Francisco António de Almeida (1702-1755):
Entstehungszeit: | 1739 |
Uraufführung: | Karneval 1739 in Lissabon |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Verlag: | Lissabon: Fundação Calouste Gulbenkian, 1969 |
Bemerkung: | An Alessandro Scarlatti geschult, war es Francisco Antonio de Almeida gelungen, eine herzerfrischende Komödie zu schaffen, die den Geist des 18. Jahrhunderts von Italien an die Gestade des Tejo trug. Der portugiesische Hof war bedacht, fähige Köpfe des Landes in Italien studieren zu lassen, weil man sich als koloniale Weltmacht auch auf dem Gebiet der schönen Künste beweisen wollte. Das Ziel bestand nicht in der Gründung einer nationalen Schule, sondern man wollte eigene Talente dem Belcanto ebenbürtig an die Seite stellen. |
Art: | Dramma comico in drei Akten |
Sprache: | italienisch |
Ort: | Rom |
Zeit: | zu Beginn des 18. Jahrhunderts |
Spinalba: | eine junge Florentinerin, in Ippolito verliebt (Sopran) |
Elisa: | Nichte Arsenios, in Florindo verliebt (Mezzosopran) |
Dianora: | Stiefmutter Spinalbas (Alt) |
Ippolito: | ein junger Florentiner (Tenor) |
Leandro: | ein junger Edelmann, Rivale Ippolitos (Tenor) |
Arsenio: | ein Kaufmann, Vater Spinalbas (Bariton) |
Vespina: | Elisas Dienerin (lyrischer Sopran) |
Togno: | Gondoliero und Diener Leandros (Bass) |
1
Mit einem schlechten Gewissen kommt Spinalba nach Hause. Vierzehn Tage lang hat sie sich nicht blicken lassen und die Eltern haben sich Sorgen gemacht. Was Spinalba der Stiefmutter zu ihrer Rechtfertigung erzählt, klingt recht abenteuerlich. Zu der Zeit, als sie noch in Florenz lebten, hatte sie sich in einen jungen Mann verliebt, den sie durch Zufall wieder getroffen hat. Offenbar hatte er sie vergessen, aber ihre Gefühle für ihn sind aufs Neue entfacht. Deshalb hat sie sich als Jüngling verkleidet und um eine Anstellung in seinem Haushalt ersucht und diese auch bekommen. Die Besorgte ist über die souveräne Art ihrer Stieftochter nicht beglückt und steht nun vor der Aufgabe, dem Gatten die Eskapaden schonend zu vermitteln.
2
Arsenio kommt nach Hause, und Dianora versucht ihn zu beschwichtigen. Spinalba habe ihre Cousine Elisa besucht, schwindelt sie, und da sie niemand habe begleiten wollen, sei sie allein gereist. Männliche Kleidung, die sie sich beschafft habe, schützten sie vor Belästigung durch aufdringliche Papagalli. Arsenio ist ungehalten, beschimpft die Gattin und wirft ihr vor, seine Tochter schlecht erzogen zu haben.
3
Elisa kommt überraschend zu Besuch und klagt, dass sie Spinalba schon lange nicht mehr gesehen habe.
Dianora gerät in Erklärungsnotstand und der Haushaltsvorstand weiß nicht so recht, was er mit ihrem Lügengespinst anfangen soll.
4
Das Opernpublikum soll aber nicht verschaukelt werden! Es ist dabei, als Elisa ihrer Dienerin Vespina ihr Geheimnis anvertraut. Sie habe sich in einen jungen Mann verliebt, dessen Name Florindo sei. Ippolito und Leandro seien damit uninteressant für sie geworden. Die beiden Mädchen ahnen aber nicht, dass hinter Florindo sich die verkleidete Spinalba versteckt.
5-7
Das Liebeskarussell dreht sich. Ippolito erklärt Elisa seine Liebe, diese beteuert, nur für Florindo zu empfinden, und will von ihm nichts mehr wissen. Ippolito gibt aber nicht auf und versucht, ihre Vertraute als Verbündete zu gewinnen. Vespina soll seine Unverzichtbarkeit der Herrin klar machen. Ihre Bemühungen zeigen jedoch keinen Erfolg. Der Eingebildete kann seine Niederlage nicht wegstecken, aber im Moment bleibt ihm nichts anderes übrig, als den Wechsel der Gefühle seiner Liebsten zu bedauern.
SZENENWECHSEL
8-11
Am Ufer des Tibers besitzt Elisa einen Blumengarten. Leandro, ein neuer Verehrer, taucht auf. Sein Diener Togno steuert das Boot ans Ufer und singt während des Manövrierens eine volkstümliche Barcarole. Selbst traut Leandro sich nicht, seine Liebeswerbung vorzutragen. Sein Diener soll der Angebeteten mit den Worten, die er ihm mühsam beibringt, seine Gefühle zutragen. Togno wiederholt mehrfach den Text, um ihn nicht zu vergessen. Unversehens taucht Dianora auf und möchte Erkundigungen einziehen. Ist Togno zufällig ein junges Mädchen in Männerkleidung über den Weg gelaufen? Danach kommt Arsenio und stellt zu seiner Belustigung die gleiche Frage. Nein, Togno habe nur Spinalba getroffen, die sich aber wieder verabschiedet habe.
12
Elisas Dienerin taucht auf und Togno erzählt ihr, dass er dem Arsenio einen Streich gespielt und ihm erzählt habe, Spinalba in Burschenkleidung angetroffen zu haben. Man amüsiert sich so sehr, dass Togno vergisst, was Leandro ihm aufgetragen hat. Doch Vespina kann sich einen Reim machen und formuliert mit eigenen Worten, was sie aus Tognos Andeutungen erraten kann.
13-14
Ippolito vermutet in Togno einen Doppelspion, der gleichzeitig auch seinem Rivalen zu Diensten ist. Sogleich soll er erzählen, was er an diesem Ort zu suchen hat, wenn ihm sein Leben lieb sei. Spinalba, immer noch in Männerkleidung, erscheint rechtzeitig, um Togno aus der Gefechtszone zu ziehen. Jetzt ist sie mit Ippolito allein und versucht ihn dazu zu bringen, auf Elisa zu verzichten. Ippolito ahnt nicht, dass Spinalba vor ihm steht. Mit Engelszungen redet die Verlassene dem Reumütigen ein schlechtes Gewissen ein. Wie kann es möglich sein, Elisa zu lieben, nachdem er an Spinalba schändlichen Verrat geübt hat?
Der Opernbesucher braucht jetzt eine kleine Pause, um den Verwirrspielchen auch weiterhin aufmerksam folgen zu können. Der Vorhang senkt sich.
15-16
Etwas Schlimmes ist passiert. Über den Verlust seiner Tochter ist Arsenio wahnsinnig geworden. Damit befindet er sich in dem Zustand, den der Untertitel der Oper andeutet. Kann Elisa den Onkel nicht überzeugen, dass Spinalba bald wieder zurück sein wird? Elisa bittet Vespina, ihr bei der Lösung des Problems behilflich zu sein. Doch auch eine Dienerin hat zuweilen Allüren. Der Alte sei ihr unsympathisch und sie verspüre keine Lust, über eine Lösung nachzudenken. Keinen Appetit auf Leandro hat Elisa, denn - es gab nicht einmal einen Windhauch - die Gefühle haben sich gar nicht erst entfacht.
17-19
Völlig überflüssig, dass Leandro mit Ippolito in Elisas Garten ein Duell austragen will! Elisa erscheint und verhindert den Unsinn, denn sie will nicht, dass ihre Rabatten zertrampelt werden. Dem Letzteren gelingt es ohnehin auf rhetorischem Weg, dem Rivalen die Unsinnigkeit seines Begehrens klarzumachen. Leandro ist nun dermaßen entmutigt, dass er sich entschließt, die ewige Stadt zu verlassen. Doch sein Ziel erreicht Ippolito auch nicht. Das Herz Elisas gehört einzig Florindo.
SZENENWECHSEL
20
Es wird nun höchste Zeit, sich dem irren Alten zuzuwenden. Dieser erfährt Zuwendung aus dem Zuschauerraum, denn das Liebesgeplänkel ödet langsam an. Sie Sinne Tognos haben sich verwirrt, seine Unzurechnungsfähigkeit befindet sich in fortgeschrittenem Stadium. Er hält den Gondoliere für Charon den mythologischen Fährmann, der die Seelen der Verstorbenen über den Fluss der Unterwelt steuert. Bevor er einsteigt, rennt er noch einmal schnell weg, um sich passend zu kleiden und Geld dabei zu haben. Ein paar Münzen bekommt der Fährmann immer als Belohnung für die Überfahrt. Togno soll in der Zwischenzeit aber nicht wegrennen. Der Reisewillige zieht einen magischen Kreis um ihn herum, den er nicht verlassen darf, da es andernfalls Sanktionen hagelt. Togno muss sehr viel Courage aufbringen, um das Gebot trotzdem zu übertreten.
21
Vespina, die der naive Togno für eine bestrafende Furie hält, macht sich über den Leichtgläubigen lustig.
Von seiner Unterstellung ist sie nicht entzückt. Da sie ihn aber liebt, beruhigt sie ihn und verabredet sich
mit dem Angsthasen für die folgende Nacht.
22-23
Arsenio ist in warmer Kleidung zurück und erschrickt über die Anwesenheit Vespinas. Der Alte erblickt in ihr die Muse Calliope, die ihn auf seine Reise in die Unterwelt begleiten möchte. Ein schillerndes Wesen ist die Vertraute Elisas! Sie muss feststellen, dass die Menschen sie unterschiedlich wahrnehmen.
24-25
Endlich kommt Elisa dazu, Florindo ihre Liebe zu erklären. Die Angebetete wagt nicht, sich zu offenbaren, und hütet ihr Geheimnis.
26-27
Die Dunkelheit der Nacht senkt sich über Garten und Gewässer. Vespina wartet auf Togno. Dianora sucht verzweifelt nach ihrem Arsenio. Doch dieser ist nun völlig wahnsinnig geworden. Er hält seine Frau für Prosperina, die Herrin der Unterwelt.
28
Spinalba möchte sich ihrer Cousine gefällig erweisen und versucht, Togno zu überreden, Leandro auf Elisa Hoffnungen zu machen, damit er die Stadt nicht verlässt. Irgendwann wird sie genötigt sein, ihre wahre Identität zu offenbaren und dann zerplatzt Elisas Traum von holder Zweisamkeit mit ihr.
29-30
Ein anderes Beratungsteam setzt sich zusammen. Es sind Elisa, Dianora und Togno, die Arsenio
geistig entstören möchten. Ihre Beziehung zu Florindo in Ordnung zu bringen, hat bei Elisa dennoch Priorität. Dianora macht kurzen Prozess und erklärt, dass Florindo niemand anders als ihre verkleidete Stieftochter sei, die zudem in der Zweisamkeit mit Ippolito ihre Zukunft sehe. Jetzt muss Elisa sich aber beeilen, Leandro schöne Augen zu machen, ansonsten steht sie ohne einen Liebsten da.
31-32
Von Dianora verlangen Ippolito und Leandro eine Einschätzung, wem der beiden werbenden Jünglinge Elisa den Vorzug geben wird. Dianora ist nicht allwissend, sie kennt Elisas Wankelmut und hütet sich vor voreiligen Auskünften. Die qualvolle Ungewissheit bringt Leandro der Verzweiflung nahe.
SZENENWECHSEL
33-34
Arsenios Zustand ist schlimmer geworden. Togno hat sich als Arzt verkleidet, fühlt ihm den Puls und horcht an seinem Brustkorb. Ein Tränklein hat er ihm auch gebraut, doch Arsenio will nicht schlürfen. Wütend kippt Togno dem Unschlüssigen die Flüssigkeit ins Gesicht. Das Wunder wirkt, Arsenios Kopf wird klar und er kann schon wieder schimpfen.
35
Nun ist Vespina wieder an der Reihe. Sie verstellt sich und tut so, als ob sie Togno in seiner Verkleidung nicht erkenne. Mit frivolen Scherzchen eröffnet sie den Dialog, um anschließend Schlechtigkeiten, die gar nicht stimmen, zu artikulieren. Wütend reiß Togno seine Perücke herunter, um keinen Zweifel zu lassen, wen die Verleumderin vor sich hat. Von allein merkt sie, dass ihre Ausdrucksweise falsch war und versucht nun verzweifelt, ihre Ungeschicklichkeit zu neutralisieren.
36
Dianora erklärt dem Gatten, dass Spinalba gefunden worden sei, und stellt ihm in Aussicht, die Tochter bald wieder in die Arme schließen zu können. Gesicht und Geist hellen sich zusehends auf.
37
Vespina setzt wieder auf Ränke und erzählt Togno dass ein Gespenst namens Solfarello in der Gegend herumstreiche und ihm an die Gesundheit wolle. Togno glaubt widerspruchslos alles, was man ihm erzählt. Völlig albern, in Ohnmacht zu fallen! Aber vielleicht ist es nur Verstellung, weil er die Reaktion Vespinas beobachten will. Sie will ihn nicht verlieren, jammert sie laut.
38-40
Jetzt ist aber endlich Schluss mit der Komödie. Vier Paare stellen sich vor den Vorhang und verbeugen sich. Dianora freut sich über den geheilten Ehemann. Spinalba hat Verkleidung nicht mehr nötig, denn Ippolito hat sich ihr wieder reumütig zugewandt. Leandro wird von Elisa endlich erhört, weil sie keine Wahl hat, denn Florindo und Ippolito fallen aus dem Wettbewerb. Bleiben noch die streitlustige Vespina und der ängstliche Togno. Mit seiner schönen Bass-Stimme soll er die Barcarole aus dem ersten Akt noch einmal singen. Bei dieser Zugabe schmilzt Vespina bestimmt hinweg.
Letzte Änderung am 22.4.2011
Beitrag von Engelbert Hellen