig hält, verfolgt ihn bei Tage und vergällt seine Nächte. Einst war sie die Freude ihres Vaters, doch seine immerwährende Scham mag den Namen der schuldigen Frau nicht nennen. Einst war sein Pfad mit Blumen bestreut, von König Alfons wurde er geliebt und seine Augenbrauen waren von Lorbeeren überschattet. Sein nichtsnutziger Nachfolger raubt ihm nun beides, seine Ehre und seine Tochter. Das ist nun der Dank für das Blut, von dem er einst für das Vaterland geopfert hat, und seine Treue. Don Ramiro gießt Öl ins Feuer. Der Ehrwürdige soll doch schauen, welch herrlichen Palast der König seiner Tochter geschenkt hat. Die vielen Leute, die er hier sieht, sind alle ihre Freunde.

Der Minister soll schweigen. Die Unehre seiner Tochter kann er nicht akzeptieren, und sein Herz weint Blut. Die heutige Fiesta will er zum Anlass nehmen, um seine Schande auf das Haupt des königlichen Verführers zu deponieren. Die ungläubige Tochter wird vor Scham zu seinen Füßen niedersinken. Ramiro warnt den Alten eindringlich, dass er darauf achten soll, wo er sich befinde und was er sagt. Die Anwesenden hören mit, könnten seine Worte falsch deuten und verbreiten. Er soll sich bitte mäßigen und sein Gemüt beruhigen.

DRITTE SZENE

Die Gastgeberin hat sich für den festlichen Abend sorgfältig gekleidet, und zum kostbaren Gewand prangt ein blitzendes Juwelen-Diadem auf dem Haupt. Ein Perlenkollier mit Anhänger, an dem ein Miniaturbildnis von Pedro baumelt, schlingt sich um ihren schlanken Hals. Ines, unauffällig gekleidet, wirkt in ihrer Fröhlichkeit reduziert. Ihr Gatte hatte vor längerer Zeit im Streit Don Alfons de Pardo, den Busenfreund von „Mendez“ erschlagen, ist aber auf Vermittlung von Maria im Zuge einer Amnestie vom König begnadigt worden. Luigi traut dem Frieden allerdings nicht und wagt sich nur selten aus dem Haus. Gnade erteilen Könige gern und reichlich, um von vollbrachten Schandtaten abzulenken. Don Ruiz hatte eine Revolte angezettelt und war ebenfalls in Ungnade gefallen, aber auf Intervention Marias vom König begnadigt worden.

Der Vater weint immerzu, weiß Ines zu berichten und auch im Auge von Maria sieht sie eine Träne. Ihre blinde Liebe zu Pedro habe sie viel gekostet, denn die Gesellschaft bewertet den Verstoß gegen die Konvention negativ, und der Vater verfluche sie. In der Tat ist sein Ärger unkontrolliert und sein Sinn ist gegen sie gewandt. Maria sehnt sich nach Vergebung, und beide überlegen, ob es etwas nutzt, wenn man auf die Knie fallen wird. Möge nach langem Leiden der Frieden kommen wie ein Regenbogen und die Erlösung bringen. Der Himmel möge endlich antworten auf die unzähligen Gebete, die Maria an ihn richtet. Die Schwestern umarmen sich.

VIERTE SZENE

Pflichtgemäß berichtet der Premierminister seinem König, dass neue Nachrichten aus Frankreich eingetroffen seien. Der König ist für schlimme Botschaften nicht in Stimmung, verweist auf später, denn er möchte mit Maria und den eingeladenen Gästen den Abend genießen.

Wer ist der unbekannte Alte, der solch stolzes Gebaren zur Schau stellt? Er komme zu diesem jugendlichen Hof als Fremder, so sagt er und wünsche den König zu sehen. Pedro gibt sich zu erkennen und will wissen, was ihn veranlasse, hier einzudringen. Er sei der Führer der Unterdrückten und die Hoffnung und der Stolz des Königreichs. Wenn Pedro, der würdige Sohn von König Alfons, der Repräsentant Gottes auf Erden sei, kann und muss er ihn rächen. Seltsame Worte! Pedro gibt sich kurzangebunden. Der König weiß zu strafen und will wissen, wer der Bittsteller sei und wie sein Name lautet. Er habe keinen Namen mehr, aber er kenne den Namen seines Gegenübers. Pedro antwortet, dass ihn dies nicht wundere, seinen Namen kennt in Kastilien jeder. Er ist die Geißel der Mauren. Die Welt soll er fragen und sie wird ihm in Ehrfurcht von Pedros Tapferkeit erzählen. Man nenne ihn Pedro den Grausamen. Dennoch, erwidert der Alte, den Namen, den er tatsächlich verdiene, sei es nicht. Wie sollte er tatsächlich lauten? Feigling oder Schuft würde besser passen!

Unerhöht! Den Umstehenden verschlägt es den Atem, den König in aller Offenheit beleidigt zu sehen. Sie greifen zum Schwert, das Wort Rache ertönt in Wiederholung. Doch der Alte höhnt weiter und erklärt, sich von solcher Fülle edler Entrüstung geschmeichelt zu fühlen. Viele Klingen sieht er blitzen für ein einziges Grab. Er sei unbewaffnet und könne gegen die mutigen Krieger nicht antreten, sein Schwert habe er an der Tür zurückgelassen. Pedro macht den Wütenden aufmerksam, dass er viel gewagt habe. Ruiz sagt, er werde noch viel mehr wagen. Der schwarze Klecks eines Gewaltaktes fragt nach eines Feiglings Blut. Hat der König keine Courage? Ein alter Mann biete ihm diesen Handschuh! Der Unbeherrschte wirft Pedro einen Handschuh ins Gesicht.

Dem König reicht es. Er will und kann sich diese Kränkung nicht gefallen lassen und hat alle Höflinge auf seiner Seite. Sein Zorn wird auf den Alten fallen und ein Schwert ihn in Stücke hacken. Seine Asche soll verstreut sein und ohne Grab und ohne Gebete wird er diese Erde verlassen.

Sein Racheakt sei vom Himmel gedeckt und jetzt wir er ihm auch seinen Namen sagen. Der König wird frösteln und eine unendliche Scham sein Herz verbiegen. Der Souverän soll doch die von ihm zugefügte Beleidigung wegwaschen, wenn er kann. Die Höflinge sind der Ansicht, dass der König es nicht nötig habe, sich die Finger schmutzig zu machen, es sei ihre Angelegenheit, die bodenlose Unverschämtheit des Eindringlings zu bestrafen. Ein Schwert sei zu schade. Die Bastonade, so wie sie bei den Mauren geschwungen wird, tue ihre Dienste genau so gut. Der Bedrängte meint, die Rache des Himmels würde den Monarchen treffen, wenn man ihn unehrenhaft behandele. Die Höflinge sind belustigt. Der Himmel wird taub sein, denn dieser stehe grundsätzlich auf des Königs Seite. Schande wird den Vorwitzigen erwarten und weinen wird er sein Leben lang.

FÜNFTE SZENE

Der Tobende wird gewaltsam aus dem Saal gezerrt. Für seine Kühnheit wird er die angekündigte Strafe empfangen. Pedro hat sich wieder beruhigt und fordert die Gäste auf, sich nach der unliebsamen Unterbrechung erneut dem Vergnügen zuzuwenden.

Maria und Ines betreten den Raum. Sie sind besorgt, weil sie furchtbares Geschrei gehört haben, welches ihr Herz zum Erzittern gebracht hat. Ohne den Gepeinigten zu kennen, bittet Maria für ihn um Milde. Don Ramiro fackelt nicht lange, den beiden Schwestern über die Freveltat des Vaters Aufklärung zu geben. Sie sind entsetzt, aber Pedro führt zu seiner Entschuldigung an, dass er über Identität des Beleidigers keine Gewissheit hatte.

Maria führt es auf den Zorn Gottes zurück, dass solche Infamie und solcher Schrecken auf sie wartet. Nun kann sie von ihrem Vater keinen Pardon für ihre Schuld mehr erwarten, und es wird sich erübrigen, um Vergebung flehend zu seinen Füßen niederzusinken. Immerzu wird er seine Tochter verfluchen, und ihr bleibt nur, vor Gram zu sterben.

Ines ist noch wütender und verflucht den Tag als Pedro Maria zum ersten Mal traf. Für ihn hat die Schwester den Himmel aufgegeben, ihren Ruf als ehrbare Frau geopfert und sich den Vater zum Gegner gemacht. Zu Gott fleht sie, damit ihre Tränen gerächt werden. Pedro soll seine Tage mit tief empfundener Reue füllen.

Pedro bittet Ines, sich zu mäßigen. Extremer Ärger hatte ihn geblendet. Der Vater wird zurückkommen und durch seine Macht zu hohen Ehren gelangen, aber zuerst muss er die ihm zugefügten Beleidigungen vergessen. Sein Blut würde er geben, um diesen unglücklichen Moment ungeschehen zu machen. Ramiro sieht den Tag, der mit Vergnügen und Festlichkeit begann, in Düsternis versinken. In seinem Herzen ahnt er Schlimmes voraus. Typisch weiblich verhält sich Maria. Das kostbare Kollier, welches Pedro ihr geschenkt hat, reißt sie sich vom Hals und wirft es ihm vor die Füße. In den Staub schleudert sie die trügerischen Geschenke einer tyrannischen Liebe. Es sind bittere Erinnerungen und üble Embleme der Scham. Verlassen fühlt sie sich an diesem Ort von Infamie und Terror. Sie hakt sich bei Ines ein, und die Schwestern verlassen erhobenen Hauptes die Stätte, an der sie soeben tüchtig Dampf abgelassen haben. Die Höflinge stehen starr vor Verblüffung, und Pedro El Cruel schaut den beiden ungläubig hinterher.

3. Akt:

ERSTE SZENE

Nachdem Don Ruiz drei Tage zwischen Toben und Tränen im Delirium lag, war er in einen tiefen Schlaf gesunken. Die Schwestern und Luigi hatten den arg Geschundenen gefunden und ihn in die Bettkammer des Schwiegersohns verfrachtet. Das Fieber hat er überstanden, und Ines kommt mit einem nassen Handtuch aus der Kammer, mit dem sie dem armen Vater die Fußsohlen gekühlt hat. Alle hatten schon gedacht, der Teure würde für immer von ihnen gehen, doch die heißen Gebete, die zum Himmel gesandt wurden, um seine Wiederherstellung zu bewirken, haben ein positives Resultat erzielt. Sein Gesicht ist ruhig und er atmet regelmäßig. Maria möchte gern tränenvoll zu seinen Füßen kauern, traut sich aber nicht, in die Kammer zu gehen.

Plötzlich hört man die Stimme des Alten nach der Tochter rufen. Gemeinsam betreten sie das Gemach und sind glücklich, ihn hellwach vorzufinden. Er spricht davon, dass sein Leben nun verebben würde, was jede Stunde passieren könne, doch ein einziges Mal möchte er seine jüngste Tochter noch umarmen, um so ein bisschen Komfort in seine letzte Stunde zu bringen. Maria ist bewegt, und Ines trifft die Feststellung, dass der Vater sie trotz allem noch liebt. Maria fasst sich ein Herz und bittet die übrigen, sie in diesem feierlichen Moment mit dem Todkranken allein zu lassen.

ZWEITE SZENE

Um das Fundament für einen Dialog vorzubereiten, wird erst einmal steinerweichend um Vergebung gefleht. Der Vater fällt ins Delirium zurück und die Wellen der Aggression schlagen über seinem Kopf zusammen. Er kämpft auf den Turnierplätzen der Vergangenheit und sieht zornerfüllt das Gesicht des Prinzen. Maria hat Mühe, dem Geistesabwesenden klarzumachen, dass er nicht den verhassten Prinzen, sondern die eigene, ihn über alles liebende Tochter vor sich hat. Kann es sein, dass der arme Vater infolge der körperlichen Prozedur für immer einen Schaden davongetragen hat? Sie singt dem Verstörten ein Liedchen aus der Kindheit vor, und dann kommt endlich ein lichter Moment. Maria kann dem Zuhörenden klar machen, dass sie zwar durch Liebe schuldig geworden sei, aber im herkömmlichen Sinne ihre Ehre nicht verloren habe. Sie holt ein Pergament aus ihrem Mieder, in dem Don Pedro mit eigener Signatur erklärt, er bezeuge vor dem Allmächtigen, dass die ehrenhafte Donna Maria Padilla seine Gemahlin sei und eines Tages seine Königin sein werde. Jetzt wird der Alte richtig munter. Er reißt ihr das Dokument aus der Hand, und sie kann nicht verhindern, dass es in den Flammen einer Kerze als Rauchwolke zum Himmel steigt. Nun sind alle Rechte auf die Krone verloren. Dazu ist Maria noch eidbrüchig geworden. Doch wenn es den Vater erleichtert, dieser ihr ihren Fehltritt verzeiht und ihr nicht länger flucht, ist das Opfer den Verlust des Ehevertrages wert. Sie soll ihn jetzt verlassen und ohne Furcht sein. In seiner letzten Stunde ist das Herz des Vaters nicht mehr fähig zu verfluchen.

Des Volkes Stimme tönt durch das Fenster: Lang lebe Bianca, der Stolz Frankreichs, welche Don Pedro zu seiner Braut erhebt. Was bedeuten die Salutschüsse! Oh Schreck lass nach! Bianca, Pedros Braut? Auf einmal will der Alte nicht mehr sterben, kann auf Maria gestützt aufstehen und ist putzmunter. Sie ziehen sich etwas über und rennen auf die Straße, um zu erkunden, welche Neuigkeiten es gibt.

DRITTE SZENE

Die Könige von Kastilien und Leon residierten im vierzehnten Jahrhundert im Alcázar von Sevilla. Man hatte es sich zur Aufgabe gemacht, das weitere Vordringen der Mauren ins christliche Abendland zu verhindern, und man musste nah am Kampfplatz sein. Der Thronsaal ist natürlich prächtig ausgestattet. Zu den Thronsesseln führen Stufen, die von den Edlen des Reiches flankiert werden. Zu den Krönungsfeierlichkeiten spielt auf dem Balkon das Königliche Kammerorchester, und Pedro hat sich den prächtigen Königsmantel umgehängt und trägt die Insignien des Reiches zum Empfang seiner königlichen Braut aus dem Land der Franken. Blanche von Bourbon ist vom Premierminister für die eheliche Verbindung favorisiert, und der Opernchor behauptet, sie sei schön wie eine Rose, die sich am frühen Morgen öffnet.

„Ora fatale“, die schicksalträchtige Stunde ist gekommen, in der Pedro zunächst dachte, sich selbst an der Geliebten für kritikwürdiges Verhalten rächen zu können. Doch nun stellt er fest, dass er sie mehr liebt, als je zuvor. Dem Papier, welches er seinerzeit signierte, schuldet er die Einlösung. Die Seele wandert zurück an jenen Tag, die für ihn das Paradies war. Ein solcher Tag der Liebe wird für ihn nie wiederkommen. Alles hat sie für ihn geopfert, und nun ist er gezwungen, ihre Liebe zu verraten. Wie wird sie es überstehen? Welche Verzweiflungstat wird sie begehen? Denn ab heute wird er einer anderen gehören. Er wird sich beherrschen und das persönliche Wohlergehen den Belangen der Krone opfern.

Das Portal öffnet sich, und der Herzog von Albuquerque schreitet voran, um die zukünftige Königin dem Ehegemahl vorzustellen. Ramiro triumphiert, weil er seinen Willen durchgesetzt hat, und Don Pedro ermahnt sein Herz, tapfer zu sein. Bianca macht ihrem Namen Ehre, denn sie ist ganz in weiß gekleidet, rot stünde ihr sowieso nicht. Die noble Tochter aus Frankreich bringt den Frieden mit, denn die eheliche Verbindung verspricht Waffenhilfe gegen die maurischen Eindringlinge, die Sicherung der Landesgrenzen im Norden und möglicher Erbansprüche. Pedro denkt allerdings im Moment nur an seine Gefühle. Wie verdrießlich es ist, nicht der Gatte der Frau zu sein, die man über alles liebt. Des Himmels Zorn wird hoffentlich jetzt beruhigt sein, denn eine Hochzeit, die noch heiliger ist als diese, kann sich niemand vorstellen. Sein Herz weint, denn der angebeteten Maria sagt er auf immer Lebewohl. Seine Untertanen haben keine Ahnung, wie schwer ihm das unfreiwillige Opfer fällt.

Nun blasen die Trompeten, damit der König seinen ehelichen Treue-Eid proklamieren kann. Das Leben wurde ihm gestohlen. Die Welt wird ihn beobachten. Er wird sich verhalten wie ein König und eines Tages sterben wie ein König. Edelleute beider Nationen säumen die Stufen des Thrones. Die Königin-Mutter wird vom Präsidenten und vom Marschall von Kastilien in die Mitte genommen. Beide tragen ein Kissen, auf dem ein Zepter und die Krone für Bianca liegen. Pedro steigt die Stufen hinab, reicht Bianca ritterlich seinen Arm und lenkt ihre Schritte. Welcher Stern scheint strahlend und lieblich auf den Rio Guadalquivir mit solcher Pracht? Jedes Herz spendet der Landesfremden Applaus und betet sie an. Ihr Strahlen spendet Freude, und ein friedvolles Lächeln liegt auf ihren Lippen. Don Ramiro verkündet, den höchsten Souverän von Kastilien und Leon soll der Himmel segnen, denn jetzt wird er seiner Braut Bianca von Bourbon die königliche Krone aufs Haupt setzen.

VIERTE SZENE

Pedro steigt die Stufen hinauf. Bianca kniet vor ihm. Der Premierminister hält die Krone über ihren Kopf. Plötzlich betritt Maria den Thronsaal und ruft mit lauter Stimme: „Fermate! Ola!...Questa corona è mia” Haltet ein, die Krone ist mein. Ah, La Padilla! Welch ein Skandal? Pedro zittert und schaudert vor dem, was Maria gesagt hat. Mutig erklärt sie, dass sie ihren Anspruch auf die Krone aufrecht hält. Vor Gott habe Pedro geschworen, dass sie sein Weib sei, und niemand soll es wagen, sie von ihrem Platz zu verdrängen. Pedros Einwand, dass die Zeremonie der Hochzeit nie realisiert wurde, überhört Maria. Mit einem Ruck zieht die Hand der Machtgierigen die Krone vom Purpurkissen und setzt sie sich selbst auf. Bianca ist schreckensbleich und flüchtet sich in eine Ohnmacht - das beste was sie in dieser Situation tun kann.

Was hat die kühne Frau getan? fragt Pedro, obwohl er alles mitbekommen hat. Ein unerträglicher Gewaltakt, kommentiert der Opernchor. Zu allem Überfluss stolpern Ines und Luigi mit dem alten Padilla herein. Pedro soll sich anschauen, was er angerichtet hat. Erkennt er sein Opfer? Donizetti nimmt sich tatsächlich Zeit, extra eine Arie für den Alten zu komponieren, in welcher er kundtut, dass er seine Tochter umarmen und küssen und dann auf der Stelle sterben möchte. Pedro fällt auf den Psycho-Trick herein, bedauert das unglückliche Opfer und hält den harten Tadel von Maria für gerechtfertigt. Verärgert ist vor allem Ramiro über Pedros Gelassenheit und Handlungsunfähigkeit. Die französischen Kavaliere verstehen nicht, weshalb der Gewaltakt nicht unverzüglich bestraft wird. Es sei die einzige Antwort, das beleidigte Frankreich zu besänftigen. Die Kastilier sehen im Herzen des Königs eine furchtbare Schlacht zwischen Liebe, Vertrauen und Ehre toben. Pedro weist diese Mutmaßungen zurück, spielt seine Macht als König aus und lässt sich durch überflüssige und voreilige Worte nicht nötigen, so sehr Ramiro sich auch wünschen mag, dass ein sofortiges Todesurteil dem Königshaus Sicherheit und Ehre gewährleisten würde.

Die Frau, die ständig beleidigt wurde, ist die Fülle seines Herzens und der Inhalt seines Lebens. Zu Füßen des Altars schwor er ihr heilige Liebe und ewige Treue. Wer unter den Umstehenden versuche, sie vom Thron zu zerren, auf den er sie gesetzt hat, würde es bitter bereuen. Weder Frankreich noch Kastilien sollen versuchen, derartige Gelüste zu realisieren. Seine Rede soll als Warnung verstanden werden. Für die Höflinge ist das zu viel. Ihr Ärger ist grenzenlos, aber Pedro El Cruel hat gesprochen.

Maria ist voller Freude. Hat der Vater es gehört und begriffen? Pedro hat sie als seine Frau bezeichnet. Jetzt ist sie wieder würdig. Er soll seine Arme öffnen und ihr seine Liebe geben. Ines und Luigi stehen teilnahmsvoll zur Seite. Pedros Herz ist glücklich. Kastilien wird seiner Königin in Unterwerfung dienen. Ramiro sieht die Rache Frankreichs. Doch im Moment lächelt das Schicksal den Liebenden.


Letzte Änderung am 2.1.2009
Veröffentlichung mit Zustimmung von musirony