Claude Debussy (1862-1918):

Pelléas et Mélisande

deutsch Pelléas und Mélisande / englisch Pelléas and Mélisande

Allgemeine Angaben zur Oper

Entstehungszeit: 1893-1902
Uraufführung: 30. April 1902 in Paris (Opéra Comique)
Besetzung: Soli, Chor und Orchester
Spieldauer: ca. 160 Minuten
Erstdruck: Paris: A. Durand et Fils, 1902, 1904 und 1907
Verlag: New York: Dover Publications, 1985
Vista, Kalifornien: Lauren Publications, 2007
Paris: Durand, 2010
Opus: L 88

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Pelleas und Melisande (Orfeo, ADD/LA, 71)
Claude Debussy (1862-1918)

C. Höslinger in FonoForum 12/94: "Hervor-ragend in der gestochen klaren Diktion und tiefin Debussys Gefühlswelt eindringend: das Trioder Hauptdarsteller Gedda, Donath, Fischer-Dieskau. Auch das Orchester und der Dirigentbieten Außerordentliches. Ein wenig bekann-tes, aber wertvolles Tondokument wird hiermitzugänglich gemacht."

DVD: Klassika DVD-Kaufempfehlung bei jpc
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Pelleas und Melisande (Virgin, 2009)
Claude Debussy (1862-1918)

FonoForum 05/10: "Natalie Dessay verkörpert Melisande,dieses Elfenwesen, das sich erst im Jenseits den Schlafaus den Augen reibt, mit völliger Hingabe. Stimmig imsteten Schwanken zwischen Gewalt und ZerknirschungLaurent Naouri, ihr Gatte im Leben und auf der Bühne, alsGolaud; im Spiel überzeugend und stimmlich untadelig auchStephane Degout als Pelleas und die übrige Besetzung. DerDirigent Bertrand de Billy bietet mit demRadio-Symphonieorchester Wien eine genau sezierende, jederomantisierende Schwammigkeit vermeidendePartiturexegese."

Zur Oper

Art: Lyrisches Drama in 5 Akten und 12 Bildern
Libretto: Maurice Maetterlinck
Sprache: französisch
Ort: in einem nordfranzösischen Schloss
Zeit: zu legendärer Zeit

Personen der Handlung

Mélisande: ein Mädchen unbekannter Herkunft (Sopran)
Pelléas: Enkel Arkel (Tenor)
Golaud: Bruder des Pelléas (Bariton)
Arkel: König von Allemonde (Bass)
Geneviève: Mutter von Golaud und Pelléas (Alt)
Yniold: Golauds kleiner Sohn aus erster Ehe
Weitere: ein Arzt, Mägde, arme Leute, ein Hirte, Dienerinnen, Greise und Matrosen

Handlung

1. Akt:

1. Szene: IM WALD

Einem spontanen Einfall folgend ist Golaud, ein Spross aus königlichem Geblüt, ohne Begleitung auf die Wildschweinjagd gegangen. Er schwört, die Beute mit seinem Bogen ins Herz getroffen zu haben, aber der Eber konnte sich verflüchtigen. Bei der Verfolgung hat er sich im dichten Unterholz verlaufen und trifft seltsamerweise auf ein wunderschönes Mädchen, welches an einer Quelle sitzt und weint. Als sie den Jäger gewahrt, denkt sie sogleich an das, was die Männer immer von ihr wollen, trifft Vorsorge und setzt sich verbal lautstark zur Wehr. „Ne me touchez pas! Ne me touchez pas, ou je me jette à l'eau! “ Er solle sie nicht anrühren oder sie springt ins Wasser. Golaud beruhigt sie, dass er gar nicht im Sinn habe, ihr näherzutreten und macht ihr artig Komplimente ob ihres zauberhaften Aussehens. Wer war es denn, der ihr ein Leid zugefügt hat? „Alle, alle“ antwortet die Verstörte. Was man ihr angetan hat, kann sie ihm nicht sagen. Gut, sie soll mit Weinen aufhören und ihm wenigstens erzählen, woher sie kommt. Sie verrät ihm, dass sie den Menschen entflohen ist. Sie ist nicht aus dieser Gegend und kommt von weit her. Und was glänzt auf dem Grunde des Wassers? Das sei ihr Krönchen, welches ihr beim Weinen vom Kopf gefallen ist. Es mache ihm keine Mühe, das Wertstück aus dem Wasser zu holen, aber zu seinem Erstaunen will sie das Ding gar nicht wieder haben. Ist es schon lange her, dass sie sich von den Menschen verabschiedet hat?

Allmählich taut die Kleine auf und wird ein wenig zutraulich. Doch wer ist er?, fragt sie zögernd. Er heiße Golaud, sei Fürst und Enkel des alten Arkel, des Königs von Allemonde. Mélisande mustert ihren Dialogpartner und kritisiert taktlos, dass seine Haare schon fast ergraut seien und der Bart ebenfalls. Golaud beschwichtigt und meint, nur an den Schläfen sei das der Fall. Warum er sie so seltsam anschaue? Macht er seine Augen niemals zu? Doch in der Nacht sind sie zu! Ihr dünkt, er sei ein Riese! Unsinn, er ist ein Mensch wie die anderen! Und was macht er hier im Wald? Er sei auf der Jagd, habe einem Eber nachgesetzt und sich dabei verlaufen. Der Frage, wie alt sie sei, weicht sie aus. Sie beginnt zu frösteln, so dass er vorschlägt, nun gemeinsam aufzubrechen. Nein, sie will hierbleiben!

Sie kann unmöglich die ganze Nacht hierbleiben. Das sei zu gefährlich. Der Eber könnte zurückkommen und Sie über den Haufen rennen. Golaud macht einen neuen Vorstoß und erfährt nun, dass das Mädchen Mélisande heißt. Sie soll auf ihn hören und mit ihm kommen. Er soll sie nicht anrühren! Sie soll bitte mit Krakeelen aufhören. Er tut ihr nichts, aber hier kann sie nicht bleiben, die Nacht wird kalt und finster. Darum wollen sie jetzt aufbrechen. Wo geht er hin? Das weiß er noch nicht, denn er hat sich auch verirrt.

2. Szene: EIN ERKER IM SCHLOSS

Geneviève ist die Mutter von Golaud und Pelléas. Sie hat den Brief an sich genommen, den Golaud seinem Halbbruder Pelléas, mit dem er sich gut versteht, geschrieben hat. Er hat ein Anliegen und bittet ihn, bei seinem Vater Fürbitte einzulegen. Er hat vor sechs Monaten überstürzt ein wildfremdes Mädchen geheiratet, welches er mutterseelenallein am Rand einer Quelle im Wald gefunden hat. Bis heute hat er nicht herausfinden können, woher sie kommt, noch wie alt sie ist. Sie muss Schlimmes erlebt haben, immerzu weint sie und sie tut ihm furchtbar Leid. Sie schluchzt so tief, dass ihm angst und bange wird und immerzu beginnt sie plötzlich wie ein Kind zu weinen.

Die Unterlagen zur Erstellung der Heiratsurkunde müssen bei Gelegenheit noch nachgereicht werden. Hoffentlich stellt sich nicht heraus, dass sie keine Papiere hat, weil sie möglicherweise eine Waldnymphe ist. Die Mutter möge ihm den voreiligen Schritt verzeihen. Den Großvater trifft es bestimmt hart, dass er Prinzessin Ursula verschmäht, aber die Liebe wütet gar zu heftig in seiner Brust. Damit er sicher sein kann, daheim mit seiner Frau freundlich empfangen zu werden, sollen sie bitte drei Tage nach Erhalt des Briefs im Turmzimmer eine Fackel anzünden. Erst wenn er von der Kommandobrücke seines Schiffes das erleuchtete Fenster wahrnimmt, kann er sicher sein, dass die Familie seine Frau wie eine Tochter des Hauses empfängt. Dann kann die Hochzeit gefeiert werden. Andernfalls steigt er nicht aus und lässt sich niemals wieder blicken.

Arkel fühlt sich unter Druck gesetzt und ist sprachlos, wie der Enkel mit ihm umspringt. Andererseits braucht Yniold, Golauds kleiner Sohn aus erster Ehe, seinen Vater zurück.

Ein seltsames Benehmen, vom Jagdausflug einfach nicht wieder nach Hause zu kommen, weil der Enkel befürchtet, dass seine Wahl nicht akzeptiert wird. Bisher ist er den Ratschlägen des Großvaters immer gefolgt und plötzlich geht Golaud eigene Wege. Er muss wissen, was er tut und Geneviève ist erleichert, dass der Alte nicht lamentiert und der Vermählung nachträglich zustimmt.

Pelléas kommt hinzu und ist ebenfalls tief betrübt. Sein Freund ist schwer krank und sieht seinen Tod voraus. Wenn er ihn noch ein letztes Mal sehen will, soll er sich beeilen. Arkel spricht sich dagegen aus und argumentiert, dass es seinem Vater, der sein Bett nicht mehr verlassen kann, auch nicht gut. Sein Bruder will heimkehren und er soll bitte dafür sorgen, dass die Fackel im Turmzimmer hell leuchtet, damit er den Weg wieder nach Hause findet, mischt sich Geneviève ein.

3. Szene: VOR DEM SCHLOSS

Golaud und Mélisande sind inzwischen wohlbehalten in Allemonde eingetroffen. Den Park findet Mélisande
dunkel und die Wälder, die das Schloss umgeben, düster. Geneviève bemüht sich, die Schwiegertochter mit der neuen Umgebung vertraut zu machen. Sie sagt, als die vor etwa 40 Jahren hierher kam, sei es ihr genau so ergangen. Tatsächlich gebe es Stellen im Wald, die nie ein Strahl der Sonne durchdringt. Sie soll sich der anderen Seite zu wenden; dort erblickt sie das leuchtende Meer. Allerdings heute wirkt es ziemlich düster.

Pelléas kommt vom Strand herauf und kommentiert, dass es in der Nacht bestimmt ein Gewitter gibt. Er wird von Geneviève mit Mélisande bekannt gemacht. Aus dem Hafen kommt ein Segler. Mélisande glaubt, dass es das gleiche Schiff ist, welches sie hergebracht hat. Streunt es immer noch in der Gegend herum?

Zur Begrüßung hat Mélisande Blumen bekommen. Auf dem steilen Weg ins Schloss zurück will Pelléas sie stützen, damit sie nicht hinfällt. Diesmal ist die Maid nicht so reserviert und lässt den Kontakt zu.

Die Ankunft des Paares beschreibt das Libretto sehr vage.

2. Akt:

4. Szene: EIN SPRINGBRUNNEN IM PARK

Pelléas hat seine Mutter abgelöst und zeigt seiner Begleiterin die nähere Umgebung. Im Park gelangen sie zum „Brunnen der Blinden“, der im Volksmund so heißt, weil er angeblich wundertätige Kräfte besitzen und die Sehkraft zurückbringen soll. Das Vertrauen in seine Heilfähigkeit ist aber in heutiger Zeit verloren gegangen, weil der König selbst halb erblindet ist und keine Zeit verschwendet, den Quell in Anspruch zu nehmen. Auch der Tourismus hat nachgelassen.

Pelléas lädt Mélisande ein, sich zu ihm unter die schattige Linde zu setzen, um die zauberhafte Naturstimmung zu genießen. Mélisande möchte die Tiefe des Brunnens ergründen und wundert sich über die Klarheit des Wassers. Sie will mit der Hand das Nass berühren, aber ihr besorgter Begleiter warnt, dass sie sich nicht zu weit über den Marmorrand beugen soll. Das Haar fällt über ihre Schultern und berührt die Oberfläche. Sie spielt mit dem Ring an ihrem Finger und wirft ihn hoch in die Luft. Prompt fällt das Kleinod ins Wasser, und Mélisande schaut geistesabwesend hinterher, wie er seine Kreise zieht und ihren Blicken entschwindet. Nein, es hat keinen Zweck dem Ring nachzutrauern. Sie finden ihn nicht wieder. Sie wollen ihn ein anderes Mal suchen. Jetzt ist es Mittag und an der Zeit, sich nach Hause zu begeben, bevor man sie vermisst.

5. Szene: EIN GEMACH IM SCHLOSS

Gibt es einen schicksalhaften Zusammenhang zwischen dem Verlust des Rings durch die Unachtsamkeit Mélisandes und dem Reitunfall Golauds zur gleichen Sekunde? Sein Pferd scheute und warf ihn zu Boden, als seine junge Frau mutwillig den Trauring in die Luft warf.

Sie fühlt sich in der neuen Umgebung nicht wohl, kann aber ihrem Mann hierfür keine plausiblen Gründe angeben. Sie gibt sich besorgt um seine Gesundheit und rückt sein Kissen zurecht, als Golaud gleichzeitig den Ehering an ihrem Finger vermisst. Sie sagt die Unwahrheit, indem sie vortäuscht, dass sie ihn in der Grotte am Meer verloren hat. Besitzt sie eine Ahnung, wie wertvoll der Ring ist, und was dieser ihm bedeutet? Nicht erst morgen, sondern sofort soll sie losgehen, ihn zu suchen. Wenn sie sich fürchtet, weil es dunkel wird, soll sie Pelléas bewegen, sie zur Grotte zu begleiten und ihr beim Suchen behilflich zu sein.

6. Szene: VOR EINER FELSGROTTE

Nur halbherzig begleitet Pelléas seinen Schützling zur Grotte, weil er weiß, dass Mélisande geschwindelt hat. Es wird schneller dunkel, als sie dachten. Pelléas bedauert, keine Fackel mitgenommen zu haben. Vergeblich warten beide auf den den aufgehenden Vollmond. Stattdessen nähern sich zwielichtige Gestalten, die sich die Grotte als Wohnquartier ausgesucht haben. Man beschließt, dass Unterfangen aufzugeben, da man auf Annäherung keinen Wert legt.

3. Akt:

7. Szene: EIN SCHLOSSTURM

Mélisande sitzt am Fenster des Schlossturms und singt ein Liedchen. Sie kämmt ihr langes goldenes Haar und bereitet sich auf die Nachtruhe vor. Der Mond leuchtet hell und es flimmern unzählige Sterne.

Pelléas nähert sich ihr und ist bezaubert. Er möchte sich verabschieden aber vorher noch ein wenig mit ihr turteln. Er habe gedacht, das Leuchten komme aus ihrem Zimmer, aber es ist die Flut ihrer wunderschönen Haare, die diesen Effekt verursachen. Mélisande soll sich doch bitte aus dem Fenster beugen, damit er einmal danach haschen kann, denn morgen früh muss er schon abreisen. Noch tiefer kann sie sich nicht neigen, um ihm die Hand zum Abschied zu reichen und er kommt nicht höher hinauf, selbst wenn er sich auf die Zehenspitzen stellt. Nach ein paar Verrenkungen klappt es aber doch, dass er seine Hand zu ihren Lippen führt. Die Flut ihres Haares gleitet zu ihm und hüllt ihn wie einen Mantel ein.

Er soll sich nicht so ungestüm daran festhalten und auch nicht an den Haaren ziehen, denn sonst stürzt sie noch wirklich aus dem Fenster. Loslassen soll er, doch der verliebte Hecht will nicht. Diese Nacht soll sie seine Gefangene sein. Er will die goldenen Strähnen um die Zweige der Weide schlingen, damit er freie Hand hat, um sie zu umarmen.

Nun hat er die Tauben aufgescheucht, die um den Turm fliegen und Mélisande zetert im Scherz, dass er ihr weh getan habe. Er soll die freigeben, denn sie hat nahende Schritte gehört. Es muss Golaud, ihr Gatte sein. Sie soll Geduld haben, denn das Haar hat sich in den Weiden verwickelt und er hat Mühe es zu lösen.

Golaud tritt auf und fragt, was die bei beiden treiben - mitten in der Nacht. Neckische Spielchen sind es,
sieht er das nicht, fragt sich der Opernbesucher. O welche Kindereien!

8. Szene: IN DEN GEWÖLBEN UNTER DEM SCHLOSS

Golaud argwöhnt, dass sich zwischen Pelléas und Mélisande ein Verhältnis anspinnen könnte. Er führt ihn in die unteren Gewölbe des Schlosses an eine dunkle Zisterne und macht ihm Angst. Er verbietet ihm den Umgang mit Mélisande, weil sie noch der naiven Welt eines Kindes lebt und seine ungestüme Art sie erschrecken und ihrer Schwangerschaft schaden könnte.

9. Szene: VOR DEM SCHLOSS

Es ist keine gute Idee von Golaud, sein Söhnchen Yniold zu Spitzeldiensten heranzuziehen! „Onkel Pelléas kommt wohl recht oft zu Deiner neuen Mutter? Hat er recht mit seiner Ansicht?“ „Ja, ja, lieber Vater, sobald Du nicht zu Hause bist.“ „Wovon reden die beiden, wenn sie beisammen sind?“ „Meine Mutter mit meinem Onkel?“ „Richtig, wovon sprechen sie?“ „Nur von mir, sie sagen dass ich einmal sehr groß werden würde.“ „Und was sagen sie von mir?“ „Sie sagen, ich würde einmal genau so groß wie Du!“ „Sagen sie nie: Gehe und spiele anderswo?“ „Nein, lieber Vater, wenn ich fort gehe, geraten sie in Angst. Wenn es dunkel wird, weinen sie immerfort. „Und Du weinst dann auch?“ „Ja, ja!“ „Küssen sie sich manchmal auch?“ Yniold bestätigt zuerst und korrigiert sich dann ins Gegenteil. Das Gespräch wird noch ein Weilchen fortgesetzt, bringt aber kein Resultat.

Golaud hebt den Kleinen hoch und dieser soll ihm erzählen, was er sieht: Sie starren beide in die Flamme des Kaminfeuers und sagen nichts, gibt Yniold zu Protokoll, ihre Augen bleiben starr. Und beide rühren sich nicht. „Hat der auch ganz genau hingeschaut?“ Der Vater soll ihn sofort herunterlassen, sonst schreit er!

4. Akt:

10. und 11. Szene: EIN GEMACH IM SCHLOSS

Pelléas will sich von Mélisande verabschieden und bittet um ein letztes Stelldichein. Am Abend wollen sie sich im Park an der Wunderquelle der Blinden noch einmal treffen. Es sei ein Abschied für immer, sagt Pelléas, doch davon will Mélisande nichts wissen.

Der Vater von Pelléas befindet sich auf dem Weg der Besserung und Arkel tröstet seine Enkeltochter, dass nun der Sonnenschein wieder ins Schloss einkehren werde. Mélisande sei zu jung und zu schön, als dass sie ständig vom Hauch des Todes umweht wird. Warum hält sie die Augen gesenkt und redet nicht mit ihm? Bisher hat sie ihn nur ein einziges Mal geküsst und das war bei der Begrüßung. Tiefe Anteilnahme fühlt er mit ihr, weil er das Gefühl hat, dass sie hier nicht glücklich sei.

Golaud tritt auf und verkündet, dass Pelléas noch heute Nacht abreisen wird. Seine blutende Stirn begründet er damit, dass ihn sein Weg durch dornige Hecken geführt habe. Er möge sein Haupt ein wenig senken, damit sie es abwischen kann, bittet die besorgte Mélisande. Sie soll ihn nicht anrühren und weggehen, denn er will nicht mit ihr sprechen.

Golaud hat am Strand einen verhungerten Bauern gefunden. Wahrscheinlich legen sie es darauf an, dass wir sie sterben sehen. Golaud ist in miserabler Stimmung, die Eifersucht plagt ihn. Mélisande soll ihm seinen Degen holen, weil er prüfen will, ob die Klinge noch scharf ist. Zum Weglaufen sei es zu spät. Er packt Mélisande bei den langen Haaren, damit sie gezwungen ist, ihm auf den Knien nachzurutschen. Er reißt die Strähnen einmal nach rechts, dann nach links und dann wieder nach hinten. Absalom habe seinen langen Haaren auch kein Glück gebracht. Golaud legt seiner Eifersucht keinen Zwang an.

Arkel zweifelt an Golauds Verstand und Mélisande klagt, dass er sie nicht mehr liebe. Sie ist hier nicht glücklich. Arkel empfindet tiefes Bedauern.

12. und 13. Szene: EIN SPRINGBRUNNEN IM PAPK

Yniold hält sich zufällig in der Nähe des Brunnens auf, hatte einen Disput mit einem Hirten und erfährt, dass die Schafe zur Schlachtbank geführt werden. Er spürt den Hauch des Todes und verschwindet, als Pelléas und Mélisande erscheinen, um sich voneinander zu verabschieden.

Ihr Treffen wird von der Furcht überschattet, dass sie im letzten Moment noch überrascht werden könnten. Ihr Dialog entwickelt sich zum Liebesduett und sie vergessen Zeit und Raum. Die Tore zum Schloss werden nachts verriegelt und das Paar kann nicht mehr zurück.

Doch sie werden von Golaud, der ihnen auf der Spur war, gestellt. Mit seinem Degen sticht er Pelléas nieder, während Mélisande die Flucht ergreift. Aller Mut hat sie verlassen. Golaud verfolgt sie, verletzt sie aber nur leicht.

5. Akt:

14. Szene: EIN GEMACH IM SCHLOSS

Die kleine Wunde, die Golaud ihr mit seinem Degen zugefügt hatte, ist so belanglos, dass nicht einmal ein Vogel daran sterben würde. Golaud muss sich keine Vorwürfe machen, dass er ihren Tod verschuldet habe, wenn Mélisande nicht durchkommt, tröstet ihn der Arzt. Dieser wurde herbeigerufen, weil die junge Frau einer Frühgeburt entgegensieht. Sie wird umsorgt von Arkel, ihrem Mann und der Dienerschaft. Man soll das Fenster öffnen, damit frische Meeresluft hereinkommt. Warum ist ihr Mann nicht nah bei ihr? Sie sollen ihn bitte mit ihr allein lassen, denn er hat noch ein paar Fragen, die Außenstehende nichts angehen.

Hat sie Pelléas geliebt? „Gewiss doch! Wo ist er?“ Sie solle ihn bitte so verstehen: Er will wissen, ob sie ihm mit verbotener Liebe bedacht hat. Machten die beiden sich schuldig? „Nein, warum fragt er?“ Sagt sie auch die Wahrheit? Sie soll es beschwören! Warum sollte sie lügen? „Keine Lüge, jetzt wo der Tod nahe ist!“ „Wer ist dem Tod nahe? Sie etwa?“ „Ja genau, ich aber auch, gleich nach Dir. Jetzt weißt Du es, also rede!“ Sterben sollte sie sobald! Davon wusste sie nichts! Nun, jetzt weiß sie es. Also rede! Der Arzt und Arkel erscheinen an der Tür. Sie sollen ruhig hereinkommen. Sie leugnet!

Arkel macht dem Spuk ein Ende. Mélisande zittert, denn ihr ist kalt. Sie fragt, ob es wahr ist, dass der Winter kommt. Sie liebt diese Jahreszeit nicht, weil die Blätter abfallen und sie sich vor dem eisigen Frost fürchtet.

Dem Auge entquellen Tränen. Es sind Tränen einer weinenden Seele. Heftig kämpft in ihr die Mutter. Will sie ihr Kind nicht sehen? Sie hat eine kleine Tochter geboren. Es ist seltsam. Sie will sie nehmen, aber die Arme versagen ihr. Was sollen die vielen Weiber hier?, regt sich Golaud auf. Wer hat sie hereingelassen? Er jagt die Mägde fort. Er soll nicht so laut sein, mahnt Arkel ihn. Mélisande sei soeben eingeschlafen.

Golaud wartet, dass sie wieder aufwacht, damit er sein Verhör fortsetzen kann. Arkel macht ihm Vorwürfe, dass er sie nur quäle. Golaud kann lange warten, denn Mélisande hat ihr Leben soeben ausgehaucht.


Letzte Änderung am 22.3.2014
Beitrag von Engelbert Hellen