Gaetano Donizetti (1797-1848):
Der Liebestrank / The Elixir of Love / L’Élixir d’amour
Entstehungszeit: | 1832 |
Uraufführung: | 12. Mai 1832 in Mailand (Teatro Cannobiana) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 135 Minuten |
Bemerkung: | "Als ich in Mailand ankam, musste ich, um mein Gewissen zu beruhigen, in die Oper gehen. Man spielte damals in der Cannobiana Donizettis "Elisir d’amore". Ich fand den Saal voll mit Leuten, die sehr laut redeten und der Bühne den Rücken kehrten; die Sänger indessen gestikulierten und strengten um die Wette ihre Lungen an; wenigstens musste ich es annehmen, da ich sie die Münder ungeheuer weit öffnen sah, denn es war wegen des Lärms im Zuschauerraum unmöglich, einen anderen Ton zu hören als den der großen Trommel. [...] Es scheint jedoch, dass die Italiener manchmal zuhören, mehrere haben es mir versichert. [...] Musik ist für sie ein sinnliches Vergnügen, weiter nichts. Ihre Musik lacht fortwährend." [Hector Berlioz] Es waren offensichtlich nicht die allerbesten Voraussetzungen, unter denen Berlioz Donizettis Opera comica L’elisir d’amore zum ersten Mal begegnete, zumal er sich auch nicht gerade in empfänglicher Verfassung befand für ein heiteres Werk über die Liebe des liebenswürdigen Bauern Nemorino zu der reichen und launenhaften Pächterin Adina. Wie fremd musste dem leidenschaftlichen Franzosen, der beharrlich seiner "Isolde" durch Aufführungen eigener Werke zu imponieren versuchte, ein Charakter wie der des Nemorino sein, dem es gerade an derlei Selbstvertrauen mangelt. Und genau das macht ihn für Adina, auch wenn sie seinen guten Charakter durchaus bemerkt hat, absolut unattraktiv. Woran es Nemorino mangelt, das besitzen die beiden anderen Männer des Stücks im Übermaß: Sowohl der Soldat Belcore als auch der Quacksalber Dulcamara strotzen vor Selbstsicherheit. Der eine glaubt sich unwiderstehlich bei den Frauen, der andere macht – als Gegenbild zu Nemorino, der nichts aus seinen guten Anlagen zu machen weiß – aus Nichts den Verkauf des Jahrhunderts. Und so ist genau er es, der Nemorino zum Erfolg verhilft: Sein "Liebestrank der Isolde" ist zwar alles andere als ein Zaubertrank, sondern gewöhnlicher Bordeaux – aber wie ein Placebo setzt er in Nemorino ein Selbstvertrauen frei, das Adina irritiert und – anzieht. Und als sie ihn, der immer für sie schmachtete, schließlich für verloren glaubt, erkennt sie den Wert von Nemorinos treuer Liebe und das Nichts, das sich unter der glänzenden Uniform Belcores verbirgt. Aus einer scheinbar unerschöpflichen Quelle an Inspiration streut Donizetti Melodien von berauschender Schönheit und großer Ausdruckskraft über seine angeblich in weniger als einem Monat entstandene Oper. Wie in seinem anderen Meisterwerk auf dem Gebiet der leichten Muse, dem Don Pasquale, bleiben die zentralen Figuren jedoch nie nur oberflächliche Possenreißer. In Momenten, die die Grenzen zur ernsten Oper streifen, weiß Donizetti uns für seine Protagonisten einzunehmen, mit ihnen leiden zu lassen. "Der Wechsel zwischen zartem Gefühl und berauschender Komödie vollzieht sich konsequent und meisterhaft in Musik und Text gleichermaßen. Schmelzender Kavatine folgt Plappergesang, ironische Marschmusik geht in inbrünstige Beteuerungen über. Die Instrumentierung, anscheinend einfach und transparent, weist dennoch einige ungewöhnliche Aspekte auf; selbst das gewöhnlich scherzhafte Fagott findet sich plötzlich in der Einleitung zu Una furtiva lagrima, dem lyrischsten Augenblick der Oper." [William Weaver] |
CD: | [Details] |
L'elisir d'amore (Warner, ADD, 1958) Gaetano Donizetti (1797-1848) Hermes Opernlexikon:"...die Herren sind launig,stimmlich ausgezeichnet...Hier dominiertBuffonerie." |
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DVD: | [Details] |
L'elisir d'amore (Erato, 2005) Gaetano Donizetti (1797-1848) G. Persché in FonoForum 12/06: »Vokal spekuliert Villazón mit der Wirkung seiner dunkel getönen, virilen Stimme, die so differenzierter Farbmischungen fähig ist und nicht nur durch erotische Hochtöne, sondern auch mit sensibler ›mezza voce‹ betört. Zudem versteht der Tenor sich auf die Kunst der poetischen Schattierung. Damit formuliert er das Himmelhoch- jauchzend-zu-Tode-betrübt des jungen Burschen, das typische Nebeneinander von Liebes- und Todesdrang, das Donizettis Opere serie prägt und auch in dieser Buffa deutlich greifbar ist, hinreißend aus. Anna Netrebkos Jungbäuerin Adina hat viel Frische und Charme in Spiel und Gesang. Ein natürlicher, nicht auf Effekt hin getrimmter Klang, das für sie typische, von innen heraus leuchtende dunkle Soprangold, eine klangvolle ›mezza voce‹, Piani schwebend auf dem Atem. Mag dem einen oder anderen der Medienrummel um die Russin auch verständlicherweise auf die Nerven gehen: Die Frau kann zweifellos singen wie heute nur wenige.« |
Art: | Komische Oper in zwei Akten |
Libretto: | Felice Romani nach Eugène Scribe |
Sprache: | italienisch |
Ort: | ein italienisches Dorf |
Zeit: | Anfang des 19. Jahrhunderts |
Nemorino: | ein junger Landmann (Tenor) |
Adina: | reiche Pächterin (Sopran) |
Dulcamara: | ein Quacksalber (Bariton) |
Belcore: | Sergeant (Bariton) |
Gianetta: | Wäscherin (Sopran) |
Weitere: | Bäuerinnen, Bauern, Soldaten |
Berge, Wald, Getreidefelder, hinten eine felsige Erhöhung, links vorn der Pachthof mit Eingangstür. Die junge Wäscherin Gianetta (Chor: Bei conforto al mietilore) singt von dem Genuß, bei großer Hitze zu ruhen, und von der Hitze der Liebe. Nemorino, ein junger Landmann, ist fasziniert von Adina, einer jungen, reichen und gebildeten Pächterin (Kavatine: Quantc è belia, quanto è cara). Doch er macht sich keine Hoffnung; er weiß, daß Adina ihn verachtet (Io sen sempre un idiota). Derweil erheitert Adina (Kavatine: Benedette queste carte!) die Dorfrunde mit der Geschichte vom Liebestrank, mit dem Tristan einst die Liebe der Isolde gewann.
Man hört einen Marsch. Bald ziehen Soldaten vorbei; ihr selbstgefälliger Anführer, Sergeant Belcore, macht Adina den Hof (Kavatine: Come Paride vezzoso). Schelmisch ermahnt ihn Adina, nicht so stürmisch vorzugehen.
Nemorino bittet Adina (Una parola, o Adina} um eine Aussprache, doch sie weist seine Liebesbeteuerungen höhnisch ab. Sie halte Treue für ein leeres Versprechen, wolle frei und ungebunden sein (Szene und Duett: Chiedi all'aura lusinghiera).
Ein Posthorn ertönt. Die Frauen fragen, was denn los sei? (Che vuoi dire cotesta suonata?) Die Männer erzählen, ein goldener Wagen mit einem vornehmen großen Herrn sei vorgefahren.
Den staunend gaffenden Landleuten stellt sich der Herr als Dr. Dulcamara vor (Kavatine: Udite, udite, o rustici>. Er gibt vor, für alle erdenklichen Leiden ein Mittel zu haben.
Der naive Nemorino fragt den Quacksalber, ob er ein Mittel für ihn habe (Rezitativ: Ardir! Ha forse il cielo mandato) und fragt ihn nach dem wundersamen Liebestrank (Szene und Duett: Voglio dire, lo stupendo Elisir). Der pfiffige Dulcamara ist sogleich im Bilde und verkauft Nemorino eine Flasche Bordeauxwein als den gewünschten Wundertrank. Der Wein versetzt Nemorino in eine aufgelöste Stimmung (Rezitativ: Caro Elisir! sei mio!).
Nemorino singt und trällert (Duett: Lallorallara, la, la, la). Als Adina hinzukommt, gibt er sich abweisend und kalt. Adina reagiert pikiert. Sie verkündet ihm, daß sie binnen sechs Tagen mit Belcore Hochzeit feiern wird. Von weitem ertönt Belcores Stimme (Terzett: Tran, tran, tran ... in guerra ed in amore). Glücklich empfängt Adina ihn.
Von Gianetta erfährt Belcore, daß seine Männer ihn suchen (Signor sargente). Der Kapitän habe befohlen, daß die Truppe am nächsten Morgen aufbrechen müsse. Jetzt stimmt Adina zur sofortigen Trauung zu, sehr zum Kummer von Nemorino, der sie anfleht, noch einen Tag zu warten (Adina, credimi). Alle werden zum Fest geladen und sind - außer Nemorino - selig (Fra lieti contenti).
Im Hause Adinas. Man trinkt auf das Paar (Chor und Rezitativ: Cantianzo, cantiam). Vor der begeisterten Dorfbewohnerschaft improvisieren Dulcamara und Adina eine Liebesszene (Barkarole für zwei Stimmen: Io son ricco e tu sei bella). Der Notar erscheint, doch Adina will erst am Abend den Ehekontrakt unterzeichnen.
Belcore wundert sich über seine launische Adina, die den Vertrag erst abends unterzeichnen will (Szene: La donna è un animale). Derweil sucht Nemorino nach finanziellen Möglichkeiten, um eine zweite Flasche von Dulcamara erwerben. In seiner Verzweiflung läßt er sich von Belcore als Soldat anwerben, trotz seiner Angst vor dem Krieg (Duett: Ai perigli della guerra).
Die Dorfmädchen fragen Gianetta, ob das Gerücht stimme, daß Nemorinos Onkel gestorben sei und ihm zum alleinigen Erben seines Besitzes gemacht habe (Chor: Saria possibile?).
Bei seiner Rückkehr wundert sich Nemorino, daß er sich vor Verehrerinnen kaum retten kann. Er führt dies auf Dulcamaras "Liebestrank" zurück (Quartett: Dell' elisir mirabile). Adina reagiert eifersüchtig.
Jetzt bietet Dulcamara der Betrübten das Elixier an. (Rezitativ: Come sen va contento). Aber sie fällt nicht darauf herein. Sie habe ein besseres Mittel: ihre Augen. Von Dulcamara erfährt Adina, daß Nemorino sich aus Geldnot und Liebeskummer als Soldat hat anwerben lassen. Sie ist beeindruckt (Duett: Quanto amore).
Nemorino ist zurückgekehrt. In den Augen der Geliebten sieht er eine zarte Träne (Romanze: Una furtiva lagrirna).Selig schaut er sie an. (Rezitativ: Eccola ... Oh! qualle accresce beltà). Sie reicht ihm den Werbeschein, den sie Belcore wieder abgekauft hat (Arie: Prendi, prendi, per me sei libero). Beide fallen sich in die Arme.
Belcore befiehlt seinen Soldaten anzuhalten, als er das Liebespaar erblickt (Szene: Alto! Fronte! Che vedo?). Adina erklärt ihm ihr Verhalten; der verschmähte Belcore verbirgt seine Enttäuschung mit der Bemerkung, ein Soldat brauche nicht lange zu suchen, es gebe für ihn der Mädchen mehr. Und auch der Scharlatan Dulcamara brüstet sich vor dem Volk mit seiner "Kunst", die alles wiedergutmache (Arie und Finale: Ei corregge ogni difetto). Ihm verdanke Nemorino nicht nur sein Liebesglück, sondern auch seine reiche Erbschaft. Strahlend kassiert er das Geld, daß die Dorfbewohner ihm für den Trank geben. Dann fährt mit seinem Wagen triumphierend davon; nur Belcore verflucht den Scharlatan.
Letzte Änderung am 2.8.2015