François-Adrien Boieldieu (1775-1834):
Entstehungszeit: | 1802 ? |
Uraufführung: | 13. Januar 1803 in Paris (erste Fassung in drei Akten) 15. Januar 1803 in Paris (finale Fassung in zwei Akten) |
Besetzung: | Soli und Orchester |
Erstdruck: | Paris: Boieldieu Jeune, 1803 ? |
Verlag: | Heilbronn: Musik-Edition L. Galland, 2003 |
Bemerkung: | Das Libretto gibt dem Komponisten Gelegenheit, Humor und Satire musikalisch voll zur Entfaltung zu bringen. Jungverliebte genießen generell die Gunst des Publikums, und man sieht ihnen ihre Schelmereien nach. Die mehr oder weniger begüterte ältere Generation hat unter ihren Kapricen zu leiden. Onkel, Tanten und Vormunde werden nach allen Regeln der Kunst genasführt und müssen gute Miene zum bösen Spiel machen, damit sie nicht als Spaßverderber den Sympathieverlust des Opernpublikums ihrer Zeit erleiden. |
Art: | Komische Oper in zwei Akten |
Libretto: | Charles de Longchamps |
Sprache: | französisch |
Ort: | Frankreich |
Zeit: | 18. Jahrhundert |
Tante Aurore: | begüterte alleinstehende adelige Dame (Mezzosopran) |
Julie: | ihre Nichte (Sopran) |
Valsain: | ihr Geliebter (Tenor) |
Frontin: | sein Diener (Tenor) |
Marton: | Julies Kammermädchen (Sopran) |
Georges: | ein alter Diener (Bariton) |
Tante Aurore liest gern Romane, in welchen der edle Ritter die Liebe seiner Angebeteten erkämpfen muss. Die Gefahren, die ihr drohen, sind vielfältig. Oftmals werden Postkutschen ausgeraubt. Dabei verlieren die Damen in erster Linie ihren kostbaren Schmuck, den sie am Hals, an den Fingern und am Ohrläppchen tragen. Die Unschuld ist weniger gefährdet, das Leben ist der größeren Gefahr ausgesetzt. Für alle Fälle ist es gut, einen Beschützer in seiner Begleitung dabei zu haben, der nicht nur mit der Pistole, die nur all zu selten funktioniert, sondern auch mit dem Degen umgehen kann.
Die Erwartungen, die in der Regel in der Lektüre erfüllt werden, richtet Tante Aurore auch an die jungen und etwas weniger jungen Männer in ihrem Umfeld.
Valsain erfüllt diese Erwartungen jedenfalls nicht! Er liebt ihre Nichte Julie und möchte sie gern heiraten. Julie erwidert seine Gefühle, doch die Welt besteht nicht nur aus Gefühlen, sondern es muss auch der Lebensunterhalt bestritten werden. Zu diesem könnte Tante Aurore eine Menge beitragen, aber hierzu ist ihre Bereitschaft erforderlich. Deshalb kann man Tantchen nicht einfach ignorieren, sondern muss auf ihre Eigenheiten Rücksicht nehmen. Die Zweisamkeit ist ein Abenteuer, und die Romantik sollte nicht zu kurz kommen. Wie wäre es mit einer romantischen Entführung, um Tantchen zufrieden zu stellen? Wenn man einen Raubüberfall einfädelt, benötigt man die Unterstützung von Freunden. Frontin, dem Diener Verlains, wird es ein Vergnügen sein, mitzumachen, und Marton, Julies Kammermädchen, ist auch von der Partie.
Valsain rettet Julie vor bösem Ungemach, und es ist für ihn kein großer Aufwand, Zeugen für seinen Mut und seine Ritterlichkeit beizubringen. Wie sehr hat sich doch die Tante in seinem Charakter getäuscht. Tante Aurore akzeptiert ihren Irrtum. Im Prinzip stimmt sie jetzt der Hochzeit zu, aber sie knüpft Bedingungen. Fünf Jahre müssen Valsain und Julie getrennt leben, um zu prüfen, ob die Treue auch tatsächlich anhält. Tante Aurore möchte sicher gehen, ihr Vermögen nicht an Unwürdige zu verschleudern.
Doch das ist zu viel für die beiden. Sie denken an Selbstmord. Kann Tante Aurore es zulassen, dass sie unglücklich werden wie einst Romeo und Julia? Probeweise übt Valsain, sich den Dolch ins Herz zu stoßen, damit es echt aussieht, wenn Tante Aurora zuschaut. Die Angst greift nach der alten Dame, und sie sieht sich genötigt, ihre Haltung zu lockern. Nachdem sie hoch und heilig geschworen hat, der Hochzeit keine Hindernisse mehr in den Weg zu legen, verrät das Paar, dass alles nur Spaß war. Frontin und Marton beschließen ebenfalls, den Lebensweg gemeinsam zu beschreiten, und so steht einer Doppelhochzeit nichts mehr im Wege.
Letzte Änderung am 28.6.2007
Beitrag von Engelbert Hellen