Daniel-François-Esprit Auber (1782-1871):
Entstehungszeit: | 1856 |
Uraufführung: | 23. Februar 1856 in Paris (Opéra-Comique) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 120 Minuten |
Erstdruck: | Paris: St. Etienne, 1856 |
Art: | Komische Oper in drei Akten |
Libretto: | Eugène Scribe nach dem Roman des Abbé Prevost |
Sprache: | französisch |
Ort: | Paris, später Louisiana |
Zeit: | 18. Jahrhundert |
Manon Lescaut: | ein lebenslustiges Mädchen aus Paris |
Le Chevalier des Grieux: | ihr liebenswürdiger Freund |
Le Marquis d'Hérigny: | ihr anhänglicher Verehrer |
Lescaut: | ihr leichtlebiger Cousin |
Madame Bacelin: | Inhaberin eines Vergnügungslokals |
Marguerite: | ihre Nachbarin in Paris und Freundin in Louisiana |
Gervais: | verheiratet mit Marguerite |
Weitere: | Renaud, Durozau, Zabi, Zizi |
ERSTES BILD: LA CHAMBRE DE MANON À PARIS
Das Gefährt des Herrn Marquis ist auf der Straße mit einem hübschen jungen Mädchen zusammengeprallt. Die Verschreckte enteilt, um möglichen Unannehmlichkeiten zu entgehen. So einfach kommt die Kleine aber nicht davon. Der Marquis D'Hérigny, Colonel bei der Armee, lässt durch seinen Untergebenen Lescaut nach der Dame recherchieren. Der Angerempelte möchte sich formell entschuldigen – so sagt er – aber in Wirklichkeit möchte er in Erfahrung bringen, ob der Tisch für ihn gedeckt sein könnte.
Über die Nachbarin Marguerite kann Lescaut einiges erfahren. Später wird er seinem Vorgesetzten berichten, dass die Geflohene in einem Mansardenzimmer lebt und sich in festen Händen befinde. Sie liebt den Chevalier des Grieux, heißt Manon und ist außerdem seine Kusine. Eine Entführung komme nicht in Betracht, und der Herr Marquis findet sich ab. Der kleine Plausch mit Marguerite hat noch ergeben, dass die Kleine immerzu von Reichtum und Luxus träumt, aber keine feste Anstellung hat, um sich ausgedehnte Vergnügen leisten zu können.
Um den Theaterbesucher nicht in Verwirrung zu bringen, nachstehende Rückblende: Mit dem Dialog Lescaut /Marguerite setzt das Bühnengeschehen ein, Manon kommt hinzu: „La, La, La, La“ und der Chevalier des Grieux lässt nicht lange auf sich warten. Dramaturgisch völlig korrekt, kann man das verehrte Publikum, welches ein Liebesduett hören möchte, nicht endlos warten lassen. Zu dritt beschließt man anschließend, komfortabel zu dinieren, um das Wiedersehen mit dem Cousin zu feiern.
ZWEIES BILD: LA MAISON BANCELIN
Manon geht öfter ins Café Bancelin, der Chor kennt sie bereits und begrüßt sie. Wo lässt es sich herrlicher speisen und fröhlich sein, als an diesem herrlichen Ort? Die Getränke sind gepflegt und die Speisekarte hat Volumen. Madame Bancelin bringt die Rechnung, wegen der Höhe der Preise und der angelaufenen Summe schamhaft in ein Ledermäppchen gesteckt. Hat jemand Geld dabei? Des Grieux kann sechs kleine Münzen vorweisen, Manon hat ihre Barschaft dem Cousin vertrauensvoll in Verwahr gegeben, aber der Leichtsinnige war zwischendurch am Spieltisch. Der Chor hat bereits mitbekommen, dass die kleine Gesellschaft sich in Verlegenheit befindet und verkündet: „C'est un scandale“. Madame Bancelin will die Polizei rufen, doch Manon rettet die Situation. Kann sie nicht schön singen und tanzen? Madame ist einverstanden, und Manon gibt ihr bestes. Lescaut geht mit Manons Hut von Tisch zu Tisch. Den Gästen hat die willkommene Darbietung gefallen, und sie sind spendabel. Madame Bancelin setzt ein zufriedenes Lächeln auf. Der Chor quittiert nachsichtig: „C'est l' histoire, amoureuse Manon!“
Lescaut versucht, den Chevalier des Grieux zu beschwatzen, freiwillig dem Militärdienst beizutreten, um über etwas Kleingeld zu verfügen, welches man einfach braucht, um Geselligkeit zu finanzieren. Wird sein Vorgesetzter erfreut sein, den Rivalen jederzeit in Reichweite zu finden? Manon sollte ihren Chevalier mehr auf Abstand halten, damit sie Gelegenheit hat, sich umzusehen.
DRITTES BILD: UN SALON CHEZ LE MARQUIS
Der Marquis hat die Hoffnung nicht aufgegeben, Manon für sich zu gewinnen. Angeblich ist des Grieux beim Militär gelandet. Manon sucht den Marquis auf, um eine Besuchserlaubnis zu erhalten. Diese ist nicht erforderlich, da der Chevalier den Kontrakt noch nicht unterzeichnet hat.
Der Bewerber um Manons Gunst versteht es, die Leichtlebige ihrem Freund abspenstig zu machen. Er möchte dass sie seine Mätresse wird. Liebe auf der einen Seite – Geld auf der anderen! „Manon est frivol“ hat der Chor überall herumerzählt, und des Grieux kann den Verlust nicht verschmerzen. Er begibt sich zum Marquis und verlangt die Rückgabe seiner Liebsten. Es kommt zum Streit zwischen den Rivalen, bei dem der Marquis mit der Waffe verletzt wird. Die Garde nimmt den Übeltäter fest und steckt des Grieux in den Arrest.
VIERTES BILD: UNE PLANTATION IN LOUISIANE
Marguerite und Gervais haben beschlossen, in der Neuen Welt ein besseres Leben zu beginnen. Der Start ist geglückt, und heute ist ihr Hochzeitstag. Manon ist in der Heimat kriminell geworden, und ein Ozeandampfer überführt sie nach Louisiana, denn in den Kolonien werden Arbeitskräfte benötigt. Des Grieux hat sich ein Ticket gekauft und ist in der Passagierabteilung mitgereist. Er hofft, ihr hartes Schicksal als Deportierte mildern und ihr harte Sklavenarbeit ersparen zu können. Wie gut, dass Freunde bereits auf sie warten. Gemeinsam plant man die Flucht. Eile tut Not, bevor die Geschwächte auf dem Sklavenmarkt verkauft wird. Marguerite opfert für die Freundin ihr Hochzeitskleid, damit sie in Begleitung von des Grieux unerkannt in eine fragwürdige Zukunft flüchten kann.
FÜNFTES BILD: UN DÉSERT IN LOUISIANE
Ohne Ziel begeben sich die beiden Liebenden auf den Weg. Weit kommen sie nicht, denn die Kräfte Manons sind erschöpft. Sie kann nicht mehr weiter, und in den Armen des verzweifelten Geliebten gibt sie den Geist auf.
Die Manon des Abbé Prevost wurde viermal vertont, von Auber (1856), Massenet (1884) und Puccini (1893); im 20. Jahrhundert nahm sich Hans Werner Henze des Stoffes nochmals an und gab ihm den Titel „Boulevard Solitude“. Bis 1990 musste die Auber-Manon warten, um auf die Bühne der Opéra Comique zurückkehren zu dürfen. Immerhin gab es in Jahre 1974 eine Einspielung auf Tonträger mit der hinreißenden Mady Mesple als Manon.
Gemäß den Gepflogenheiten der Zeit verfügt die von Auber komponierte Manon über gesprochene Dialoge, die den operettenhaften Charakter des Werkes betonen. Herrliche Koloraturketten kommen besonders im zweiten Bild zum Vorschein, in welchem die Lebenslustige trillert was das Zeug hält und Geld einsammelt, um im Café Bancelin das Abendessen bezahlen zu können. Die kriminell gewordene Dame reist zwangsweise im dritten Akt sogar nach Louisiana, wo sie ihre Freunde wiederfindet. Getarnt im Brautkleid der Freundin verläuft sie sich in der Prärie und in den Armen des Freundes gibt sie völlig erschöpft den Geist auf.
Letzte Änderung am 18.6.2007
Beitrag von Engelbert Hellen