Johann Josef Abert (1832-1915):
Entstehungszeit: | 1878 |
Uraufführung: | 11. Oktober 1878 in Berlin (Hofoper) |
Besetzung: | Soli, Chor und Orchester |
Spieldauer: | ca. 130 Minuten |
Erstdruck: | Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1879 |
Art: | Oper in fünf Akten |
Libretto: | Adolf Kröner, Wilhelm Hertz und Carl Hecker nach dem Roman "Ekkehard" von Joseph Victor von Scheffel |
Sprache: | deutsch |
Ort: | auf dem Hohentwiel und auf der Insel Reichenau |
Zeit: | 10. Jahrhundert |
Ekkehard: | ein Mönch (Tenor) |
Hadwig: | Herzogin von Schwaben (Sopran) |
Praxedis: | ihre Vertraute (Sopran) |
Graf von Montfort: | in Hadwig verliebt (Bariton) |
Watzmann: | der Abt (Bass) |
Rudimann: | der Kellermeister (Bariton) |
eine Waldfrau: | die zauberkundig Hexe (Mezzosopran) |
VOR DEM KLOSTER REICHENAU
Sankt Pirmin ist es gewesen, der von St. Gallen an den Bodensee geeilt ist, um der Landbevölkerung die christliche Botschaft zu bringen. Beigebracht hat er Ihnen auch, wie sich aus den Reben herrlicher Wein pressen lässt. Alljährlich im Herbst wird das Erntefest fröhlich begangen und Abt Watzmann mahnt die Weinbauern, Gott für seine großzügige Gabe zu danken. Die Glocken läuten aus der Klosterkirche, und man ist frohen Mutes, denn aus den reifen Trauben lässt sich herrlicher Messwein keltern.
Gar nicht einverstanden ist die Waldfrau. Sie vertritt die alte Tradition, geht in Opposition und bittet Wotan, dass die Reben statt Wein Gift spenden mögen. Rudimann, der Kellermeister, scheucht sie: „Hinweg, du Hexe! Willst du wohl entweichen!“ Sie flucht ihm und wünscht allen Anwesenden Unheil. Das Volk ist allerdings wenig beeindruckt:
„Der Herr füllt heut' noch den Pokal
wie einst bei Kanas Hochzeitsmahl.
Drum kommt herbei, von nah und fern
und singt und lobet Gott, den Herrn.“
Abt Watzmann rundet ab:
„Ihr alle, versammelt hier in frommem Sinn,
nehmt voll Dankes die Gaben hin,
die uns aufs Neue ließ gedeih'n
der Herr in seiner Gnade Schein.
Er streute aus mit milder Hand
sein Füllhorn auf Sankt Pirmins Land.
Sankt Pirmin, unser Schutzpatron,
bitte für uns an des Höchsten Thron!“
Zum Erntefest kommt Besuch vom nahe gelegenen Hohentwiel. In Begleitung ihrer Zofe Praxedis taucht Hadwig auf, ihres Standes Herzogin von Schwaben.
„Die frohe Lust an Tanz und Spiel
trieb mächtig mich von dannen
in buntbewegtem Volksgewühl,
des Herrscheramtes Hochgefühl,
die Langeweil zu bannen.“
Sie hat zwei Verfolger: den Herrn von Montfort, der ihr verhasst ist, und noch einen zweiten, von dem die Herzogin behauptet:
„Der beste ist er von der Schar,
doch seine Kunst ist arg bemessen.
Nur 'schöne Frau', stets 'schöne Frau'
und weiter weiß er nichts zu sagen.“
Sehnsucht quält sie ohnegleichen, doch die Vertraute kann das nicht begreifen. Soll Praxedis das so verstehen, dass der stolzen Herzogin es nicht möglich ist, ihre Ziel zu erreichen? Hadwig rückt mit der Sprache heraus: In ihrer Brust glüht ein Feuer, das sie verzehrt, denn das Schönste, was auf Erden blüht, ist ihr verwehrt. Das Zepter, welches sie in der Hand trägt, schafft ihr Schmerz; ihm beugt sich alles Volk im Land, nur nicht ihr Herz, welches in ihrer Brust glüht.
Der Kellermeister Rudimann nimmt sie wahr, erkennt sie aber nicht. Er macht eine dumme Bemerkung, dass ein brennender Weiberkuss ihm mehr behagen würde, als ein kühler Trunk. Ekkehard, ein Mönch, der aus Sankt Gallen auf Besuch am Bodensee weilt, scheucht ihn: Der betrunkene Sünder soll sich von ihr weg begeben! Dieser lässt sich die Zurechtweisung nicht gefallen und quittiert den aufreizenden Spruch, dass der fremde Heuchler ihm das büßen werde. Praxedis ist erschrocken.
Ekkehard ist von der fremden Frau entzückt und fragt, wer das holde Bild ist, welches wie ein Wunder ihm das Auge blendet. Sie ist schön und mild wie eine Heilige! Hat etwa der Himmel sie ihm gesendet? Ganz schön eingebildet ist er. Hadwig reagiert poetisch:
„Wie Sonnenschein aus düst'rer Wolke Saum,
so strahlt sein Antlitz hell aus dem Gewande.
Sein Auge schwärmt und ach, ein schöner Traum
legt um mein Herz die holden Zauberbande.“
Praxedis hat ebenfalls Feuer gefangen:
„Wie hebt sich stolz die herrliche Gestalt,
wie anmutsvoll auf dem Gewande!
Voll heißen Danks das Herz mir überwallt,
dass mich sein Arm bewahrte vor der Schande.“
Rudimann ist wütend auf den Kellermeister und sucht Streit:
„Du hast gewaltsam deine freche Hand
im Zorn an mich zu legen sich vermessen.
Und schützt dich auch jetzt noch dein Gewand,
so will die Schmach ich dir nimmermehr vergessen!“
Der Abt missversteht die Situation vollkommen. Er hat nicht begriffen, dass er die Herzogin vor sich hat und tadelt Rudimann, dass er mit fahrenden Weibern verkehrt und die Hände nach verbotenen Früchten ausstreckt. Der Kellermeister denunziert Ekkehard. Er habe ein Pergament dabei, in dem ein sündhafter Text steht. Der fromme Mönch verteidigt sich:
„Halt ein, hier ist das Pergament,
ein Hohn nur dem, der es nicht kennt.
Virgil, den Göttlichen, nennst du mit Spott
einen Heiden, weil du ihn nicht fassest.
Dafür ist der heidnische Bacchus dein Gott,
in dessen Namen du schwelgst und prassest.
Aeneas Schicksal und Didos Schmerz,
ein Greuel mag es dir gelten,
doch mir erschließt es Geist und Herz
der Dichtung unendliche Welten.“
Watzmann fürchtet, dass die Sünde nach ihm greift, doch Hadwig fühlt sich von der Dichtung angetan. Der religiöse Eifer geht mit ihm durch und Watzmann fällt aus der Rolle:
„Wer sind die Weiber, die mit frechen Mienen
sich eingeschlichen an den heiligen Ort?
Die Zwietracht und die Sünde kam mit ihnen.
Mir aus den Augen! Knechte schafft sie fort!“
Montfort meldet sich zu Wort und klärt den Abt auf, wen er vor sich hat. Schwabens Herzogin kam als Gast um seine Schwelle zu ehren. Die edle Frau möge ihm sein törichtes Schelten verzeihen, Sankt Pirmins armes Haus wird solche Ehre vergelten. Hadwig lenkt ein:
„Den Herbst zu feiern mir gefiel,
Gastfreundschaft wollt mir geben!
Kredenzt mir bei der Winzer Spiel
den jungen Saft der Reben.“
Dann wird Hadwig ironisch:
„Doch soll zuvor von mir gesprochen
das Urteil diesem armen Sünder sein,
der soviel Schlimmes hat verbrochen.
Reicht mir das Pergament - O weh Latein...
Die Sprache, die ich nicht verstehe.
Und doch, wie lockt mich der Bericht
von Didos heißem Liebeswehe.
So höret, was mein Mund Euch spricht!“
Ekkehard hängt an ihren Lippen und glaubt, dass sie Himmelslust verkünden. Hadwig fährt fort:
„Zur Strafe seiner schweren Sünden
vom Kloster sei er nun verbannt
Er bessre sich auf Hohentwiel
bei uns, als Leser des Virgil.
Wozu wir hierdurch ihn ernannt
und feierlich verurteilt haben.“
„Heil, heil der Herzogin von Schwaben.“
Unverhofft hat Ekkehard einen neuen Wirkungskreis bekommen. Zum Abschied möchte Hadwig noch das Kloster anschauen und seine Schätze bewundern. Doch der Abt blockt ab. Sankt Pirmin hat gesagt, dass kein Weiberfuß über diese Schwelle treten darf. Ekkehard weiß Rat:
„Was unseres Abtes geheiligt Haupt
bewahrt vor Staub und Hitze,
dies Tuch vieledle Frau erlaubt,
dass Euren Fuß es schütze.
So wird der Ort, wie sich's gebührt,
von Eurem Fuße nicht berührt.“
Hadwig ist beglückt:
„Den zarten Eifer muss ich loben,
ihr zeigt im Amt Euch schnell gewandt.
Nun jedes Hindernis behoben,
als Führer reicht mir Eure Hand!
O holder Tag, o frohe Fahrt,
wie glücklich war dein Ziel,
denn einen Gast viel selt'ner Art
führ' ich zum Hohentwiel.“
Das Herz von Praxedis schlägt vor Dankbarkeit und in Ekkehard geht die Sonne auf. Gern wird er ihr folgen. Montfort indes ärgert sich:
„O dass mich nicht die Wut erschrickt.
Sie liebt den jungen Fant.
Sie hat ihn huldvoll angeblickt,
schon steht sein Herz in Brand!“
Der Chor hat das letzte Wort:
„Zur Klosterpforte ziehen wir,
mit andachtsvollem Sinn.
O heilger Pirmin, Dank sei dir,
Heil Schwabens Herzogin.“
IM BURGGARTEN AUF DEM HOHENTWIEL UND SPÄTER AM HEIDENSTEIN
Wir befinden uns im Burggarten und Ekkehard übersetzt aus seiner Lektüre. Von der Schönheit Didos ist die Rede und von ihrer hoheitsvollen Gestalt. Doch ihre Liebe ließ den Gast völlig kalt. Hadwig klagt, dass er den Weg zu ihr nicht fand. Praxedis ist über das Zögern des Helden ebenfalls betrübt. Aus der Ferne hört man die Stimme der Waldfrau. Sie verkündet, dass die Sonnenwende nicht mehr weit sei. Ekkehard vermutet, dass die Zeit naht, wo die Bevölkerung sich zusammenfindet, um bei den „Heidensteinen“ den falschen Göttern blutige Opfer zu weihen. Er wird sich dort einschleichen.
Montfort kommt nicht zu Ruhe mit seiner Eifersucht, die nicht ganz unbegründet ist. Klar ist ihm nun: Er ist verschmäht! „Wohlan, so muss er sterben. Noch eh ihn ihre Gunst beglückt, soll ihn mein Hass verderben.“ Die Waldfrau klagt über ihr besiegtes Geschlecht. Was hat sie auf dem Hohentwiel überhaupt zu suchen? Der Opernbesucher weiß es nicht.
Was hört Montfort? Die Hexe kommt ihm gerade recht. „Hervor aus dem Dunkel, Du Scheusal der Nacht!“ Will sie ihm seine Hilfe leihen? Wenn es dem Mönchlein zum Schaden ist, wird sie gern zu Diensten sein. Durch ihre Zauberkraft soll sie zwei Tränklein brauen, der erste soll Verderben schaffen und der zweite glühende Liebe. Dann soll er ihr zum Heidenstein folgen, wo sie den Göttern das Opfer weihen. Immer zur Sonnenwende braut sie solche Tränke, damit die Wirkung kräftig ist und den Schlürfenden auch frommt, offenbart ihm die Waldfrau.
Ist es wahr, dass die Hunnen im Anmarsch sind und den Hohentwiel stürmen wollen? Sie muss es doch wissen! Nichts weiß sie davon! Ihm darf sie trauen; also heraus mit der Sprache! Hier ist nicht der rechte Ort für vertrauliche Gespräche. An Heidenstein wird sie es ihm entdecken. Montfort zieht seine Schlüsse und sieht sich schön am Ziel:
„Beendigt sei das Gaukelspiel.
Du hast's gewollt, die Maske fiel.
Fahr hin nun, schwächliche Geduld.
Verfemt hast du durch eigene Schuld.
Sündhafte Lust trübt die den Sinn,
drum vor dem Fall dich zu bewahren,
du tugendhafte Herzogin,
Dein Buhle soll zur Hölle fahren.
Und weigerst du mir noch die Hand
führ ich die Feinde dir ins Land.
Mit meinem Schwerte bahn' ich mir
durch Mord und Brand den Weg zu dir.
Dann zahlst du mir die grimme Schmach,
an deiner Not will ich mich laben.
Dem Buhlen sende ich dich nach,
mir aber winkt der Thron von Schwaben.“
VERWANDLUNG
Um an sein Ziel zu kommen, erwartet Montfort den Ansturm der Hunnen. Die Weisheit der Waldfrau achtet er gering. Trotzdem spitzt er seine Lauscher, als sie endlich anfängt zu reden:
„Hei, zahllos wie der Sand am Meer
von Osten stürmen sie daher!
Schon tränken sie ihre Rosse im Rhein,
zu Neumond werden hier sie sein.
Dann soll der rote Hahn auf dem Dache
ins leuchten zu dem Werk der Rache!“
Wodan und Freia sollen den Tag der Sonnenwende segnen. Im Zeichen heiliger Kraft wird die Nacht weichen und die metgefüllten Krüge werden kreisen. Des Lichtes Helle sich ergießt und die Lebensquelle ewig fließt - Sonnenwende! Sonnenwende!
Jetzt kreuzt Ekkehard beim Heidenstein auf und ereifert sich. Die verstockte Sünderschar soll des wahren Gottes Macht nicht verhöhnen. Die Waldfrau fordert die Leute auf, den Störenfried zu töten, weil der die Zeremonie gestört hat. Ekkehard fühlt sich als Gottgesandter. „Er will hier richten und das Trugbild des falschen Götzen vernichten.“ „Der Götter Blitz soll seine Glieder zerschmettern!“ fordert die Waldfrau. Unversöhnlich stehen die beiden sich gegenüber und vertreten ihre Standpunkte. Ekkehard überzeugt jedoch: „Ein Blick, sein Wort bannt Zorn und Spott. Sein Gott ist doch der rechte Gott.“
Die Waldfrau verflucht das Mönchlein, die Herzogin mit sündigem Begehren zu lieben. Wehe ihm! Sie drückt aus, was er vor sich selbst verschwieg. Schaut hin, er wankt. Den alten Göttern blieb der Sieg.
IN DER BURGKAPELLE
Die Grabkammer des verstorbenen Herzogs vom Hohentwiel wird an seinem Namenstag mit frischen Blumen geschmückt. Der Opernchor ist zur Feier des Tages ebenfalls anwesend und bringt ein Ständchen:
„Mit schönster Blumenfülle,
die uns der Sommer gab,
bekränzt am Namensfeste
des besten Fürsten Grab.
Wie Blätter und Blüten
verwelken und verweh'n
so müssen die Menschen
am Ende vergeh'n.
Auch Du trugst ein Zepter
in mächtiger Hand,
nun ruhst du vom Streite
in besserem Land.
Schlaf still in deinem Grabe,
von Blumen sanft bedeckt,
bis dich zu neuem Morgen
dein Heiland einst erweckt.
Schlaf still!“
Der Chor verschwindet und Ekkehard kommt in heller Aufregung. Der Sturm der Gedanken setzt ihm zu und Höllenmacht reißt ihn hin und her. Vergebens ringt er nach Fassung, denn überall strahlt das Bild der Herzogin ihm entgegen. Er kann nicht einmal mehr beten. Der Fluch der Waldfrau hat ihn gepackt. So wie der Herr einst Petrus über stürmende Wellen zum sicheren Strand geleitet hat, so soll er auch ihm die rettende Hand reichen. Nein, der Himmel verschließt sich seinem Ohr. Wenn er seinem Glauben treulos war, soll ein Engel kommen und ihn verderben und in die Nacht der Sünde stürzen. Ist sie etwa ein Dämon, der sich als Lichtgestalt verkleidet hat? Der finstere Wahn soll sich auf und davon machen, fleht Ekkehard. Weiß er denn überhaupt, ob die gleiche Glut für ihn ihr Herz entflammt ist? Wehe ihm, denn dann ist sein Mut dahin und er ist verdammt.
Hadwig zieht es auch zur Grabkammer und sie bittet den Herrn, dass er dem Toten Frieden und ihr in ihrer Not Trost schenken möge. Ekkehard erkennt sie an der Stimme und spricht sie an. Was will Ekkehard an diesem Ort von ihr? Sein Anblick bringt sie zum Erbeben. Er will sterben und sie möge ihn verfluchen, denn er hat sich vermessen, sie zu lieben. Wie bebt seine Stimme? Wie brennt seine Wange! Ihr wird von Grauen die Seele bange! Sie möge ihm helfen, ihr Bild zu vergessen. Unverschämt! Fort von dieser heiligen Stätte!
In trauter Klostereinsamkeit, wäre er nur dort geblieben. Wie lag der Welt Gewühl so weit, ihr Hassen und ihr Lieben. In Christi heil'ger Lehre fand er all sein Glück hier unten. Dann sah er sie und der Glaube schwand und fort waren Ruhe und Frieden. Der Himmel stieß ihn fort und er verfiel der Macht des Bösen. Der Hölle Glut verzehrte ihn. Nur sie kann ihn erlösen. Gesagt - getan. Das Mönchlein hat Hadwig mit seiner Emotion angesteckt, nun schwingt sie mit:
„Es kommt wie Zauber über mich,
o weh mir, was beginnen?
Es fesselt an die Stelle mich,
ich kann nicht mehr entrinnen.
Die Glut, die ich in ihm entfacht,
fühl' ich auch mich verzehren.
Auch mich beherrscht der Hölle Macht.
Ich kann dem Drang nicht wehren!
Der Liebe süßer Götterlust,
sie reißt mich ins Verderben.“
Ekkehard ist unendlich erleichtert. Sie liebt mich, Himmel, welche Lust! Und ging die Welt in Trümmer, in ihrem Armen an ihrer Brust, o seliges Verderben! Nun bekommt Hadwig Angst vor der eigenen Courage. Der Geist ihres Gatten soll ihr beistehen. Doch Ekkehard gibt sie nicht mehr frei: „Der Gatte schläft in Grabesruh; den Lebenden gehörst jetzt Du.“
Hadwig will fliehen, doch er steht auf ihrer Schleppe. Zu spät! Seine Liebe verriet sie ihm. Den Glanz von tausend Paradiesen sieht er in ihrem holden Wort vor seinem Auge sich erschließen. Hadwig erkennt die Gefahr. Verderben droht ihm durch solche unstandesgemäße Liebe. Er soll sich ihrer erbarmen und sie fliehen lassen. Was ihm auch droht, er achtet es nicht, wenn ihm nur ihre Liebe bleibt. Sie soll sein Stern sein. Wenn sie fliehen will, nicht allein - nur mit ihm! Hadwig wird unruhig. Alles sei ihm verziehen. Er wendet sich dem Christusbild an der Wand zu. Der Höchste soll die Verbindung segnen. Für alle Ewigkeit sei der Bund geweiht. Vergebens sind Flehen und Bitten. „Eilt zur Hilfe, ihr meine Knechte, eilt herbei, macht von der Schmach Eure Herzogin frei!“
Watzmann und Rudimann haben den Weg zum Hohentwiel gefunden. Wahrscheinlich hat die heidnische Zauberkraft der Waldfrau sie geleitet.
„Fluchwürdige Tat ward hier vollbracht,
geschändet ist der heilige Ort.
Härtester Buße sei er geweiht.
Vergebung soll ihm nicht werden,
verfemt sei er auf Erden,
er sei verflucht für alle Zeit.“
Hadwig hat ihre Meinung blitzschnell völlig umgedreht. Praxedis wendet sich nicht von ihm ab. Auch wenn die Welt ihn verdammt, dem Wahnsinn ist die Tat entsprungen, doch die Liebe spricht ihn frei. Ekkehard überblickt nun die Lage. Aus wüstem Traum ist er erwacht, der Wahnsinn hat ihn geblendet. Das Heilige hat er geschändet. Nun ist er in der Hölle Macht! Montfort ist ebenfalls anwesend. Des Dolches bedarf es nun nicht mehr. Sein Leben ist vernichtet, der Himmel hat gerichtet. Seine Rache ist überflüssig geworden. Watzmann, Rudimann und der Opernchor gehen hart mit Ekkehard ins Gericht:
„Der du der Herrin Witwenkleid,
des Toten Ruhestatt frech entweiht,
verbannt von unserer heiligen Schwelle
ziehe ruhelos die Straße der Hölle!
Dem irdischen Richter verfällst du hier.
Der himmlische wendet sich ab von dir!
Der ewigen Verdammnis ist er geweiht.
Vergebung kann ihm nicht werden
im Himmel und auf Erden.
Verflucht sei er für alle Zeit.“
Hadwig gibt sich zutiefst entrüstet. Weder als Frau noch als Herzogin kann sie ihm verzeihen, auch wenn das Herz ihr bricht. „Weh mir, auch sie hat mich verdammt“, jammert Ekkehard!
IM BURGGARTEN
Montfort reklamiert bei der Waldfrau den Zaubertrank, der ihm Hadwig gefügig machen soll. Ihr Schlafgemach liegt dort oben, wo das Licht leuchtet, aber sie hat sich nicht fortbewegt. Heute soll sie endlich ihr Wort halten und die Substanz verdoppeln. Sie hat bedacht, was er gesagt hat. Noch diese Nacht soll das stolze Liebchen ihm gehören. Er wird zweimal Sieger sein: In der Dunkelheit lagern die Hunnen schon in langen Reihen am Waldrand. Er selbst wird sie zur Burg hereinführen. Denn mit dem Hohentwiel, den er bezwungen, hat er auch sein Liebchen errungen. Sie steht ihm dafür gerade, dass sie kein falsches Spiel mit ihm treibt.
„Dir bürgt mein Hass!
Ihr Fall ist meine Lust.
Lass mich, ich halte Wacht,
und noch in dieser Nacht
liegt sie an deiner Brust.“
Gut, hau ab, doch wenn sie ihn wieder täuscht, gilt es ihr Leben. Ein Zeichen will sie ihm von oben geben. Daran mag er erkennen, dass es nun zum Sturm an der Zeit und das Brautbett bereit ist. Heiß soll die Liebe brennen! Die Waldfrau freut sich:
„Er schwankt!
Triumph, ich bin am Ziel.
Sie sind in ihrer Hand.
Bald strahlt vom Dach der Flamme Spiel
hinaus ins weite Land.
Die Götter habt ihr uns geraubt.
Nun trifft die Rache euer Haupt.“
Montfort quälen Zweifel, ob das Abenteuer auch gelingt. Vorwärts, die Ehre ruft! Zurück kann er nun nicht mehr.
Praxedis hat sich vorgenommen den geliebten Ekkehard zu retten. Der Hölle Qual und der Liebe Lust kämpfen in ihrer Brust. Doch sie darf es ihm nicht sagen, denn dann gibt es Zoff mit ihrer Herrin. Sie will seine Ketten zerbrechen und ruft ihn beim Namen. Er hat es gehört und sie berichtet ihm, dass die Hunnen ins Schwabenland einbrechen wollen. Er soll sich dem Heer des Kaisers anschließen. Doch welchen Nutzen kann er schon bringen; er ist ein waffenloser Mann. Eine Waffe kann sie ihm besorgen. Das Schwert von Herzog Burkhard wird ihn zum Sieg tragen. Im Schlachtgewühl erkämpft er sich die hohe Braut noch einmal. Das Höchste wird er für die Liebe wagen. Praxedis bietet an, mitzukommen. Unmöglich! Ein Mädchen, schwach und zart, kann er bei dem Abenteuer nicht gebrauchen. Praxedis überredet ihn:
„Des Klosterschülers fromm Gewand
soll schützend sie bedecken,
des Glaubens Kreuz in ihrer Hand
sei seiner Feinde Schrecken.“
Gott steht ihnen in der Gefahr bei. Dort wo der Heerweg zum Wald zieht, soll er auf sie warten, sie kommt bald. Des Herzogs Schlachtgewand wird sie auch mitbringen. Aber zuerst wird sie ein Gebet zum Himmel schicken. Ekkehards Gedanken sind bei Hadwig!
Ekkehard hat die Waldfrau wahrgenommen, wie sie ein Flammenzeichen gibt. Bestimmt ist es das Zeichen des Angriffs für die Hunnen.
„Verrat! Die Hunnen dringen ein.
Was soll er beginnen?
Entsetzliche Not!
Erwachet ihr Schläfer,
die Burg ist bedroht,
bedroht Euer Leben!
Schon wanket das Tor,
schon jauchzen die Feinde
in höllischem Chor!.“
„Umsonst, ach niemand eilt herbei,
und ungehört verhallt sein Rettungsschrei.
Wohlan, auf ihrer Schwell' wird er steh'n,
ein Zionswächter mit dem Flammenschwert
und eh' ein Fuß dies Heiligtum entehrt,
werd' ich mit der Geliebten untergeh'n.“
Montfort taucht auf und quatscht Ekkehard unflätig an, dass er zur Hölle fahren soll. Ekkehard gibt ihm seines Frevels Lohn. Getroffen sinkt der Verräter zu Boden. Abt Watzmann zeigt die Fähigkeiten eines Kreuzfahrers und schon bald ist die Heidenbrut zerstoben. Gott ruft zur Verfolgung auf. Jetzt muss noch die Fürstin gerettet werden. Der Hohentwiel steht schon in Flammen. Alle löschen. Hadwig ruft nach Ekkehard. Dieser gibt sich abweisend. Ihn ruft der Herr, ihm sei Preis und Ehr!
VOR DEM HOHENTWIEL
Hadwig befielt, dass vor dem Hohentwiel das Banner Schwabens aufgepflanzt werden soll, um mit freudigem Gruß die Sieger zu ehren. Auch Ekkehard kehrt zurück, den ihre Schuld in den Kampf getrieben hat. Ihr Herz soll nicht so wild pochen, denn jetzt darf sie ihn lieben.
Die Waldfrau weiß es besser: Für ihn gibt es keine Wiederkehr. Sie ahnt auch ihren eigenen Tod voraus, doch vorher wird sie sich an ihr rächen. Sie schöpft aus dem Born ihrer Weitsicht und erzählt von zwei Streitern, die die Hunnenschlacht nicht überlebten. Der eine trug das Kreuz des Klosterschülers und an seiner Seite war ein Ritter, der sein blankes Schwert wie eine Sense schwang. Er trug des Herzogs Schlachtgewand. Das sei unmöglich! Sie lügt! Sie kann ihr getrost glauben. Es war Herr Burkhards Helm und Wappenzier. Entsetzlich! Doch sie soll erzählen, was aus dem ersten wurde. Leicht war er zu erkennen. Es war der Herzogin Freund, der treue Ekkehard. Die Schwaben stürzten auf das Heer des Hunnenfürsten ein. „Des Staubs Gewölk verfinsterte den Tag, Blut trank die Erde und mein Volk erlag. Ekkehard ist gefallen. Ein vergifteter Hunnenpfeil traf ihn am Kopf.
Die Sieger ziehen heran. Vergebens hält Hadwig Ausschau nach dem heiß Ersehnten. Entsetzliches Geschick, ihr Herz erbebt! Die Toten stehen auf aus ihrem Grabe. Praxedis und Ekkehard, ihr seid es, ihr lebt. Dank dem Himmel, dass ich Euch wiederhabe. Ekkehard ist verwundet. Hadwig wird ihn pflegen. Gott wird es fügen, dass er in ihren Armen bald gesundet. Doch dieses Vergnügen gönnt ihr die Waldfrau nicht. „Ha, jubelt nur, dem Tod ist er geweiht. Nicht ungerächt fahr ich dahin. Ist Euer Christengott auch Sieger heut' im Sterben noch verfluch' ich ihn!“ Die Waldfrau gibt ihren Geist auf.
Ekkehard hat Geschenke mitgebracht, die er vom Kaiser bekommen hat. Er legt sie zu Hadwigs Füßen nieder. Sie ist froh, sie hat ihn wieder. Bevor er stirbt, verabschiedet Ekkehard sich auch von Praxedis. Sie soll nicht um ihn weinen. Denn auch sie verspürt Todessehnsucht:
„Zu Dir stand ich in Kampf und Streit,
getreu in Not und Schmach.
Verschmähst Du jetzt auch mein Geleit,
bald folge ich Dir nach.“
„O sel'ger Tod, von Lieb' und Ruhm verschönt,
dich preise laut des Sängers Saitenspiel,
dass noch in ferner Zeit es immer hell ertönt,
das Kampf- und Minnelied vom Hohentwiel!“
Letzte Änderung am 11.10.2015
Beitrag von Engelbert Hellen